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Zwei Konkursverwalter rüsten zum Angriff

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Wenn die SPD ein Unternehmen wäre, die Bilanzen wären verheerend. Die älteste Partei Deutschlands hat in den vergangenen elf Jahren zehn Millionen Wähler verloren, die Zahl der Mitglieder hat sich von einer Million auf rund 500.000 halbiert. Mit 146 Abgeordneten stellt sie im Bundestag ihre kleinste Fraktion aller Zeiten. Hunderte von Beschäftigten müssen gehen. Und außerdem gibt Parteichef  Franz Müntefering auf dem am Wochenende in Dresden beginnenden Parteitag das Ruder aus der Hand.

Mit Müntefering hat die SPD seit dem Ende des rot-grünen Bündnisses 2005 bereits den dritten Vorsitzenden verschlissen. Damals hatte der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck des Vorsitz von Müntefering übernommen. Platzeck trat nach fünf Monaten angeblich aus gesundheitlichen Gründen zurück. Ihm folgte der glücklose rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der wieder von Müntefering abgelöst wurde. Ruhe kam in die Partei nicht hinein, zumal die neue Konkurrenz Linkspartei der SPD Wähler und Mitglieder entzog.

Ratlos ging die SPD in den Bundestagswahlkampf 2009, den sie noch als Juniorpartner der von der Union geführten Regierung bestreiten mußte. Der designierte Parteichef Sigmar Gabriel räumte inzwischen ein, die Wähler hätten kein klares Bild mehr davon, wofür die SPD stehe. Der Parteilinke Hermann Scheer sagt: „Die SPD ist momentan nicht intakt. Es geht darum, daß die SPD wieder zu einer Identität findet.“

Ein klares Bild haben selbst ihre Funktionäre nicht mehr. Die Frustra-tion wegen der massiven Stimmenverluste ist so groß, daß die Bundestagsfraktion nicht wahrnehmbar ist, obwohl die Wahl schon über einen Monat vorbei ist. Man rangelt um die letzten Posten, die es noch zu verteilen gibt. Attacken gegen die Regierung, die gerade wegen Opel, Pkw-Maut und der Steuerreform nicht gerade Glückstage hat, bleiben aus oder wirken hilflos. Partei und Fraktion sind noch hin- und hergerissen zwischen Schröders Agenda-Linie und der von Müntefering auf den Weg gebrachten Rente mit 67 einerseits und der sozialen Wohlfühlutopie andererseits, die Wohlstand für alle schaffen zu können glaubt, wenn man nur die Reichen hoch genug besteuert.

Nun soll Gabriel der Partei wieder Beine machen. Der von geneigten Medien bereits als „Macher“ hochgeschriebene Politiker wird jedoch überschätzt. Als niedersächsischer Ministerpräsident verlor er deutlich gegen Christian Wulffs CDU, und als Umweltminister in Berlin verstand er nur eines: aus jedem kleinen Zwischenfall in einem Atomkraftwerk einen Störfall herbeizureden. Auf dem von Politikern wichtig erachteten Gebiet des Klimaschutzes stellte Kanzlerin Angela Merkel den schwergewichtigen Niedersachsen in den Schatten. Gabriels Wahl zum Vorsitzenden steht so gut wie fest. Er muß sich mit einem erstarkten linken Flügel auseinandersetzen und wird Kompromisse schließen müssen. Aber die Brücken zur Schröder-Ära will er nicht völlig zerstören. Die Partei brauche „alles andere als eine Totalrevision ihrer Politik, sondern eine ehrliche Analyse, was gut war und was sie verändern und weiterentwickeln muß“, sagte Gabriel dem Berliner Tagesspiegel und ergänzte mit leichtem Anflug von Trotz: „Es war bei weitem nicht alles falsch, was war.“

Das sieht die Parteilinke anders. Auf einem Vorbereitungstreffen für den Parteitag in Kassel lag den Teilnehmern ein Papier vor, in dem eine schonungslose Aussprache über das historische Debakel bei der Bundestagswahl gefordert wurde. Schröders Kanzlerschaft gilt den Linken in der SPD schon als historischer Irrtum. Sein Kurs der „Anpassung an den neoliberalen Mainstream“ sei gescheitert. Gabriel versucht, dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen, und räumt ein, daß es ausgerechnet die SPD gewesen sei, die die Finanzmärkte dereguliert und „die Hürden für Heuschrecken“ gesenkt habe.

Auch personell stellt sich Gabriel auf die Parteilinken ein, indem er die frühere Juso-Vorsitzende Andrea Nahles als Generalsekretärin vorgesehen hat. Pikant ist, daß Gabriel und Nahles jahrelang eine Intimfeindschaft pflegten und kein Wort miteinander redeten. Die beiden sollen jetzt die SPD aus der Krise führen, was einem gewagten Abenteuer gleichkommt. Der Fraktionsvorsitzende, der gescheiterte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, hat ebenfalls seine Schwierigkeiten mit Nahles. Und zwischen dem temperamentvollen Gabriel und dem kühlen Steinmeier liegen Welten.

Der linke Flügel der SPD ist stärker geworden seit der Bundestagswahl. Viele Abgeordnete des „Seeheimer Kreises“, wie der Zusammenschluß der Parteirechten genannt wird, sind nicht wiedergewählt worden, während die Linken besser auf den Landeslisten abgesichert waren. Sie wollen näher an die Linkspartei heranrücken, um ihr Wähler abspenstig zu machen, oder notfalls mit ihr fusionieren. Gabriel und Steinmeier stehen den Linken, deren heimliche Führungsfigur der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit ist, dabei im Weg. Vielleicht wird auf dem Parteitag wieder einmal ein Vorsitzender für den Übergang gewählt.

Foto: Andrea Nahles und Sigmar Gabriel haben Frieden geschlossen: Bündnis auf Zeit

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