WASHINGTON. Abtreibungsbefürworter in den USA und Deutschland haben mit Empörung auf einen an die Öffentlichkeit gelangten Urteilsentwurf des amerikanischen Supreme Courts reagiert. Wenn dieser das bestehende Abtreibungsrecht kippt, könnten Bundesstaaten solche Eingriffe künftig verbieten.
„Ein extremistischer Oberster Gerichtshof ist bereit, die Grundsatzentscheidung ‘Roe gegen Wade’ zu kippen und dem gesamten Land seine rechtsextremen, unpopulären Ansichten aufzuzwingen“, schrieb die demokratische Senatorin aus dem Bundesstaat Massachusetts auf Twitter. Die Millionen von Amerikanern, die hinter der Verfassung und einem Recht auf Abtreibung stünden, müßten sich nun laut gegen den Urteilsentwurf aussprechen.
An extremist Supreme Court is poised to overturn #RoeVWade and impose its far-right, unpopular views on the entire country. It’s time for the millions who support the Constitution and abortion rights to stand up and make their voices heard. We’re not going back—not ever.
— Elizabeth Warren (@SenWarren) May 3, 2022
Pelosi: Urteil wäre schwerwiegende Entscheidung
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (Demokraten), kritisierte, das Gericht sei im Begriff, eine schwerwiegende Einschränkung von Rechten vorzunehmen. Ein entsprechendes Urteil werde „als Abscheulichkeit und eine der schlimmsten Entscheidungen in die Geschichte eingehen“.
Die Richter, die planten, das bestehende Abtreibungsrecht zu kippen, hätten den Ruf des Obersten Gerichtshofs beschmutzt. In der Folge würden Millionen von Frauen nach einem halben Jahrhundert der Selbstbestimmung über ihren Körper beraubt. „Die Partei von Lincoln und Eisenhower hat sich nun vollständig in die Partei von Trump verwandelt“, prangerte Pelosi mit Blick auf drei Richter des Supreme Courts an, die von dem ehemaligen US-Präsidenten eingesetzt wurden.
Kalifornien will Frauen weiter abtreiben lassen
Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom (Demokraten) kündigte an, die Gesetze in seinem Bundesstaat nachzuschärfen, um Frauen weiterhin das Recht auf Abtreibungen zu gewährleisten. „Kalifornien wird nicht dabei zusehen, wie Frauen ihrer Rechte beraubt werden“, versicherte er. Falls der Oberste Gerichtshof die Bestimmung von 1973 fallen lasse, nach der entsprechende Eingriffe erlaubt sind, müsse es in seinem Staat eine juristische „Firewall“ um das nationale Recht herum geben.
Our daughters, sisters, mothers, and grandmothers will not be silenced.
The world is about to hear their fury.
California will not sit back. We are going to fight like hell. https://t.co/EhwSWXiZhx
— Gavin Newsom (@GavinNewsom) May 3, 2022
„Unsere Töchter, Schwestern und Mütter werden nicht zum Schweigen gebracht werden“, schrieb Newsom auf Twitter. „Die Welt wird ihren Zorn hören. Kalifornien wird sich nicht zurückhalten. Wir werden kämpfen wie der Teufel.“
Grünen-Politikerin Dornheim spricht von „Gebärzwang“
Auch aus Deutschland kommt scharfe Kritik. „Sie wollen Frauen zum Gebären zwingen, denn Selbstbestimmung gibt es in ihrer Ideologie nicht“, empörte sich die Berliner Grünen-Politikerin Laura Sophie Dornheim. „Das Wachstum der eigenen (weißen) Bevölkerung ist ihr oberstes Ziel, zum Machterhalt und wenn nötig als Kanonenfutter.“
Sie wollen Frauen zum Gebären zwingen, den Selbstbestimmung gibt es in ihrer Ideologie nicht. Das Wachstum der eigenen (read: weißen) Bevölkerung ist ihr oberstes Ziel, zum Machterhalt und wenn nötig als Kanonenfutter.#supremecourt #roevswade
— Laura Sophie Dornheim (@schwarzblond) May 3, 2022
Grünen-Chefin Ricarda Lang verwies in den sozialen Medien auf ein Zitat der ehemaligen Richterin am Supreme Court, Ruth Bader Ginsburg, die 2020 verstorben war. Sie hatte sich immer wieder vehement für ein Recht auf Abtreibung ausgesprochen.
Abtreibungsrecht sei größte Errungenschaft
Die Bild-Redakteurin und Publizistin Judith Sevinc Basad nannte den Urteilsentwurf ein „historisches Armutszeugnis“. Die „größte Errungenschaft in der Geschichte der Frauenrechte“ werde von konservativen Richtern attackiert. Die Journalistin Rebecca Baden, die unter anderem für die Funke-Mediengruppe und Zeit Online schreibt, forderte indes ein weltweites „Recht auf Abtreibungen für Menschen mit Uterus“.
Wir brauchen einfach weltweit Recht auf Abtreibung für Menschen mit Uterus https://t.co/nm4hu2Ri7U
— Rebecca Baden (@rebebaden) May 3, 2022
Die österreichische Publizistin Natascha Strobl gab unterdessen den amerikanischen Demokraten eine Mitschuld an der geplanten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Sie hätten „radikalen Konservativen“ um Trump „arrogant und naiv“ den Weg bereitet. (zit)