ATHEN. Das griechische Parlament hat am Mittwoch abend Forderungen nach Reparationsleistungen von Deutschland beschlossen. Es geht um bis zu 290 Milliarden Euro für Kriegsschäden und -verbrechen im Zweiten Weltkrieg, meldet die Nachrichtenagentur dpa. Das Plenum stimmte mit großer Mehrheit für eine Vorlage des Parlamentspräsidenten Nikos Voutsis, durch die die Regierung aufgerufen wird, alle nötigen diplomatischen und rechtlichen Schritte einzuleiten.
„Die Forderung von Reparationszahlungen ist für uns eine historische und moralische Pflicht“, sagte Regierungschef Alexis Tsipras demnach in seiner Rede vor dem Parlament. Er habe die Maßnahme nicht mit der schweren Finanzkrise der vergangenen Dekade und den Schulden Griechenlands verbinden wollen. Nun aber sei nach dem Ende der internationalen Hilfsprogramme der richtige Zeitpunkt gekommen.
„Wir haben jetzt die Chance, dieses Kapitel für beide Völker abzuschließen“, betonte er. Es sei ihm wichtig, Deutschland auf Augenhöhe und freundschaftlich zu begegnen. Während der Parlamentsdebatte waren Augenzeugenberichte von nationalsozialistischen Kriegsverbrechen in griechischen Dörfern verlesen worden. Die Höhe der Summe wurde kritisiert. Die Partei Goldene Morgenröte forderte etwa 400 Milliarden Euro.
Deutschland: Frage ist juristisch wie politisch geklärt
Im Oktober finden in Griechenland Parlamentswahlen statt. Oppositionspolitiker warfen Tsipras vor, mit dem Vorstoß Stimmen dafür gewinnen zu wollen.
Griechenland hatte bereits im Oktober seine Reparationsforderungen erneuert. Damals war von bis zu 376 Milliarden Euro die Rede. Die Summe schlüsselte sich größtenteils auf in Produktionsverluste während der Besatzungszeit sowie individuelle Forderungen für Zivilisten, die während dieser Zeit verstarben oder kriegsversehrt wurden.
Deutschland sieht für neuerliche Reparationszahlungen jedoch keine Grundlage. Die Regierung in Berlin stützt sich auf den 1990 zur Wiedervereinigung unterzeichneten Zwei-plus-Vier-Vertrag. Darin heißt es, es seien „keine weiteren Reparationen“ vorgesehen. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte am Mittwoch mit, die Frage sei juristisch wie politisch abschließend geregelt. (ls)