PARIS. Die Polizei hat das linke Pariser Theater Gaîté lyrique am Dienstag geräumt. Gegen sechs Uhr morgens umstellten Ordnungskräfte die Veranstaltungshalle, stürmten sie und verhafteten mindestens 46 Personen, wie die französische Zeitung Libération berichtet. Etwa 500 afrikanische Migranten hatten das Theater seit Dezember besetzt gehalten.
Der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nuñez erklärte dem Fernsehsender BFM TV, seine Behörde habe mehrere der Besetzer festgenommen, „weil sie sich weigerten, sich in Obhut nehmen zu lassen“. Mehreren der Festgenommenen drohe zudem die Abschiebung.
Mehrfach soll es während der Räumung zudem zu gewaltsamen Konfrontationen mit der Polizei gekommen sein. Teilweise mußten die Polizisten Schlagstöcke einsetzen. Neun Personen wurden verletzt, darunter sechs Migranten. Bei den anderen Verletzten handele es sich unter anderem um einen Journalisten und einen Bereitschaftspolizisten.
Polizeipräfekt will Migranten nicht auf die Straße setzen
Laut dem Bericht einer anwesenden Journalistin des Radiosenders franceinfo sei der Einsatz jedoch überwiegend friedlich verlaufen. Die jungen Migranten seien „ohne Zusammenstöße“ evakuiert worden und hätten noch ihre Besitztümer mitnehmen dürfen.
Nach Aussage von Nuñez seien lediglich sechs Migranten bereit gewesen, in einen für ihre Umsiedlung bereitgestellten Bus einzusteigen. „Fast alle anderen haben sich geweigert“, sagte der Polizeichef. Die aufgegriffenen Ausländer seien in eine Unterkunft gebracht worden und sollen nun einer behördlichen Untersuchung unterzogen werden. „Wir können nicht zulassen, daß diese Personen einfach wieder auf die Straße gesetzt werden“, erklärte der Präfekt.
Mehrere linke Gruppen kritisierten, daß diese Form der Unterbringung keine dauerhafte Lösung sei. Die linksradikale Organisation „Collectif des Jeunes du Parc de Belleville“ (Junges Kollektiv vom Park Belleville) bezeichnete die Aktion der Polizei als „Vertreibung ohne Lösung“ und kündigte auf Instagram Proteste an.
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Migranten hielten Theater seit Dezember besetzt
Der Polizeipräfekt erwiderte, es handele sich „vor allem um eine Lösung, um die behördliche Situation der Jugendlichen zu prüfen“. Linke Gruppen würden in erster Linie versuchen, die Situation der Migranten zu instrumentalisieren, kritisierte Nuñez.
Eine Abgeordnete der linksextremen Partei La France insoumise, Danielle Simonnet, bezichtigte die Polizei, einen „extrem gewalttätigen Einsatz“ durchgeführt zu haben. Obwohl die Besatzer „friedlich“ agiert hätten, habe die Polizei mit Schlagstöcken auf sie eingeprügelt, behauptete Simonnet.
Die Migranten hatten das linke Theater seit dem 10. Dezember besetzt gehalten. An dem Tag hatte das Etablissement ein Theaterstück unter dem Titel „Die Aufnahme von Flüchtlingen in Frankreich neu gestalten“ abgehalten und afrikanischen Migranten freien Eintritt versprochen.
„Sie zerstören mir das Geschäft“
In der Folge kamen fast 400 Besucher – und weigerten sich nach der Vorstellung, das Gebäude zu verlassen. Nach eigenen Angaben hatten sie keine Unterkunft. Obwohl die Besitzer des Theaters nach eigener Aussage Sympathie mit den Migranten empfanden, mußten sie das Theater kurz darauf schließen. In einem Brandbrief beklagten sie die hygienischen Zustände und Gewalttaten unter den Besetzern. Das Theater mußte im März schließen.
Auch umliegende Geschäfte klagten seit der Besetzung über finanzielle Verluste. Ein nahegelegenes Bistro aus dem 19. Jahrhundert erlitt bis Januar einen Schaden von mindestens 30.000 Euro, wie die Besitzerin äußerte. „Sie zerstören mir das Geschäft. Sie lungern vor meiner Terrasse herum, rauchen Joints und beginnen untereinander Schlägereien. Wir bekommen keine Theaterbesucher als Kunden mehr – weil das Theater geschlossen ist – und auch keine Passanten. Sie werden von all diesen jungen Männern verscheucht.“ (lb)