Anzeige
Anzeige

„Woke Capital“: Diversity als Dogma

„Woke Capital“: Diversity als Dogma

„Woke Capital“: Diversity als Dogma

Mitarbeiter von Google und YouTube in Kalifornien Foto: picture alliance / REUTERS | NOAH BERGER
„Woke Capital“
 

Diversity als Dogma

Das „Woke Capital“ ist mittlerweile zu einem bestimmenden Faktor im Wirtschaftsleben geworden. Kürzlich gaben zwanzig „Silicon Valley“-Unternehmen bekannt, sich einer Quote zu verpflichten, die „Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion“ in Führungspositionen sicherstellen soll. Coca-Cola gerät derweil wegen einer internen Schuldung unter Druck.
Anzeige

Noch vor wenigen Jahren wurden die ambitionierten Vielfalts- und Gerechtigkeitsphantasien großer Konzerne eher belustigt wahrgenommen. Diversity hier, Diversity da – es wirkte fast wie ein eingespieltes Ritual, über das man mit einem Augenrollen hinwegsah. Doch die Zeiten haben sich geändert. Mittlerweile ist das „Woke Capital“ zu einem bestimmenden Faktor im weltweiten Wirtschaftsleben geworden, mit konkreten negativen Auswirkungen für Personen, die sich nicht der progressiven Agenda unterwerfen wollen.

Einen Vorgeschmack darauf, wie sich die Unternehmenskultur in den kommenden Jahren entwickeln könnte, bot am Freitag eine besondere Veranstaltung, die in San José im US-Bundesstaat Kalifornien stattfand. Die „Silicon Valley Leadership Group“, ein 1978 gegründeter Interessenverband aus über 350 kalifornischen Konzernen, hatte zum sogenannten „Diversity Forward Summit“ eingeladen.

Auf der Veranstaltung wurden die ersten zwanzig Unternehmen und Institutionen bekannt gegeben, die sich künftig der sogenannten „25×25-Vereinbarung“ verpflichten wollen. „25×25“ ist nicht irgendein Zusammenschluß, sondern eine konkrete Vision für die Zukunft. Laut eigenen Angaben soll der Wandel zu „Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion“ mit ehrgeizigen Zielen vorantreiben werden.

„Unterrepräsentierte Personen“

Die Vereinbarung gibt zwei Optionen vor: Entweder das Unternehmen verpflichtet sich, bis 2025 mindestens 25 Prozent seiner Führungskräfte „aus unterrepräsentierten Personen (People of Color/Frauen)“ zusammenzusetzen. Oder aber das Unternehmen verpflichtet sich, bis 2025 die Anzahl der „unterrepräsentierten Personen“ in seinen Führungspositionen um mindestens 25 Prozent zu erhöhen.

Das Betätigungsfeld der Unterzeichner ist breit gefächert: So finden sich auf der Liste große Tech-Konzerne (Twitter, Facebook, Zoom, Western Digital, Equilar), Fluggesellschaften (United Airlines, Alaska Airlines), Universitäten (Foothill De Anza College, Santa Clara University), eine Bank (Silicon Valley Bank), ein Finanzdienstleister (Listo), ein Elektronik-Unternehmen (Flex), ein Photonik-Konzern (Lumentum), eine Zeitung (San Francisco Chronicle), ein Football-Verein (San Francisco 49ers), eine Bürgerrechtsorganisation (NAACP), eine Lobbygruppe (Silicon Valley Leadership Group), ein Think Tank (Bay Area Council) ein Krankenhaus (Stanford Lucille Packard Children’s Hospital) und ein Solarzellenhersteller (SunPower).

Politik ist auch vor Ort

Die Unternehmen wüßten, erklärte der CEO der Silicon Valley Leadership Group, Ahmad Thomas, auf der Veranstaltung, „daß Vielfalt und Inklusion das Herzstück der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, der Innovation und eines stärkeren sozialen Gefüges sind“. Gleichzeitig bewies die Veranstaltung auch, wie weit der Arm der Großkonzerne reicht. Der US-Senator für den Bundesstaat Kalifornien, Alex Padilla (Demokratische Partei), sprach vor und beglückwünschte die Organisatoren für die Initiative. Auch der US-Unternehmer John Hope Bryant, Vorsitzender der linken Nonprofit-Organisation HOPE, referierte vor Ort.

