ROM. Das italienische Verfassungsgericht in Rom hat zivile Schadensersatzklagen gegen Deutschland wegen Vorfällen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs für zulässig erklärt. Bisher galt die völkerrechtliche Regelung, nach der Staaten vor Zivilklagen aus anderen Staaten geschützt sind. Diese internationale Übereinkunft greife aber nicht im Falle nationalsozialistischer Verbrechen, urteilten nun die Verfassungsrichter, berichtet Spiegel Online.
Demnach dürfe die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches auf Schadensersatz verklagt werden. Italiens oberste Verfassungsrichter argumentierten mit zwei Artikeln der Verfassung. So sichere Artikel 2 die Unverletzlichkeit des Menschen und Artikel 24 garantiere das Recht, vor Gericht seine eigenen Interessen wahren zu können.
Entschädigungsfrage bereits 1961 erledigt
Die Richter setzten sich mit ihrem Urteil über eine Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag hinweg. Dieser hatte 2012 italienische Schadensersatzklagen gegen Deutschland als rechtswidrig zurückgewiesen. Hintergrund ist ein jahrelanger Streit zwischen Deutschland und Italien. Deutschland sieht die Entschädigungsfrage mit dem Friedensvertrag von 1947 und dem Bonner Abkommen von 1961, aufgrund dessen Italien 40 Milliarden Lire erhalten hatte, als erledigt an.
Im Widerspruch hierzu haben in den vergangenen Jahren mehrere italienische Gerichte Zivilrechtsklagen gegen Deutschland zugelassen und die Bundesrepublik zu Schadensersatzzahlungen verurteilt. Zeitweilig war sogar die Beschlagnahme von deutschem Staatseigentum in Italien im Gespräch. Sollte sich das Urteil durchsetzen, könnte Deutschland mit mehren zehntausend Zivilklagen von Opfern und deren Familien rechnen. (FA)