Die ukrainische Metropole Cherson steht derzeit unter russischer Okkupation. Die Besatzer träumen davon, die Stadt einer ihrer sogenannten Volksrepubliken einzugliedern. Ein Alteingesessener schildert die Veränderungen dieses Kriegssommers.
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Da sind unsere Lebenshaltungen eben verschieden. Ich fühle mich bei der russischen Verwandtschaft im Großraum Moskau pudelwohl, und zwar gerade auch wegen der Ausgrenzung nichttraditioneller Lebensweisen aus der Öffentlichkeit – und wegen der überlieferungsgetreuen Sprache, die das generische Maskulinum bevorzugt und gar keine Modernismen verträgt. Das wirkt wie ein reinigendes Gewitter in Kopf und Herz, es ist ein Aufatmen der Seele. Ähnliches erzählen mir Freunde, die in China arbeiten.
Sehr geehrte Frau Spieth, ich kann das zwar gut verstehen. Aber dazu muss ich nicht nach Russland reisen. Dieses von Ihnen beschriebene Lebensgefühl habe ich im Kreise meiner Familie und im Kreise meiner Freunden und Bekannten auch.
Dass ändert natürlich nichts daran, dass auf gesamtstaatlicher Ebene so manches schiefläuft – in Deutschland, aber eben auf noch schlimmere Art eben auch in Russland. Dann ist die Geborgenheit in der Familie wie ein sicherer Hafen.
Dieses Gefühl der Geborgenheit im Kleinen schilderten mir auch ältere Familienangehörige für die Zeit des 3. Reiches. Wahrscheinlich ist dieses Gefühl umso intensiver, je schlechter die gesamtstaatlichen Verhältnisse sind.
Übrigens: Wer gendert denn im privaten Bereich? Es mag Unbelehrbare geben, aber ich kenne niemand.
Lieber Herr Schulz, es geht mir nicht so sehr um den privaten, sondern vor allem um den öffentlichen Raum. Und der ist eben „nur“ in autoritären Staaten relativ „clean“.
Am saubersten ist dieser öffentliche Raum wahrscheinlich in Nordkorea. Gerade gibt es Annäherungen zwischen dem kleinen Dickwanst und dem ehemaligen KGB-Mann. Gleich zu gleich gesellt sich eben gern.
Und in solch einem gesellschaftlichen Klima fühlen Sie sich wohl??
Cherson ist Neurussland!
So wie vor 80 Jahren Litzmannstadt Neudeutschland war.
Kann wieder so heissen in der Zukunft, lieber Carsten. Nichts ist für ewig. Wenn die USA aus Europa abziehen, wird es auf ganz natürliche Weise wieder deutsche Einflusszonen im heutigen Polen und Tschechien geben – bis hin zur Zweisprachigkeit in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die dann von Berlin aus wieder mitgestaltet und mitverwaltet werden im Rahmen einer deutsch geführten, von Russland und China garantierten Mitteleuropäischen Föderation.
Ich hatte das Beispiel eigentlich gebracht, um auf die Kurzlebigkeit solcher Eroberungen hinzuweisen und darauf, dass es Russland mit Cherson ähnlich ergehen könnte.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie erneut Sehnsucht nach einem Stalin-Ribbentrop Pakt haben. Denn darauf liefe es letztlich hinaus.
Als Ergänzung möchte ich auf das widersprüchliche Völkerrecht hinweisen und Ex- General G. Schultze Rohnhof zitieren:
Schultze-Rhonhof: Es gibt ja außer dem Völkerrechtsprinzip der Unverletzlichkeit von Territorien und Grenzen auch das Völkerrechtsprinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Beide Prinzipien stehen manchmal im Widerspruch zueinander. In diesem Fall ging es den Russen um das eine Prinzip und den Ukrainern und dem „Westen“ um das andere.
So, wie Genscher 1991 und alle EG-Staaten 1992 die Selbständigkeit der zwei aus Serbien gegen den Willen ihrer jugoslawischen Zentralregierung ausgeschiedenen Staaten Kroatien und Slowenien anerkannt haben, so hätten die EU-Staaten die drei mit guten Gründen aus der Ukraine ausgeschiedenen Oblaste Krim, Donezk und Lugansk auch anerkennen sollen. Das hätte dem Völkerrechtsprinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker entsprochen und sicherlich dazu beigetragen, dass der jetzige Ukraine-Krieg nicht stattgefunden hätte.
Es wird also weiterhin mit 2 er lei Maß gemessen, so wie es dem Westen genehm ist!
Interessante Analogie zwischen Ukraine und Jugoslawien, danke für den Hinweis.
Eine Ergänzung: Den Willen der Bewohner der von Rußland besetzten ukrainischen Gebiete kennen wir nicht, und eine Abstimmung unter russischen Bayonetten dürfte bestenfalls die Moskowiter in Deutschland zufriedenstellen. Insofern gilt hier lediglich das Prinzip, daß territoriale Veränderungen mit Waffengewalt nicht erlaubt sind. Daran dürfte auch Schultze-Rhonhof nicht zweifeln. Solche seltsamen Gedankenspiele mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, das stets zugunsten des russischen Aggressors ausgelegt wird, gibt es auch nur in Deutschland und in keinem anderen westlichen Land. Dank der Russophilen ist Deutschland im Westen als unsicherer Kantonist verschrien. Bes. lächerlich ist es, wenn die russische Aggression mit kriegesrischen Maßnahmen des Westens gleichgesetzt wird. Oder haben sich westliche Staaten jugoslawisches, irakisches oder vietnamesisches Gebiet angeeignet? Wievielen Kurden, Schiiten u. a. ist nicht durch die amerikanische Invasion in den Irak das nackte Leben gerettet worden, von der ethnisch-kulturellen Unterdrückung gar nicht zu reden? Wollen die Bewohner Südkoreas oder Taiwans lieber unter chinesischer Herrschaft leben? Da herrsch das Selbstbestimmungsrecht.
Interessante und durchaus intelligente Zusammenfassung des westlichen Standpunkts, allerdings für meine Begriffe etwas einseitig und oberflächlich, weil die imperialistischen Motive der Angelsachsen glattgebügelt werden.
Macht nachdenklich. Wirkt als qualifizierte Einzelmeinung authentisch. Doch möglicherweise sind die geschilderten Unzulänglichkeiten eben der Preis, der aus übergeordneten Gründen fällig ist. So bedauerlich das ist – Geopolitik und Tradition sind letztlich stärker als Fortschritt und menschenrechtliches Bemühen, vor allem, wenn dieses Bemühen von raumfremden Drittstaaten angestoßen und gesteuert wird. Die östliche Kontinentalmacht ist nun einmal in jener Gegend am Drücker, ob einem das passt oder nicht. Das Leben ist, wie es ist. Es gibt immerhin einen Trost: der Westen ist noch viel schlimmer, siehe Christopher Street und andere Dekadenz-Erscheinungen, die die geistige Atmosphäre vergiften. Lieber arm und russisch als wohlhabend und LGBT.
Na, wenn das Ihre einzigen Lebensalternativen sind…
Letztlich läuft es aber auf diese Alternative hinaus, lieber Carsten Schulz. Woke Toleranz und Gender sind wesensbestimmende öffentliche Faktoren für die moderne atlantische Zivilisation. Oder nennen Sie mir ein westeuropäisches oder nordamerikanisches Land, das LGBT aus der Öffentlichkeit verbannt, wie das in BRD bis Ende der 1960er Jahre, in der DDR sogar bis 1989 ganz selbstverständlich der Fall war… Wer unserer gesteigerten Dekadenz-Entwicklung seit den Nuller Jahren entgehen will, muss entweder in die innere oder äussere Emigration gehen.
Frau Spieth, natürlich ärgert mich auch das LGdingsbums Gedöns. Aber dem kann ich locker entgehen. Ob das den einfachen Russen mit Putins Krieg auch möglich ist, weiss ich nicht, erlaube mir da aber erhebliche Zweifel. Was Sie mit wenigen Worten beschreiben, ist das ‚unschuldige und unverfälschte‘ Landleben, was bei genauerem Hinsehen meistens nicht so unverfälscht und unschuldig ist. Im Schoße der Familie findet man es manchmal, in Russland wie in Deutschland.
„Lieber arm und russisch als wohlhabend und LGBT.“
Wenn ich nur zwischen diesen beiden Möglichkeiten wählen kann, dann bin ich lieber wohlhabend und ertrage den LGBT-Wahnsinn. Sie dürfen sich aber natürlich gerne für die erste Variante entscheiden.
Das sind du3
Meine Antwort auf Ihre Präferenz des Ertragens des LGBT-Wahnsinns, lieber wertkonservativer Kollege, ist aus Versehen nach vorne gerutscht.
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Russische Propaganda in Cherson behauptet, Ukrainer und Russen seien ein Volk Foto: privat