DAMASKUS. Die israelische Armee hat am Mittwoch Luftangriffe auf das Gebäude des Generalstabs der syrischen Armee in Damaskus geflogen. „Darüber hinaus wurde ein militärisches Ziel im Gebiet des syrischen Präsidentenpalastes in Damaskus angegriffen“, teilten die Streitkräfte mit. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete am Mittwoch von mehreren Verletzten und einem Todesopfer in der Hauptstadt.
Israel is continuing its campaign in support of the Druze-majority militias in Southern Syria, most of whom are previous soldiers in Assad’s Syrian Arab Army (SAA), with the Israeli Air Force now carrying out strikes on the Syrian capital of Damascus, targeting both the Ministry… pic.twitter.com/q4oDCHMr4r
— OSINTdefender (@sentdefender) July 16, 2025
Hintergrund ist die Situation innerhalb Syriens, die am Wochenende eskaliert war. Berichten zufolge bekriegten sich zunächst Beduinen-Kämpfer und Kämpfer der Drusen. Es schaltete sich aber auch die offizielle syrische Armee ein, die unter dem Kommando der islamistischen Herrscher steht, welche im Dezember 2024 Diktator Baschar al-Assad gestürzt hatten.
Syrische Soldaten an Angriffen auf Drusen beteiligt
Die Drusenführung wirft der syrischen Armee vor, sich an Angriffen gegen sie zu beteiligen. Auch die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ schildert Angriffe der syrischen Armee auf die Drusen in Suwaida im Süden des Landes und berichtet von außergerichtlichen Exekutionen. Zeugen berichten auch von Plünderungen. Am Mittwoch zählte die Beobachtungsstelle insgesamt 260 Tote auf verschiedenen Seiten in den Kämpfen seit Sonntag.
Ein vom syrischen Verteidigungsministerium am Dienstag verkündeter Waffenstillstand brachte keine Beruhigung. Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra, einst Milizenführer der islamistischen HTS, behauptete, das Militär sei angewiesen worden, die Bevölkerung zu schützen und den gesellschaftlichen Frieden zu wahren. Die Militärpolizei solle Übertretungen durch Soldaten ahnden. Die syrische Regierung verurteilte am Mittwoch „schändliche Handlungen“ und versicherte „den Menschen in Suwaida“, deren Rechte zu schützen.
Israel präsentiert sich als Schutzmacht
Israel begründet seine militärische Einmischung mit der Rolle der Drusen in dem Konflikt. Es präsentiert sich als eine Art Schutzmacht der religiösen Minderheit. Im Norden Israels leben selbst mehr als hunderttausend Drusen, die sich dem Staat gegenüber loyal verhalten. Der religiöse Anführer der Drusen in Israel, Mowafak Tarif, verlangt von der Regierung, die Glaubensgeschwister im Nachbarland zu schützen.
Israels Armeechef Ejal Samir führte am Mittwoch aus, die Armee sehe sich der „tiefen Allianz mit der drusischen Gemeinschaft verpflichtet“. Das Nordkommando werde mit Truppen verstärkt, „um die Geschwindigkeit der Militärschläge zu erhöhen und die Angriffe gegen die drusische Gemeinschaft in Syrien zu stoppen“.
Chaos an der syrisch-israelischen Grenze
Premierminister Benjamin Netanjahu hatte am Dienstag zudem betont, man sehe sich in der Pflicht, den an Israel angrenzenden Südwesten Syriens als „demilitarisierte Zone“ zu erhalten. Bereits im Dezember 2024 hatte Israel das durch Assads Sturz entstandene Machtvakuum genutzt, um in einer umfassenden Militäroperation zahlreiche Kapazitäten der syrischen Armee zu eliminieren. Zudem besetzte Israel die Grenzregion.
An der israelisch-syrischen Grenze sorgte die Eskalation am Mittwoch derweil für chaotische Szenen, als rund tausend Drusen aus dem jüdischen Staat versuchten, unkontrolliert nach Syrien einzudringen. Gleichzeitig versuchten einige Drusen, die Grenze in die andere Richtung zu überwinden. Netanjahu rief die israelischen Drusen am Mittwoch zu Zurückhaltung auf: „Ihr riskiert euer Leben und behindert die Bemühungen der Armee. Geht nach Hause!“
Nicht die erste Gewalteskalation seit Assads Sturz
Im Dezember hatte die islamistische HTS-Miliz den Langzeit-Herrscher Assad zu Fall gebracht. HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa, ein früherer Al-Kaida-Terrorist, übernahm die Macht. Seitdem ist es ihm gelungen, die internationale Isolation seines Landes teilweise zu durchbrechen. Er wurde unter anderem vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron empfangen und kam mit der seinerzeitigen deutschen Außenministerin Annalena Baerbock zum Gespräch zusammen.
Es ist nicht das erste Mal, daß es in Syrien seit Assads Sturz zu gewaltsamen Übergriffen kommt. So hatte es im März Massaker an den Alawiten im Westen Syriens gegeben. Im April und Mai gerieten zudem schon einmal die Drusen ins Visier. Diese leben vor allem im Süden des Landes, also in relativer Nähe zu Israel. (ser)