Rolf Schlierer ist seit 1994 Bundesvorsitzender der Republikaner, und er ist davon überzeugt, daß dies auch nach dem Bundesparteitag in Hamm am kommenden Wochenende so bleiben wird. Doch der Boden unter seinen Füßen schwankt bedenklich, unangefochten steht Schlierer nicht mehr an der Spitze der Partei.
Vor allem seit dem für die Republikaner desaströsen Ergebnis von 0,4 Prozent bei der Bundestagswahl melden sich die Kritiker immer lauter zu Wort. Für die von mehreren Landesverbänden erzwungene vorgezogene Vorstandswahl muß Schlierer nun mit mindestens einem, vielleicht sogar zwei Gegenkandidaten rechnen.
Zu den schärfsten Schlierer-Kritikern zählt der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Stephan Stritter, der für die Partei im Mainzer Stadtrat sitzt. Seiner Ansicht nach sind die Republikaner nicht mehr kampagnenfähig.
Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT wirft Stritter Schlierer zahlreiche strategische Fehler vor, unter anderem seien die Auslandskontakte zu befreundeten Parteien wie etwa der FPÖ sträflich vernachlässigt worden. Nun sei Pro NRW in Deutschland der erste Ansprechpartner für die FPÖ und andere europäische Rechtsparteien. Stritter macht keinen Hehl daraus, daß er sich eine engere Zusammenarbeit mit der Pro-Bewegung wünscht, sich gar ein Zusammengehen beider Parteien vorstellen könnte.
„Schlierer hat seine Zeit nicht genutzt“
Für Schlierer ist dies unvorstellbar. Für ihn ist Pro NRW vor allem eine Ansammlung abtrünniger Republikaner. So sieht es auch Uschi Winkelsett, die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende, die dem Schlierer-Lager zugerechnet wird – auch wenn sie lieber nicht von unterschiedlichen Partei-Lagern sprechen möchte. Obwohl sie politisch mit Schlierer auf einer Linie ist, sieht sie die Partei in einer Sackgasse.
Es mache sich Unzufriedenheit breit, nichts gehe mehr voran, „es herrscht Stillstand“, sagt sie der JF. Nun will sie gegen Schlierer antreten, dessen Politik sie doch eigentlich unterstützt. Doch Schlierer habe seine Zeit nicht genutzt. Den Ausschlag für ihre überraschende Kandidatur habe die Ankündigung des Stritter-Lagers gegeben, einen „Mister X“, einen Überraschungskandidaten, gegen Schlierer ins Rennen zu schicken, nachdem sich Stritter selbst nicht zu einer Kandidatur entschließen konnte.
Einen Erfolg des Stritter-Lagers, der eine Annäherung an die Pro-Bewegung zur Folge hätte, will Winkelsett auf jeden Fall verhindern. Daher tritt sie nun als „Kompromißkandidatin“ an für alle, die nicht mehr auf Schlierer setzen wollen, aber auch kein Vertrauen in einen unbekannten Kandidaten – die Rede ist von dem aus Mittelfranken stammenden Andreas Schulze – haben.
Schlierer bestreitet schlechte Stimmung in der Partei
Ihre Kandidatur ist wohl auch der Versuch, ein Auseinanderbrechen der Partei zu verhindern. Auch Stritter glaubt, daß viele „politikfähige“ Mitglieder die Republikaner verlassen könnten, wenn sich eine Fortsetzung der Ära Schlierer abzeichnet.
Schlierer selbst bestreitet gegenüber der JF nicht, daß die Stimmung in der Partei schlecht ist. Es gebe einige Mißstimmungen, aber das sei auch gut so, sagt er. Für den Fall seiner Wiederwahl kündigt er eine programmatische Erneuerung der Partei an und spricht von einer „gewaltigen Modernisierung“. Es gelte unter anderem, in der Ausländer- und Integrationspolitik neue Realitäten anzuerkennen.
Ob Schlierer für seine ambitionierten Umbaupläne eine Mehrheit bekommen würde, weiß er nicht. Doch er habe bislang keinen großen Widerspruch gespürt, sagt er. Aber vielleicht kommt es gar nicht soweit. Die Wahlen zur Parteiführung sind für Sonnabend angekündigt, über inhaltliche Fragen soll aber erst am Sonntag gesprochen werden. Wer dann die Partei führt, ist derzeit offen.
JF 13/10