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Notausgang für die Union

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Es grünt so grün beim Schmieden neuer schwarzer Strategien. Seit Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) mit diesem Modell im Wahlkampf nicht abgestürzt ist (siehe auch den Artikel auf dieser Seite), erfreut sich die schwarz-grüne Koalition einer stetig wachsenden Unterstützergemeinde in den Schaltzentralen der Unionsparteien. Zahlreiche Präzedenzfälle gibt es bereits auf kommunaler Ebene. Wieviel „Schwarz“ aber bliebe bei Koalitionen mit den Grünen noch übrig? „Bei Schwarz-Grün muß am Ende mehr Grün auf dem Tisch liegen als bei Rot-Grün“, warnt der Bundestagsfraktionschef der Alternativen Fritz Kuhn; und von Beust weiß: „Wir werden uns bewegen müssen“. Mehr als die anderen. Den Notausgang aus der babylonischen Gefangenschaft soll die Union, die nach dem Zerbröckeln des einstigen schwarz-gelben Lagers im Fünfparteiensystem nur noch zwischen Grün-Kombinationen und der großen Koalition wählen kann, den Grünen teuer bezahlen. Zumal diese ja mit dem Linksblock eine weitere Option haben, mit der sie winken können: „Schwarz-Grün kommt, aber Rot-Rot-Grün auch“, prophezeit der ausgetretene Realo-Dissident Oswald Metzger ähnlich wie der Tübinger Grünen-Oberbürgermeister Boris Palmer, der einst mit CDU-Stimmen ins Amt kam und zuvor als Stuttgarter OB-Kandidat nach seinem Rückzug per Wahlaufruf dem dortigen Unions-Amtsinhaber Wolfgang Schuster zur Wiederwahl verhalf. Der so Begünstigte brach zwar sein Versprechen, einen Bürgerentscheid über das Großprojekt „Stuttgart 21“ zuzulassen, bedient dafür aber die grüne Klientel mit dem zügigen Ausbau der Integrationsindustrie. Die Hoffnung, der Union maximale Zugeständnisse abhandeln zu können, ist angesichts der bisherigen Erfahrungen berechtigt. Siebzig schwarz-grüne Bündnisse sind seit 1989 bereits geschmiedet worden, in 34 Kommunalparlamenten kooperieren CDU und Grüne derzeit. Am bekanntesten sind die schwarz-grünen Koalitionen in Frankfurt am Main (seit 2006) und Kiel, das 2003 nach nur zwei Jahren Saarbrücken als einzige von einem solchen Bündnis regierte Landeshauptstadt ablöste. Dort mußte die CDU auf den Flughafenausbau verzichten, während in der Main-Metropole das strittige Thema aus der Koalitionsvereinbarung ganz ausgeklammert wurde. Es fällt auf, daß schwarz-grüne Koalitionen Gemeinsamkeiten vor allem im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie finden. Differenzen scheinen auf der technokratischen Ebene selten unüberbrückbar. Mit Konservativ-Eingemachtem sorgt eine CDU, die ehedem linke und alternative Anliegen vom „Gender Mainstreaming“ über Fixerstuben bis Einwanderungsmanagement längst selbst aufgenommen hat, kaum noch für Konflikte. So funktionieren schwarz-grüne Koalitionen seit dem ersten Großstadtbündnis in Mülheim/Ruhr von 1994 meist pragmatisch und geräuschlos: in Essen und Duisburg, wo Schwarz-Grün sich 2004 zur Ablösung der SPD verband, aber auch seit vier Jahren in den Hamburger Bezirken Altona und Harburg und im bürgerlichen Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden und in Gießen regiert „Jamaika“. Andere schwarz-grüne Bündnisse, in Köln etwa, scheiterten häufig am Wähler und nicht an häuslichem Streit. Schwarz-Grün funktionierte bislang vor allem in Großstädten, mit Schwerpunkt in Hessen und Nordrhein-Westfalen, und im Westen der Republik; nur dreimal kam die Konstellation bisher in Mitteldeutschland zustande. In gewisser Weise folgt die Union damit ihren verlorenen Stammwählermilieus: Bei Akademikern und Beamten, einst eine strukturell konservative sichere Bank für die CDU, punkten nach vier Jahrzehnten Marsch durch die Institutionen heute vor allem die Grünen, wie der Göttinger Politikwissenschaftler Franz Walter notiert. Was früher „bürgerlich“ war, tendiert inzwischen eher nach links. 1989, im Jahr der ersten schwarz-grünen Vereinbarung in der hessischen Odenwald-Gemeinde Otzberg, erließ die CDU noch ein Koalitionsverbot mit Republikanern und Grünen für Bund, Länder und Kommunen. Konsequent blieb die Union seither nur bei der Selbstversagung neuer Optionen auf der Rechten. Bereits 1992 wurde der Unvereinbarkeitsbeschluß modifiziert – statt den Grünen galt er nun der PDS. Im selben Jahr schwankte der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) kurz zwischen großer Koalition und Schwarz-Grün. Sein Nachfolger Günther Oettinger liebäugelte 2006 mit den Grünen, bevor er sich wieder für die FDP entschied; die war „billiger zu haben“, lästerten die Grünen. 2004 sprach sich CSU-Kollege Edmund Stoiber für Schwarz-Grün in einzelnen Ländern aus. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel lehnte umgehend die Grünen als strategischen Partner ebenso energisch ab wie im Sommer 2007, als Innenminister Wolfgang Schäuble einen Testballon von Grünen-Chef Bütikofer aufgriff. Heute läßt Merkel Ole von Beust in Hamburg freie Hand. Anfang der achtziger Jahre warnte die Union noch in markigen Broschüren vor der „öko-marxistischen Radikalopposition“. Manche der K-Gruppen-Kader und Terror-Sympathisanten, die darin aufgelistet wurden, sind noch immer bei den Grünen aktiv. Jürgen Trittin, einer der designierten Spitzenleute für die nächste Bundestagswahl, sieht für die Grünen mehr Gemeinsamkeiten im linken Lager mit SPD und „Linke“-Kommunisten. Dem hält die andere Hälfte der Doppelspitze, Renate Künast, entgegen, daß Schwarz-Grün an der Elbe Strahlkraft „weit über Hamburg hinaus“ hätte. Womöglich bis auf Bundesebene. Seit sich Mitte der Neunziger junge Abgeordnete von CDU und Grünen informell „beim Italiener“ trafen, hat die allmähliche Ergrünung der Union rasche Fortschritte gemacht. Die grünen Mitglieder der seinerzeit von CSU-Generalsekretär Bernd Protzner mißtrauisch beäugten „Pizza-Connection“ haben unter Rot-Grün Karriere gemacht und sind bis auf Volker Beck schon Polit-Rentner, ihre Unions-Freunde – Generalsekretär Ronald Pofalla, NRW-Integrationsminister Armin Laschet, Staatsminister Peter Altmeier – sitzen an den schwarzen Schalthebeln. Die nächste Generation der „Connection“ tafelt schon nicht mehr bei Pasta und Pizza, sondern im noblen „Cochon Bourgeois“, zu deutsch etwa: „Bürgerschweinchen“. Wenn das kein Omen ist. Foto: Frankfurts CDU-Oberbürgermeisterin Roth (r.), Grüne Eberling: Strittige Themen ausgeklammert

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