LUXEMBURG. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, daß die Urteile von Verfassungsgerichten übergangen werden können, wenn sie EU-Recht entgegenstehen. „Der Vorrang des Unionsrechts verlangt, daß die nationalen Gerichte befugt sind, eine Entscheidung eines Verfassungsgerichts, die gegen das Unionsrecht verstößt, unangemeldet zu lassen, ohne insbesondere Gefahr zu laufen, disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden“, teilte das oberste EU-Gericht am Dienstag mit.
Die Instanz hatte in einem Rechtsstreit zwischen einem rumänischen Berufungsgerichtshof und dem Verfassungsgericht Rumäniens vermittelt. Das Kassationsgericht hatte mehrere Parlamentarier und Minister wegen Korruption verurteilt. Diese Beschlüsse wurden vom Verfassungsgericht wegen formeller Mängel jedoch wieder aufgehoben. Dadurch drohten, die mutmaßlichen Straftaten der Politiker zu verjähren.
EU-Recht hat Vorrang
Deshalb wandte sich die Berufungsinstanz an den EuGH und bat um Rechtsbeistand gegen das Verfassungsgericht im eigenen Land. Der EuGH kam zu dem Schluß, daß sich reguläre Gerichtshöfe nicht an die Urteile von Verfassungsgerichten halten müssen, wenn EU-Recht infrage stehe.
Schon beim Zustandekommen des EWG-Vertrags 1957 hätte man sich prinzipiell auf den Vorrang von EU-Recht vor nationalem Recht geeinigt. Der EuGH dürfe diesen Vorrang nach eigenem Dafürhalten interpretieren. Unterschiede zwischen den unterschiedlichen nationalen Rechtssprechungen innerhalb der EU seien außerdem nach Möglichkeit zu vermeiden. (fw)