Derartige Quoten, die das Leistungsprinzip außer Kraft setzen, sind jedoch kein Einzelfall: Die Fastfood-Kette McDonald’s droht ihren Führungskräften, nicht ihre kompletten Boni auszuzahlen, wenn sie nicht gemäß der neuen Firmenpolitik mehr Minderheiten in höheren Positionen einstellen. Abgesehen von der Mission, bis 2030 Geschlechterparität zu erreichen, will McDonald’s bis 2025 „historisch unterrepräsentierte Gruppen in Führungsrollen (Senior Director und höher) in den USA auf 35 Prozent und die Repräsentation von Frauen in Führungsrollen weltweit auf 45 Prozent erhöhen“.

Zudem beteiligt sich die Bank Goldman Sachs mittlerweile nicht mehr an Börsengängen von Firmen, in denen der Aufsichtsrat nur aus weißen Personen besteht. Andere institutionelle Investoren, darunter State Street Global Advisors und BlackRock, haben Erklärungen über die Notwendigkeit von „Vielfalt“ und bestimmten „Klimazielen“ bei Unternehmen, in die sie investieren, abgegeben.

Anti-weißes Trainingsprogramm

Auch rund um die Firma Coca-Cola rumorte es diese Woche. Geleakte Videos und Bilder eines Trainingsprogramms machten im Netz die Runde, auf denen die Teilnehmer aufgefordert wurden, „weniger weiß zu sein“, um rassistische Diskriminierung zu bekämpfen. Angeblich sollen die Bilder aus einem Online-Seminar für Coca-Cola-Mitarbeiter stammen. Zu sehen ist in dem Video niemand geringeres als Robin DiAngelo. Die64jährige gilt als Vordenkerin der „Critical Race Theory“ und hat das Konzept der „White Fragility“ begründet, das weiße Menschen per se unter Rassismusverdacht stellt.

Coca-Cola hat mittlerweile in einem schwammigen Statement bestätigt, daß das Video zwar über das Coca-Cola-Schulungsprogramm erreichbar, allerdings nicht Teil des Lehrplans sei. „Unser globales Training ‘Better Together’ ist Teil eines Lernplans, der helfen soll, einen integrativen Arbeitsplatz zu schaffen. Es besteht aus einer Reihe von kurzen Vignetten, die jeweils nur wenige Minuten lang sind. Das Training beinhaltet den Zugang zur ‘LinkedIn Learning Plattform’ zu einer Vielzahl von Themen, unter anderem zu Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion.“

In Kalifornien übernimmt die Überwachung dieser vermeintlich gerechten Zukunft übrigens auch in Teilen der Staat. Gouverneur Gavin Newsom (Demokratische Partei) hatte bereits am 30. September 2020 ein Gesetz unterzeichnet, das in Kalifornien ansässigen börsennotierten Unternehmen vorschreibt, bis Ende 2021 mindestens einen Vorstand zu haben, der einer „unterrepräsentierten Gemeinschaft angehört“. Zwar hat Kalifornien keine weiße Bevölkerungsmehrheit mehr, aber trotzdem ist jene Bevölkerungsgruppe natürlich nicht gemeint. Vielmehr geht es um „Individuen, die sich als Schwarzer, Afroamerikaner, Hispanoamerikaner, Latino, Asiate, Pazifischer Inselbewohner, Ureinwohner Amerikas, Ureinwohner Hawaiis oder Alaskas identifiziert, oder die sich als schwul, lesbisch, bisexuell oder als Transgender identifiziert“.

Mitarbeiter von Google und YouTube in Kalifornien Foto: picture alliance / REUTERS | NOAH BERGER
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag