LUXEMBURG. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat Großbritannien eine Mitschuld an der Migrationskrise im Ärmelkanal gegeben. „Die Menschen wollen nach Großbritannien, kommen aber am Eurotunnel nicht mehr in die Lastwagen. Deshalb bleibt ihnen nur noch das Meer“, erläuterte der Sozialist am Montag im Deutschlandfunk. Daher plädiere er für migrationspolitische „Ventile“.
Die Situation sei ähnlich wie 2015 in Deutschland. „Es ist ein Fakt, daß der Kompaß der Menschen, die aus Nahost, aus Nordafrika und aus Asien kommen, nach Großbritannien gestellt ist“, betonte Asselborn weiter.
Dabei mahnte er Großbritannien zur Einhaltung eines mit Frankreich geschlossenen Vertrags zur Überwachung der Meerenge. „Die Franzosen und die Briten haben abgemacht, daß die Briten den Franzosen beim Grenzschutz und bei der Seenotrettung helfen. Dieses Jahr haben die Briten den Franzosen aber noch 62,7 Millionen Euro zu zahlen und tun das nicht.“ Die Franzosen würden deshalb „vielleicht mit Recht“ sagen: „Wenn wir dieses Geld hätten, könnten wir die Überwachung verbessern damit weniger Menschen sich in Lebensgefahr bringen“.
Asselborn: „Der Brexit ist vom Bösen“
Den Brexit machte der dienstälteste Außenminister der EU dabei für die verfahrene Situation zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich mitverantwortlich. „Der Brexit ist vom Bösen“, unterstrich er. Die Briten könnten die Situation auf dem Ärmelkanal nicht ohne Frankreich und die EU bereinigen.
Frankreich nahm Asselborn hingegen in Schutz. „Man kann Frankreich hier keinen Vorwurf machen. Die Franzosen sind machtlos, wenn eine Ansammlung von Menschen wie in Calais kein Asyl in Frankreich will.“ Die 130 Kilometer lange Meergrenze sei ohnehin nur schwer zu überwachen.
Minister treffen sich ohne Großbritannien
Am Sonntag hatten sich die Innenminister von Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Deutschland mit Vertretern der EU-Kommission in Calais getroffen, um über die Lage im Ärmelkanal zu beraten. Vergangene Woche waren dort 27 Migranten bei dem Versuch ertrunken, mit dem Boot nach Großbritannien überzusetzen.
Die Ministerrunde hatte sich darauf geeinigt, die Meerenge mit einem Flugzeug der europäischen Grenzschutzagentur Frontex „Tag und Nacht“ zu überwachen. Der französische Innenminister Gérald Darmanin hatte dabei seine Bereitschaft bekundet, mit „seinen britischen Freunden“ zusammenzuarbeiten. Dies müsse aber auf Augenhöhe geschehen.
Großbritanniens Innenministerin Priti Patel wurde nach einem Tweet des britischen Premierministers Boris Johnson von dem Gipfel ausgeladen. Der britische Staatschef hatte einen Brief an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron veröffentlicht, in dem er die Rücknahme aller über den Ärmelkanal gekommenen Migranten forderte. (fw)