BERLIN. Der linke Journalist und Publizist Jürgen Elsässer will am Wochenende in Berlin der Öffentlichkeit seine „Volksinitiative gegen Finanzkapital“ vorstellen. Mit der neuen Organisation könnte ein neuer „Nationalbolschewismus“ fröhliche Urständ feiern.
Was man sich unter der „Volksinitiative“ vorzustellen hat, wird vorab schon auf der Internetseite „oraclesyndicate.twoday“ verraten: „Hauptaufgabe der Linken ist der Aufbau einer Volksfront, die das national bzw. ‘alt-europäisch’ orientierte Industriekapital einschließt“, schreibt Elsässer. Weiter in den ausgetretenen Pfaden des „Klassenkampfs“ zu wandeln, sei dagegen „sektiererischer Unsinn“.
Schon in seiner Kolumne im Neuen Deutschland wies das ehemalige K-Gruppen-Mitglied auf die prekäre Lage derer hin, die den „spekulativen Attacken des internationalen Finanzkapitals von seinen Hauptbastionen in den USA und Großbritannien“ ausgesetzt seien und in der „Kreditklemme erdrosselt“ würden. „Bei der Abwehr dieses Angriffs“, so Elsässer, „spielt der Nationalstaat die entscheidende Rolle“.
Antigermanismus durchaus nicht unvertraut
Solche Töne sind in der deutschen Linken eher eine Ausnahme. Aber mit deren antinationalen Positionen hat Elsässer nichts (mehr) am Hut. Dabei ist Antigermanismus dem einstigen Mitbegründer der linksextremen Zeitung Jungle World und Konkret-Autors durchaus nicht unvertraut.
Die „Antideutschen“ allerdings, deren engagierter Fürsprecher er einst war, brachen mit Elsässer spätestens 2002 bei Beginn der amerikanischen Invasion im Irak, gegen die er wegen ihres „imperialistischen“ Charakters vehement anschrieb. Weil er damit in die Nähe der neuen Friedensbewegung rückte, die Konkret-Herausgeber Herbert L. Gremliza als „deutsch-national“ geißelte, flog Elsässer aus dem Blatt.
Seinen leisetreterischen postnationalen Gesinnungsgenossen von einst, die immer noch von Multikulti schwärmen, schreibt er jetzt geharnischte Dinge ins Stammbuch: Sie machten gemeinsame Sache mit der Großindustrie, welche via Einwanderung „zum Angriff auf das Lohnniveau und den Sozialstaat“ bläst und Immigranten als „Waffe gegen das inländische Proletariat“ einsetzt.
Kritik von der Linkspartei
Für die „Formulierung konservativer Wahrheiten im linken Milieu“ sei Elsässer immer wieder gut, attestierte ihm die JF schon 2005. Den scheint solches Lob nicht unbedingt zu stören, denn: „Es muß eine Koalition zur Verteidigung der nationalen Souveränität geben – von links bis zur demokratischen Rechten“, forderte Elsässer bereits im April 2007 in der Zeitschrift Galore. Ist das wirklich ehrlich gemeint, dürfte die neue „Volksinitiative“ auch nicht-linken Interessenten offen stehen.
Den Wirbel, den Elsässer mit solchen Thesen bei den Linken verursachte, schilderte bereits die Zeitschrift Gegengift in einer Rezension seines aktuellen Buches „Angriff der Heuschrecken. Zerstörung der Nationen und globaler Krieg“. In ihm macht Elsässer auch deutlich, was er von den Sozialisten verlangt: „Statt sich auf die Probleme von Randgruppen zu kaprizieren, sollten sie mit einer populistischen Strategie die Politikverdrossenen ansprechen, die die anderen Parteien längst aufgegeben haben. Alle Macht dem Volke, verjagt die Heuschrecken, Schluß mit der Unterordnung unter die US-Kriegspolitik – das ist die Melodie, die die Verhältnisse zum Tanzen bringen wird.“ Der internationalen Solidarität nütze nicht die Schwächung der Nationen, „sondern ihre Verteidigung und Stärkung“.
Nicht überall kommen Elsässers Querfront-Spiele gut an: Diese Parolen seien nicht links, sondern originär rechts, und sie hätten auch schon eine politische Heimat – die NPD, ätzte die Linksparte-Abgeordnete Petra Pau in Richtung Elsässer; zielte dabei aber wohl eher auf einen anderen, nämlich Parteifreund Oskar Lafontaine, als dessen Stichwortgeber der Linksnationale gilt. Stellvertretend tobt hier anscheinend auch ein innerparteilicher Richtungskampf zwischen dem populistischen Saarländer und dem anti-nationalen „Reformflügel“ innerhalb der „Linken“.