BRÜSSEL. Im Europa-Parlament könnte es heute zum von den linken Parteien und Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) gefürchteten „Tabubruch“ kommen. EVP-Chef Manfred Weber (CSU) hat angekündigt, daß seine Fraktion gemeinsam mit den Rechtsparteien ein wichtiges Detail des „Green Deal“ ablehnen werde.
Mit diesem will von der Leyen die EU CO2-neutral machen. Heute steht ein Gesetz zur Abstimmung, mit dem auch landwirtschaftlich genutzte Flächen renaturiert werden sollen. Dies hat Widerstand von Bauern – vor allem in den Niederlanden – hervorgerufen.
Von der Leyen vor schwerer Niederlage
Die in der Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR) zusammengefaßten Rechtsparteien hatten von Anfang an erklärt, dieses Projekt blockieren zu wollen. Zur EKR gehören unter anderem die Fratelli d’Italia, die polnische PiS, die spanische Vox und die Schwedendemokraten. Auch die Fraktion „Identität und Demokratie“ mit FPÖ und Le Pens Partei Rassemblement National will das Gesetz ablehnen.
Nun hat Weber erklärt, daß auch die EVP dagegen stimmen werde. Dies wäre ein Affront gegen von der Leyen, die die Deindustrialisierung und den Umbau der Landwirtschaft im Namen des Klimaschutzes zu zentralen Punkten ihrer Kommissionspräsidentschaft gemacht hat.
Weber will EVP nach rechts öffnen
Offenbar versucht Weber, der in der Flüchtlingskrise und in der Corona-Politik stets hinter der Politik von der Leyens und der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stand, die EVP nach rechts zu öffnen. Bisher stimmte seine Fraktion in der Regel mit Sozialisten, Grünen und Liberalen.
Vor der Europawahl Anfang Juni kommenden Jahres, die einen Triumph der Rechtsparteien bringen könnte, will Weber nun einen Kurswechsel vollziehen. Insider vermuten, daß er auch bewußt von der Leyen schwächen möchte, die vor vier Jahren auf Druck Merkels Kommissionschefin wurde, obwohl er selbst Spitzenkandidat der EVP gewesen war. (fh)