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„Fundamental gegen unsere Werte verstoßen“

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„Fundamental gegen unsere Werte verstoßen“

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Vorige Woche veröffentlichte die britische Regierung eine Liste von 16 Personen, denen seit Oktober 2008 Einreiseverbot erteilt wurde. Weitere sechs Namen wurden „im öffentlichen Interesse“ geheimgehalten – darunter der des niederländischen Parlamentariers Geert Wilders, der im Februar nicht ins Land durfte, um der Vorführung seines Films „Fitna“ im britischen Oberhaus beizuwohnen (JF 9/09). Seit 2005 im Zuge der Terrorbekämpfung seine Kompetenzen ausgeweitet wurden, hat das Innenministerium 230 Personen die Einreise verwehrt – darunter radikale Muslime, Tierrechtsaktivisten, Holocaust-Leugner, der US-Rapper Snoop Dogg und Finanzkriminelle.

Im Oktober 2008 wurde das entsprechende Gesetz um eine Bestimmung erweitert, die der inkriminierten Person die Beweislast aufbürdet, in Großbritannien keine „Spannung anheizen“ zu wollen. Mittlerweile werden monatlich etwa fünf Menschen abgewiesen. Auf der Liste finden sich muslimische Geistliche, die den Heiligen Krieg predigen, ein jüdischer Mann, der Gewalt gegen Palästinenser befürwortet, ein Terror-Unterstützer aus Kaschmir oder kriminelle russische Skinheads.

Die „Hate Promoters“-Liste führt jedoch auch Personen auf, die selber niemals zur Gewalt aufgerufen haben, sondern deren Ansichten lediglich so verfemt sind, daß ihre Anwesenheit aber angeblich dazu führen könnte. Die größte Überraschung war der Name Michael Alan Weiner, ein konservativer US-Radiomoderator und erfolgreicher Buchautor, der als Michael Savage mit seinen provokativen Sendungen regelmäßig acht bis zehn Millionen Hörer erreicht. Der 67jährige macht auf viele sicher einen unsympathischen Eindruck. Er agitiert gegen Präsident Barack Oba­ma, Linksliberale, illegale Einwanderer, Muslime oder Homosexuelle. Seine Ansichten sind teils so extrem, daß sie selbst konservative Werte in Frage stellen. Jedoch ist das nach US-Recht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Savage ist noch nie nach britischem Recht irgendeines Verbrechens angeklagt worden. Vor dem 5. Mai war er auf der Insel kaum unbekannt – und er hatte überhaupt keinen Besuch geplant.

Daher zeigte sich Savage äußerst erzürnt, forderte seine Hörer auf, britische Waren zu boykottieren und Reisen in das Land zu unterlassen. Zudem drohte er strafrechtliche Maßnahmen an: „Wenn sie (Innenministerin Jacqui Smith) mich mit Skinheads, die in Rußland Menschen umbringen, mit Massenmördern, die Juden in Bussen umbringen, in einen Topf schmeißen, ist das Rufmord“, sagte Savage im britischen Fernsehen. Doch seine Chancen auf einen Erfolg vor Gericht stehen schlecht.

Diejenigen, denen Einreiseverbot erteilt wurde, seien „eindeutig zu weit gegangen“, behauptet Smith. „Wir werden keine Menschen ins Land lassen, die Ansichten verbreiten, die fundamental gegen unsere Werte verstoßen.“ Allerdings hat die Ministerin die Aufgabe, das Recht zu wahren und nicht etwa „Werte“ zu vertreten. Natalie Rothschild kommentierte auf dem libertären Nachrichtenportal Spiked-online: „Die Verteidigung der Freiheit, ‘zu weit gehen’, ist in unser aller Interesse: Das Recht, zu sagen, zu denken und zu glauben, was man will, sollte der Eckstein jeder zivilisierten Gesellschaft sein.“

Und wen wird es als nächsten treffen – Papst Benedikt XVI., Silvio Berlusconi oder Bill Clinton? Viele Prominente sind schon des Rassismus, Sexismus, der Homophobie oder Islamophobie bezichtigt worden. Smiths Gerede über Werte kommt zu einem Zeitpunkt, da sie selber unter Korruptionsverdacht steht, während die Labour-Regierung, die nun so penibel darauf achtet, wer nach Großbritannien einreisen darf und wer nicht, seit Tony Blairs Amtsantritt 1997 nahezu unkontrollierte Einwanderung zugelassen hat.

Die Veröffentlichung dieser Liste ist ein symbolpolitischer Akt der Ablenkung von ernsteren Problemen wie der steigenden Gewaltkriminalität und der sinkenden Popularität der Labour-Partei. Zudem ist sie typisch für die autoritäre Vorgehensweise dieser Regierung, die bereits mehrere Gesetze gegen „rassistischen und religiösen Haß“ verabschiedet hat und derzeit versucht, „Schwulenfeindlichkeit“ gesetzlich zu verbieten. Im Laufe ihrer zweijährigen Amtszeit hat Innenministerin Smith sich für eine Ausweispflicht, für die Überwachung der gesamten Mobilfunk und E-Post-Kommunikation, eine Verlängerung der Untersuchungshaft für Terrorverdächtige auf 42 Tage sowie dafür eingesetzt, DNS-Profile selbst von nicht vorbestraften Personen zu speichern und das Recht einzuschränken, die Polizei zu fotografieren.

Smith wird nach einem Regierungswechsel nicht mehr im Amt sein, doch ist es unwahrscheinlich, daß ein künftiges Tory-Kabinett viel ändern wird. Die Konservative Partei hat sich bislang kaum geäußert, geschweige denn ein klares Bekenntnis zur Meinungsfreiheit abgelegt. Man darf gespannt sein, wie ihr Parteichef David Cameron als mutmaßlicher neuer Premierminister nach den Parlamentswahlen dieses heikle Problem angehen (oder umgehen) wird.

Die neue Einreiseverbotsliste des Londoner Innenministeriums: www.homeoffice.gov.uk/about-us/news/name-and-shame-list

Das US-Internetportal von Michael Savage: www.michaelsavage.wnd.com

Foto: Internetseite von Michael Savage: Auf der „Hate Promoters“-Liste

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