Seit der Verkündigung des vorläufigen offiziellen Endergebnisses der Bundestagswahlen vom 18. September steht fest: Den rund 219.000 Wahlberechtigten in den Dresdner Stadtbezirken Altstadt, Blasewitz, Leuben, Prohlis und Plauen, die aufgrund des Todes der NPD-Direktkandidatin Kerstin Lorenz erst an diesem Sonntag ihre Stimme abgeben können, kommt auf keinen Fall die von einigen politischen Beobachtern gefürchtete Rolle des „Züngleins an der Waage“ zu. Die Unionsparteien werden so oder so die stärkste Fraktion in der neuen Volksvertretung bilden. Ebensowenig wird sich durch das Dresdner Votum etwas an der grundsätzlichen Pattsituation – der fehlenden Mehrheit sowohl für eine schwarz-gelbe als auch rot-grüne Regierungskoalition – ändern. Gleichfalls erhoffen sich Union wie SPD von einem positiven Ausgang der Nachwahl eine Stärkung der eigenen Position in den Verhandlungen zur Bildung der künftigen Bundesregierung. Schon deshalb bieten die beiden gebeutelten Volksparteien noch einmal ihre höchste politische Prominenz in der Sachsenmetropole auf: Am vergangenen Freitag hielt Kanzleranwärterin Angela Merkel auf dem Dresdner CDU-Mittelstandskongreß eine Wahlkampfrede. Und an diesem Freitag wird Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Wahlkampfauftritt in der sächsischen Landeshauptstadt erwartet. Aber auch die kleineren Parteien versuchen in letzter Minute mit zugkräftiger Berliner Unterstützung, bislang noch Unentschlossene zu überzeugen. So treten in den letzten Tagen vor dem Urnengang der neugewählte Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle und Verbraucherschutzministerin Renate Kühnast (Grüne) bei öffentlichen Wahlveranstaltungen auf. Nach einer Umfrage des Leipziger Instituts für Meinungsforschung liegt die CDU im Kampf um das Direktmandat mit ihrem Kandidaten Andreas Lämmel mit 32 Prozent derzeit knapp vor der SPD (30 Prozent), die Marlies Volkmer ins Rennen geschickt hat. Bei den Zweitstimmen dagegen verzeichnen die Demoskopen einen Vorsprung der SPD (29 Prozent) vor der Union (28 Prozent). Bereits bei der vergangenen Bundestagswahl von 2002 gab es im Wahlbezirk Dresden I ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Damals behielt die CDU, die 33,8 Prozent der Erststimmen erreichte, gegenüber 31,3 Prozent für die SPD, knapp die Oberhand. Keine Chancen auf die Erringung des Direktmandates hat wie 2002 die PDS mit ihrer Kandidatin Katja Kippling, die allerdings erneut die drittstärkste politische Kraft werden dürfte. Für FDP und Grüne wird lediglich entscheidend sein, wer von beiden Parteien den größeren Zweitstimmenanteil erringt, da dies eventuell einen Pluspunkt für weitere Koalitionsgespräche in Berlin darstellen könnte. Für die nunmehr mit dem ehemaligen Republikaner-Chef Franz Schönhuber antretende NPD hat das Dresdner Votum ohnehin nur die Bedeutung einer Testwahl, welche zeigen soll, ob die Partei auch in einer Großstadt auf ein beständiges Wählerpotential zurückgreifen kann. Insgesamt wird mit einer hohen Wahlbeteiligung in Dresden gerechnet – ungeachtet der Tatsache, daß sich an den wesentlichen Konstellationen in der Bundespolitik nichts mehr ändern wird. Dafür spricht schon der hohe Anteil von Briefwählern: Bis zum vergangenen Sonntag gaben bereits über 12.000 Wahlberechtigte auf diese Weise ihre Stimme ab. Wahlplakate in Dresden: Überstunden für die Mitarbeiter in den Parteizentralen