STRAßBURG. Ein aktueller Bericht der Europarats-Arbeitsgruppe GRETA hat Österreich empfohlen, Asylbewerbern einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Berufsausbildung und zu Deutschkursen zu gewähren. Ziel sei es, das Risiko zu verringern, daß sie Opfer von Menschenhandel werden.
Immerhin: Der am Dienstag in Straßburg veröffentlichte Bericht stellt Österreich in der mittlerweile vierten Evaluationsrunde Fortschritte im Kampf gegen den Menschenhandel aus. Laut dem Bericht liegt die Zahl der Opfer mit etwa 120 pro Jahr auf einem stabilen Niveau. Allerdings sei ein Anstieg bei männlichen Opfern sowie bei Arbeitsausbeutung zu verzeichnen.
Zudem erfolge die Anwerbung zunehmend über das Internet und soziale Medien. Der Bericht bezieht sich auf den Zeitraum von 2020 bis 2024. Im Dezember 2023 hatten die Experten des Europarats Österreich besucht und dabei insbesondere gewürdigt, daß ihre Empfehlungen in die Erstellung des nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung des Menschenhandels eingeflossen seien.
„Erholungs- und Reflexionsperioden” für Asylbewerber nicht eingehalten
Positiv hervorgehoben wird auch die Erhöhung der Fördermittel für zwei auf Menschenhandel spezialisierte NGOs sowie eine gestiegene Sensibilität für das Thema in Asylverfahren. Laut dem Bericht, der sich auf polizeiliche Angaben stützt, stammen die meisten Opfer aus Nigeria, Rumänien, Bulgarien, dem Irak, Serbien, den Philippinen und Ungarn. Trotz der bereits 2023 erhöhten Mittel im Bundeskriminalamt und der Einrichtung von Kompetenzzentren für Cyberkriminalität empfehlen die Experten, die behördlichen Kapazitäten zur Bekämpfung des Menschenhandels weiter auszubauen.
Besonders schutzbedürftig seien Minderjährige sowie migrantische Arbeitskräfte in prekaeren Branchen wie Gastronomie, Lieferdiensten, Baugewerbe, Landwirtschaft und im häuslichen Bereich. Der Bericht stellt fest, daß illegale Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Daher seien ausreichende Ressourcen für Kontrollbehörden erforderlich, um verstärkte Inspektionen in Risikobereichen durchzuführen.
Zudem fordern die Experten eine Verbesserung des rechtlichen Schutzes für 24-Stunden-Pflegekräfte, unter anderem durch eine verpflichtende Zertifizierung von Vermittlungsagenturen. Darüber hinaus sollten weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbeutung in der Sexarbeit ergriffen werden. Neben gesetzlichen Anpassungen seien Informationskampagnen und Bewusstseinsbildung erforderlich.
Kritisch merkt GRETA an, daß einige frühere Empfehlungen nicht umgesetzt wurden. Wie etwa die in Artikel 13 der Konvention gegen Menschenhandel vorgesehene „Erholungs- und Reflexionsperiode”. Diese soll Migranten Zeit geben, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten, bevor sie beispielsweise nach einem negativen Asylbescheid abgeschoben werden.
Zudem fordert GRETA, daß die österreichischen Behörden sich stärker dafür einsetzen, daß Opfer entschädigt werden, etwa indem Staatsanwaltschaften angehalten werden, dies konsequent in Strafverfahren einzufordern. (rr)