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Merkel fürchtet eine Große Koalition

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Der Düsseldorfer CDU-Parteitag war für die Parteichefin Angela Merkel das, was man aus der Geschichte als Pyrrhus-Sieg kennt. Noch ein paar Siege dieser Art, und die CDU-Vorsitzende könnte dem Ende ihrer politischen Karriere näher sein, als sie sich das heute vorstellt. Merkel wurde auf dem Parteitag am Rhein mit einem Ergebnis unter 90 Prozent wiedergewählt. Das war zu viel, um als Mißtrauensbeweis bewertet zu werden, aber zugleich zu wenig, um ein klares Signal für die Kanzlerkandidatur zu sein. Die eigentlichen Schlachten vor der Bundestagswahl kommen auf die CDU-Chefin aber erst noch zu.

Schon kurz nach dem Jahreswechsel werden die Politiker wieder in Wahlkampflaune kommen. Für Kanzler Gerhard Schröder geht es bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein im Februar und in Nordrhein-Westfalen im Mai nicht nur um den Erhalt der letzten beiden rot-grünen Bündnisse auf Länderebene, sondern auch darum, eine Zweidrittelmehrheit der Union im Bundesrat zu verhindern. Würden die CDU-Kandidaten Peter Harry Carstensen in Kiel und Jürgen Rüttgers in Düsseldorf Ministerpräsidenten, könnte die dann geballte Unionsmacht im Bundesrat die Arbeit der Bundesregierung komplett lahmlegen. Selbst den Bundesetat 2006 könnte die Koalition gegen einen Einspruch des Bundesrates mit Zweidrittelmehrheit nicht zurückweisen, weil sie dafür im Bundestag eine Zweidrittel-mehrheit benötigen würde.

Der Gewinn beider Landtagswahlen könnte der CDU-Chefin allerdings die Fäden für die Kanzlerkandidatur aus der Hand nehmen. In Berlin kursieren längst Spekulationen, daß die SPD versuchen würde, aus der Blockadefalle zu entkommen, indem sie der Union eine Große Koalition anbietet. Dies würde die Opposition vor eine Zerreißprobe stellen. Der Merkel-Flügel würde das Ansinnen strikt zurückzuweisen, weil die Chefin dann mit der Kanzlerkandidatur Probleme bekäme.

Ein großer Teil der Union macht sich jedoch für diesen Fall Hoffnungen auf Ämter: CSU-Chef Edmund Stoiber will nach Berlin, kann aber kaum noch damit rechnen, wieder Kanzlerkandidat zu werden. Der Fraktionsvize und Ex-CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble will noch etwas werden, Außenminister vielleicht. Seiner Nachfolgerin im Parteiamt soll er bescheinigt haben, in Düsseldorf eine schlechte Rede gehalten zu haben – ein Zeichen, wie schlecht das Verhältnis in der CDU-Spitze ist.

Auch Aussteiger wie Friedrich Merz und Horst Seehofer warten nur auf ein Signal, wieder an die Schalthebel der Macht kommen. Die gesamte Generation "50 plus" in der Unionsfraktion ist sich ziemlich sicher, daß sie 2006 wenige und 2010 keine Chancen mehr hat. Da würde der Lockruf der SPD nach einer Großen Koalition kaum auf taube Ohren stoßen. Hinzu kommt, daß Franz Müntefering, der bei dieser Konstellation vermutlich Kanzler werden würde, und Stoiber durch die gemeinsame Arbeit in der Föderalismuskommission ihr Verhältnis verbessert haben. Beide könnten schnell ein Regierungsprogramm auf stellen, um Deutschland vor dem weiteren Niedergang zu bewahren und die Wachstumskräfte wieder zu wecken. Es fällt auf, daß sich Müntefering und Stoiber in kleinem Kreis fast wortgleich negativ über die CDU-Chefin zu äußern pflegen. Beide trauen Merkel nicht zu, die Bundestagswahl 2006 zu gewinnen.

Das Szenario eines Doppelsieges der CDU bei den Landtagswahlen ist aber aus heutiger Sicht ziemlich unwahrscheinlich. Die demoskopischen Höhenflüge der Union zu Beginn des Jahres gründeten nicht in eigener Stärke, sondern in der Schwäche der SPD.

Die Ergebnisse der letzten Wahlen bestätigen den Sinkflug der Union bis runter auf blamable 19 Prozent in Brandenburg. Merkel und Stoiber haben sich zwar nach monatelangem Streit auf ein Gesundheitsmodell geeinigt, aber die Gesundheitsprämie löst kein einziges Problem des Gesundheitswesens. Die Ausgaben werden durch das Modell nicht begrenzt, und das Sinken der Zahl der Beitragszahler durch Abwanderung oder Wegfall von Arbeitsplätzen wird auch nicht verhindert. Da die meisten Bürger nicht verstehen, wie das Modell funktioniert, hat Merkel keinen Wahlkampfschlager in der Hand.

Die Spitzenkandidaten, die die CDU in die nächsten Wahlen schickt, sind nicht überzeugend. Carstensen hat bisher keinen Stich gegen die Kieler Ministerpräsidenten Heide Simonis machen können. Auch Rüttgers in Düsseldorf ist hinter den Ministerpräsidenten Peer Steinbrück zurückgefallen.

Die CDU-Teams in beiden Ländern bestehen aus Politikern, die selbst in ihren Ländern nicht besonders bekannt sind. Rüttgers mußte inzwischen auf den Sozialpolitiker Hermann-Josef Arentz verzichten. Arentz, der als Sozialminister in Düsseldorf vorgesehen war, stolperte über eine Finanzaffäre. Jetzt soll der Berliner Fraktionsvize Karl Josef Laumann in die Düsseldorfer Landespolitik wechseln, was Merkel wieder ein Problem bereitet: Sie muß für einen der profiliertesten Sozialpolitiker der Bundestagsfraktion einen Nachfolger finden.

Kommt das wahrscheinliche Szenario und gehen die Landtagswahlen verloren, dürfte auf Merkel eine Führungsdebatte zurollen. Ihre Gegner in der Partei fragen bereits heute hinter vorgehaltener Hand: Wie kann eine CDU-Chefin aus den neuen Ländern, die nicht einmal auf dem Gebiet der Ex-DDR einen Heimvorteil beim Wähler hat, genügend Stimmen in den alten Ländern holen? Für welche Politik steht Merkel eigentlich? Der Versuch der Parteichefin, sich besonders patriotisch zu geben, scheiterte erwartungsgemäß. Wenige Tage nach dem Düsseldorfer Parteitag versandete die großspurig eingeläutete Patriotismus-Debatte.

Die stärksten Gegner der CDU-Chefin sind neben Stoiber, der sie für eine Leichtmatrosin hält, die Ministerpräsidenten Roland Koch (Hessen) und Christian Wulff (Niedersachsen). Beide sind davon überzeugt, daß sie die CDU besser führen könnten, halten sich jedoch mit öffentlichen Äußerungen zurück. Die Parteichefin hat die stärksten Ministerpräsidenten gegen sich, und in der Fraktion schwindet der Rückhalt. Freunde hat sie nicht. Allein wird sie die Kanzlerschaft jedoch nicht erreichen, vielleicht nicht einmal die Kanzlerkandidatur.

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