LUXEMBURG. Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker ist zurückgetreten. Er übernimmt damit die Verantwortung für Aktivitäten des ihm unterstellten Geheimdienstes „Service de renseignement de L’Etat luxembourgeois“ (Srel). Anlaß ist ein Abschlußbericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der vor einem halben Jahr erstellt, aber erst diesen Monat veröffentlicht wurde.
In dem Bericht wurde dem Srel unter anderem die Verwicklung in eine Reihe von Bombenanschlägen in den Jahren 1984 bis 1986 zur Last gelegt, berichtet das Luxemburger Wort. Auch sollen sie während des Kalten Krieges am Aufbau einer paramilitärischen europäischen Geheimarmee beteiligt gewesen sein. Zum Skandal gerieten aber vor allem zahlreiche illegale Abhöraktionen des Geheimdienstens, der dabei auch luxemburgische Politiker ins Visier nahm.
Eigenen Dienstherrn überwacht
Sogar Juncker selbst soll überwacht worden sein. Als Srel-Chef Marco Mille 2007 zu einem Dienstgespräch erschien, in dem es um Verwicklungen der erzherzoglichen Familie in die Anschlagsserie gegangen sein soll, habe dieser mit einer präparierten Uhr das Gespräch mitgeschnitten. Als Juncker von dem Vertrauensbruch erfuhr, unternahm er lange Zeit nichts gegen seinen Untergebenen. Mille wurde zwar 2008 beurlaubt, blieb aber bis 2010 im Amt und wurde dann Sicherheitschef von Siemens.
Juncker rechtfertigte seine laxe Führung des Srel damit, nicht das Vertrauensverhältnis zu anderen Geheimdiensten belasten zu wollen. Die Opposition wirft dem Politiker vor, die Kontrolle des Srel nicht ernstgenommen zu haben. „Es ist richtig, daß der Geheimdienst nicht meine erste Priorität war. Ich hatte damals und habe heute noch viele andere wichtige Themen, die mir am Herz liegen. Trotzdem habe ich mich um den Geheimdienst gekümmert“, gab der Premier im Parlament zu.
An der Affäre war die Regierungskoalition mit den Sozialdemokraten zerbrochen. Mit seinem Rücktritt umgeht Junckers ein Mißtrauensvotum der Opposition. Ihm werden in Umfragen gute Chancen eingeräumt, die Wahl zu gewinnen, sollte er erneut als Spitzenkandidat der Christlich Sozialen Volkspartei aufgestellt werden. Juncker hat dem Großherzog empfohlen, das Parlament im Herbst aufzulösen. Neuwahlen werde es dann unmittelbar danach geben. Juncker ist seit 1995 im Amt. (FA)