Anzeige
Anzeige

Droht eine Staatskrise?: Chaos in Polen nach Verhaftung zweier Politiker

Droht eine Staatskrise?: Chaos in Polen nach Verhaftung zweier Politiker

Droht eine Staatskrise?: Chaos in Polen nach Verhaftung zweier Politiker

Auf dem Foto befindet sich eine vom PiS-Vorfeld veranstaltete Demonstration in Polens Hauptstadt, Warschau. Hintergrund ist die Festnahme des ehemaligen Innenministers und seines Staatssekretärs.
Auf dem Foto befindet sich eine vom PiS-Vorfeld veranstaltete Demonstration in Polens Hauptstadt, Warschau. Hintergrund ist die Festnahme des ehemaligen Innenministers und seines Staatssekretärs.
Eine Solidaritätsdemo für die verhafteten PiS-Politiker vor dem Präsidentschaftspalast: Die PiS hält das Urteil für politisch motiviert. Foto: picture alliance / NurPhoto | Jaap Arriens
Droht eine Staatskrise?
 

Chaos in Polen nach Verhaftung zweier Politiker

Eigentlich geht es um alte Vorwürfe – doch nun sorgen sie für eine regelrechte Krise in Polen. Die Polizei verhaftet zwei ehemals hochrangige PiS-Politiker, darunter den Ex-Innenminister. Die Partei will das Chaos für sich nutzen.
Anzeige

WARSCHAU. In Polen sind zwei Politiker der im Dezember abgelösten, als nationalkonservativ geltenden Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verhaftet worden. Ex-Innenminister Mariusz Kamiński und sein einstiger Staatssekretär Maciej Wąsik kamen am Dienstag abend ins Gefängnis. Dort sollen sie nach einem rechtskräftigen Urteil eine zweijährige Strafe absitzen. Damit entfällt auch die Gültigkeit ihrer Abgeordnetenmandate im Unterhaus (Sejm), wie die Arbeitskammer des Obersten Gerichtshofs Polens am selben Tag urteilte.


Während der Aktion veranstalteten PiS-Anhänger einen Protest vor dem Präsidentschaftspalast. Stunden zuvor hatten sich dort Kamiński und Wąsik mit dem Staatspräsidenten Andrzej Duda getroffen. Dieser zeigte sich am Mittwoch „zutiefst erschüttert“ über die Verhaftung. „Ich werde nicht ruhen, bis diese Männer wieder freie Menschen sind, so wie sie es sein sollten“, erklärte er. Unterdessen kündigte Kamiński einen Hungerstreik an und bezeichnete das Urteil als „politische Rache“ der aktuellen Regierung unter Leitung der zentristischen Bürgerlichen Plattform (PO).

Der lange Schatten eines (Anti-)Korruptionsskandals

Hintergrund des Urteils ist die sogenannte Bodenaffäre aus dem Jahr 2007. Damals hatte die Zentrale Antikorruptionsbehörde (CBA) den Verdacht untersucht, daß zwei Unternehmer mit mutmaßlichen Kontakten ins Landwirtschaftsministerium Erlaubnisse zur Umnutzung des landwirtschaftlichen Bodens gegen Bestechungsgeld vermitteln sollten.

Daraufhin stellten zwei CBA-Agenten den Verdächtigen eine Falle.
 Sie gaben sich als schweizerische Unternehmer aus und überzeugten die Verdächtigen mithilfe eines gefälschten Dokuments zu einem Deal. Folgen sollte die Übergabe des Bestechungsgeldes an das Landwirtschaftsressort, doch die Aktion scheiterte. Medienberichten zufolge sollte der Ressortleiter rechtzeitig über die Pläne informiert werden. Verantwortung für die Aktion trugen Kamiński und Wąsik als CBA-Leiter und sein Stellvertreter.

Zu dem Zeitpunkt war die PiS erstmals an der Macht. Sie mußte diese jedoch mit der Bauernpartei „Samoobrona“ teilen, die über das Landwirtschaftsressort verfügte. Die Affäre belastete das schwierige Koalitionsverhältnis und führte zum Niedergang der Regierung.

Polens Streit um Gerichtsreform im Hintergrund

Im Laufe späterer Untersuchungen stellte die zuständige Staatsanwaltschaft fest, daß die CBA aufgrund mangelnder Beweise illegal gehandelt hatte. Für ebenso bedenklich erklärte sie die Art der Aktion und die dabei verwendeten Abhörmethoden, von denen PiS-Beamte im Ressort während der Untersuchungen verschont waren.

Bereits 2015 waren die inzwischen gefeuerten Kamiński und Wąsik wegen Kompetenzüberschreitung und Urkundenfälschung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Allerdings begnadigte Staatspräsident Duda die Beamten noch während der Berufung, was zur vorläufigen Einstellung des Verfahrens führte.

Seitdem läuft ein rechtlicher und politischer Streit um den Vorfall: 2017 erklärte der Oberste Gerichtshof Polens den Gnadenakt für nichtig, weil er nur nach einer rechtskräftigen Entscheidung greife. Ein Jahr später stellte der Verfassungsgerichtshof jedoch das Gegenteil fest und fügte hinzu, das Begnadigungsrecht könne auch als Möglichkeit der Niederschlagung eines Verfahrens ausgelegt werden. Beide Institutionen standen damals im Mittelpunkt der Machtkämpfe zwischen der PiS-Partei und der liberalen Opposition um die Kontrolle über das Gerichtssystem. Erst Anfang Dezember entschied ein Warschauer Gericht über die Neuaufnahme der Bodenaffäre-Verhandlung, worauf das diesmal rechtskräftige Urteil gegen die Politiker folgte. (kuk)

Eine Solidaritätsdemo für die verhafteten PiS-Politiker vor dem Präsidentschaftspalast: Die PiS hält das Urteil für politisch motiviert. Foto: picture alliance / NurPhoto | Jaap Arriens
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen