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Fortgesetztes Unrecht

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Für Unrecht, das ihnen geschehen ist, haben Menschen und ganze Generationen ein Elefantengedächtnis. So kommt auch jenes Unrecht immer wieder auf den Tisch, das Kommunisten an deutschen Bürgern 1945 bis 1949 in der Sowjetischen Besatzungszone verübt haben und das der deutsche Staat seit der Wiedervereinigung von 1990 sogar fortsetzt. Vor allem letzteres ist von dem Buch der Politikwissenschaftlerin Constanze Paffrath mit dem Titel „Macht und Eigentum – Die Enteignungen 1945 bis 1949 im Prozeß der deutschen Wiedervereinigung“ (siehe JF 13/04: „Eine Lüge als Hypothek der Vereinigung“) wieder ins Rampenlicht befördert worden. Der Rechtsfrieden steht hier noch immer aus. Der Sachverhalt: Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl und die DDR-Regierung unter Ministerpräsident Lothar de Maiziere hatten in ihrer „Gemeinsamen Erklärung“ vom 15. Juni 1990 in deren Ziffer 1 festgestellt, diese Enteignungen seien nicht mehr rückgängig zu machen. Diese bloße Feststellung, später meist als Restitutionsausschluß bezeichnet, wurde dann aber als ein totales Rückgabeverbot für die enteigneten Vermögenswerte ausgegeben. Dieses Verbot hätten die Sowjetunion und die DDR-Volkskammer zur Bedingung dafür gemacht, daß sie der deutsch-deutschen Vereinigung zustimmten. Dies stellte sich schon bald als Täuschung heraus, die Paffrath später, nämlich 2003, detailliert belegte. Die Sowjetunion hat kein Rückgabeverbot verlangt Die wesentlichen Ergebnisse des Paffrath-Buches lauten: Die Sowjetunion hat ein Rückgabeverbot nachweislich an keinem Verhandlungstag und auf keiner Verhandlungsebene verlangt. Die maßgeblichen Vertreter der Bundesregierung haben die Öffentlichkeit und den Bundestag absichtlich und wider besseres Wissen getäuscht. Die Bundesregierung hat dies schon vor den offiziellen internationalen Verhandlungen selbst geplant. Sogar dann, wenn Sowjetunion und DDR das Rückgabeverbot als unabdingbar gefordert hätten, hätte die Bundesregierung dieser Forderung weder gemessen am Grundgesetz noch an vorausgegangenen höchstrichterlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechen dürfen. Ein wesentlicher Teil der Täuschungsstrategie bestand darin, das sowjetische Verlangen nach Indemnität, also für die Rechtswidrigkeiten in ihrer Besatzungszeit nicht belangt zu werden, als Verlangen nach einem „Restitutionsverbot“ zu verschleiern. Die DDR hatte zu keiner Zeit die politische Macht, in den deutsch-deutschen Verhandlungen eigene Forderungen durchzusetzen. Die Nichtrückgabe des 1945 bis 1949 entzogenen Eigentums stand für maßgebliche Vertreter der Bundesrepublik bereits im März 1990 vor der ersten frei gewählten DDR-Regierung fest. Die Gründe, die die Bundesregierung dem Bundestag dargelegt hat, um seine Zustimmung zu den von ihr vorgeblich ausgehandelten Eigentumsregelungen zu erreichen, entsprachen nicht der Wahrheit. Nur durch die Täuschung des Parlaments gelang es der Bundesregierung, neben dem Einigungs- und dem Zwei-plus-Vier-Vertrag einen verfassungsändernden Beschluß herbeizuführen, den sie ohne Täuschung nie hätte erreichen können. Dieser Befund ist jüngst (am 11. und 12. November) Anlaß für ein rechtswissenschaftliches Symposium in Köln gewesen, ausgerichtet vom Institut für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht sowie vom Institut für Ostrecht mit ihren Leitern, den Professoren Bernhard Kempen und Angelika Nußberger, beide von der Universität Köln. Die knapp hundert Teilnehmer waren zumeist Rechtswissenschaftler. Aber auch Rechtsanwälte und Opfer der Enteignungen hatten sich eingefunden. Thema des Symposiums: Eine juristische Neubewertung der Bodenreform von 1945 bis 1949. Eine solche Neubewertung nahm vor allem Kempen selbst vor, und zwar aus verfassungsrechtlicher Sicht. Er bezeichnete jene Erklärung, die Enteignungen seien nicht mehr rückgängig zu machen, diesem Wortlaut nach zumindest als „deutungsoffen“. Der Wortlaut lasse sich als bloße Feststellung verstehen (lassen sich nicht rückgängig machen) oder als Vorschrift (dürfen nicht rückgängig gemacht werden), also als deklaratorische oder normative Äußerung. Er selbst hält die Erklärung zwar für nur deklaratorisch, gründet seine Neubewertung aber darauf, wie Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht sie in ihren bisherigen Entscheidungen gedeutet haben: als normativ und daher als Verbot. Weil sie das aber täten und weil die Paffrath-Arbeit nun klarstelle, ein solches Verbot von Sowjetunion und DDR habe es nie gegeben, entfalle der sachgerechte Grund für die Ungleichbehandlung der Geschädigten vor und der nach 1949. Denn dieses Verbot hätten die beiden höchsten Gerichte ihren Entscheidungen bislang zugrundegelegt. Mit der Paffrath-Arbeit liege eine neue Sachverhaltslage vor, die ein Beharren auf dem bisherigen Stand nicht möglich mache. Deswegen hält Kempen eine Neubewertung für geboten. Hierzu liegt von ihm auch ein Rechtsgutachten mit 133 Seiten vom Februar 2004 vor. Möglich sei eine Korrektur entweder in Form eines Normenkontrollverfahren oder in Form eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens. Auch könne das Bundesverfassungsgericht selbst die Erkenntnisse der Paffrath-Arbeit zum Anlaß nehmen, die Altverfahren wieder aufzugreifen, auch wenn es so etwas bisher noch nicht praktiziert habe. Würde dann die bisherige Regelung als verfassungswidrig festgestellt, wäre der Gesetzgeber verpflichtet, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die neue Regelung müsse dann in Charakter und Substanz auf faktische Rückgabe gerichtet sein. Aber auch ohne gerichtlichen Anstoß sei der Gesetzgeber aufgerufen, einer neuen Lösung der Rückgabefrage näherzutreten. Dabei könne man den Grundsatz der Rückgabe auch durch ein Regulativ einer „Vermögensabgabe“ ausgestalten oder sich an der für die Mauergrundstücke entwickelten Lösung orientieren. Eine andere Neubewertung der Rechtslage wurde in Köln nur kurz angesprochen und – mit dem Hinweis auf das andere Verständnis durch die höchsten Gerichte – nicht weiter verfolgt; sie sei ein Glasperlenspiel. Nach dieser anderen Bewertung der Rechtslage sind die gesetzlichen Regelungen durchaus in Ordnung, werden jedoch von Behörden, Ämtern und Gerichten falsch angewendet. Zuvor hatte Paffrath die Ergebnisse ihrer Untersuchung noch einmal kurz zusammengefaßt, stieß aber auch auf Widerstand. Besonders heftig äußerte sich Hanss Jürgen Küsters vom Bundesarchiv, Leiter der Editionsgruppe „Dokumente zur Deutschlandpolitik“: „Ich bewunderte die Chuzpe, mit der Sie die Dinge in den Raum stellen.“ Noch seien doch bei weitem nicht alle Quellen auf dem Markt. Paffrath müsse daher sehr viel vorsichtiger in ihrem Urteil sein. Er endete mit dem Verdikt: „Ihre Arbeit ist ein politisches Pamphlet.“ Bedenken gegen die Paffrath-Arbeit, als Dissertation mit der Bestnote „summa cum laude“ beurteilt, trug auch Joachim Lege vor, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Greifswald – im Ton verbindlich, in der Sache aber nicht minder entschieden als Küsters. Zwar gesteht er zu, eine Bedingung wie das Rückgabeverbot sei bei den Verhandlungen zur deutschen Einheit niemals ausdrücklich genannt worden. Doch habe sie als eine Art Geschäftsgrundlage im Raum gestanden. Daß es jene Bedingung nicht gegeben haben soll, hält er daher für unbewiesen. Ebenso wendet er sich gegen die Paffrath-These, die Bundesregierung habe arglistig gehandelt und das Rückgabeverbot erfunden, um mit dem Verkauf der ihr zugefallenen enteigneten Vermögenswerte die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren. Frau Paffrath stelle nur rhetorische Fragen, doch die seien Hypothesen, seien Spekulation und keine Beweise. Alles in allem nannte Lege ihre Einschätzungen fehlerhaft. Beiden widersprach unter anderem der Rechtsanwalt Albrecht Wendenburg, der Opfer der sowjetischen Besatzungszeit vor Gerichten vertritt: Was Lege Frau Paffrath vorwerfe, sei unglaublich. Nicht mehr Frau Paffrath und die Opfer hätten die Beweislast für die Täuschung der Bundesregierung, denn sie hätten die Beweise erdrückend geliefert. Damit habe sich die Beweislast umgekehrt. Nun müsse die staatliche Seite beweisen, daß und warum das Rückgabeverbot zur Bedingung für die deutsche Einheit doch gemacht worden sei und die damalige Bundesregierung keine Täuschung begangen habe. Angesichts solcher Wahrnehmungsunterschiede folgten die Zuhörer einem Teilnehmer mit besonders gespannter Aufmerksamkeit: Günther Krause, der 1990 als Parlamentarischer Staatssekretär für die DDR die Bestimmungen zur deutschen Wiedervereinigung ausgehandelt hat. Um Zweifel an seiner Kompetenz von der Kenntnis des damaligen Geschehens gar nicht erst aufkommen zu lassen, betonte er: „Ich habe fünf Verhandlungsdelegationen geleitet, darunter die für Vermögensfragen“, de Maiziere sei nur bei einer einzigen Verhandlung anwesend gewesen. „Die habe grundsätzlich ich als Verhandlungsführer machen müssen.“ Er habe fünfzehn Themenkreise verhandelt und zum Erfolg geführt. Provisorische Natur des Besatzungsrechts verkannt Die Gemeinsame Erklärung vom 15. Juni 1990 mit ihrer Ziffer 1 hat nach Krauses Darstellung die Vermögensfragen um die sogenannte Bodenreform offenhalten sollen. „Ich habe nie verstanden, warum Juristen etwas bewerten können, was in der Umgebung, wo es stattgefunden hat, eigentlich ganz anders stattgefunden hat.“ Damit bestätigte er, daß die Formulierung „… sind nicht mehr rückgängig zu machen“ feststellenden Charakter hat. Daß die 400.000 Vertriebenen („Umsiedler“) aus den von Russen und Polen besetzten deutschen Ostgebieten sowie die zuvor landlosen „Neubauern“ das an sie verteilte Bodenreformland auch nach der deutschen Einheit behalten sollten, habe sogar Michail Gorbatschow selbst gewollt. Doch habe ihnen der gesamtdeutsche Staat das Land dann weggenommen; die Bundesregierung habe es den fünf neuen Bundesländern versprochen, damit sie es verkaufen könnten. Der Professor für Völkerrecht Theodor Schweisfurth erläuterte die völkerrechtliche Beurteilung von Konfiskationen. Die Beschlagnahmung des Vermögens der politisch Verfolgten während der sowjetischen Besatzungszeit seien konfiskationsuntauglich gewesen; entzogen worden sei nur der Besitz, nicht das Eigentum. Um den Artikel 46 Absatz 2 der Haager Landkriegsordnung sei das Bundesverfassungsgericht wie die Katze um den heißen Brei herumgelaufen. Es habe die provisorische Natur von Besatzungsmaßnahmen verkannt. Nach dem Ende einer Besatzungszeit könne der zurückgekehrte Souverän kraft seiner Hoheitsmacht mit Besatzungsmaßnahmen verfahren, wie er wolle, außer, es sei vertraglich anders geregelt. Für die Vermögensfragen gebe es mit der Sowjetunion eine solche Regelung aber nicht. Auch sei mit einer Rückgabe kein Unrechtsvorwurf gegenüber der Sowjetunion verbunden. Hebe der zurückgekehrte Souverän eine Besatzungsmaßnahme auf, müsse er die Aufhebung nicht begründen, also auch nicht damit, sie sei rechtswidrig gewesen. Ohnehin sei die Sowjetunion untergegangen, und Rußland als Nachfolgestaat hätte eine Rückgabe gar nicht unterbinden können, weil es dafür (im Zwei-plus-Vier-Vertrag) keine rechtliche Grundlage gebe. Über den Eigentumsschutz in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sprach der Professor für Völkerrecht Eckart Klein von der Universität Potsdam. Doch wollte er sich nicht zu jenen Verfahren äußern, die Enteignungsopfer dort gegen Deutschland führen, sondern nur zur grundsätzlichen Haltung des Gerichts in Eigentumsfragen. Dem Gerichtshof sei es gelungen, das Eigentumsrecht fest zu verankern und zu schützen. Er habe den Eigentumsbegriff weit gefaßt – bis hin zur berechtigten Erwartung, in verlorenes Eigentum wieder eingesetzt zu werden. Ob ein Eingriff ins Eigentum oder ein Eigentumsentzug rechtmäßig sei, prüfe das Gericht nach drei Merkmalen: 1. Beruht der Eingriff auf einer gesetzlichen Grundlage? 2. Bestand für den Eingriff ein legitimes öffentliches Interesse, ausgerichtet am Gemeinwohl und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit? 3. Wurde der Eingriff angemessen entschädigt? Nach seiner bisherigen Rechtsprechung habe es das Gericht nicht akzeptiert, wenn die Verhältnismäßigkeit und die angemessene Entschädigung mißachtet worden seien. Dann erkenne es auf Wiedergutmachung, und das Urteil sei vom betreffenden Staat zu befolgen. Klein stellte auch fest, das Gericht habe den Eigentumsschutz bisher umsichtig angewendet. In der abschließenden Diskussion bot Günther Krause an, Zeitzeugen für den tatsächlichen Sachverhalt zu benennen – sowohl aus der DDR-Volkskammer als auch aus den bundesdeutschen Fraktionen, „damit den der Rechtsprechung zugrunde liegenden falschen Interpretationen der Gemeinsamen Erklärung endlich die Wirklichkeit zugrunde gelegt wird“. Er will es einfach nicht hinnehmen, daß sich nicht auch das Bundesverfassungsgericht einmal irren kann. „Es muß normal sein, daß in einer demokratischen Gesellschaft Irrtum möglich ist. Denn wenn das nicht mehr möglich ist, sind wir wieder bei Politbüro-Allüren, wo die Kinder stets singen mußten Die Partei hat immer recht.“ Krause ärgerte sich auch über „eine der historischen Unwahrheiten, die sich nach wie vor hält“. Das sei die Frage, wer den Einigungsvertrag entworfen habe. Er sagte: „Den einen oder anderen von Ihnen wird es überraschen, wenn ich Ihnen heute mitteilen muß: Der Einigungsvertrag stammt aus meiner Feder.“ Und er wies darauf hin, daß dies in Wolfgang Schäubles Buch „Der Vertrag – Wie ich die deutsche Einheit verhandelte“ nicht vorkommt – was er offensichtlich für nicht redlich hält. Lege nahm sich heraus, „Fragezeichen“ hinter Krauses Erinnerungsvermögen zu setzen. Er meinte, die Gemeinsame Erklärung solle „die akribische Aufrechnung des Unrechts ausschließen“. Ferner sagte er, es gebe auch woanders viele Opfer und schreiendes Unrecht. Alles Unrecht müsse zusammen betrachtet und ausgeglichen werden. Die Enteignungsopfer der sowjetischen Besatzungszeit seien in den Regelungen gerecht behandelt worden. Das ihnen widerfahrene Unrecht gehöre zu den Kriegsfolgen und zum Kriegsfolgenrecht und sei kein Fall für die Folgen des DDR-Konkurses. Die Vertreibungen Deutscher aus Hinterpommern (heute Polen) und aus dem Sudetenland (heute Tschechien) blieben doch ebenfalls ungesühnt. Lege wendete sich dagegen, „daß es sich lohnt, Opfermentalität hochzuhalten und sein Recht partikular zu vertreten“. Er ist daher gegen eine rechtliche Neubewertung. Kempen hatte Lege schon zuvor vorgeworfen: Wenn man Unrecht, das bei den einen Opfern wiedergutzumachen möglich sei, deswegen nicht wiedergutmache, weil Wiedergutmachung von Unrecht an anderen Opfern nicht mehr möglich sei, „dann haben wir den Rechtsstaat hinter uns gelassen“. Er verwies auf den Rechtsgrundsatz, wonach es rechtswidrig ist, Gleichheit im Unrecht herzustellen. „Wir brauchen Gleichheit im Recht,“ sagte Kempen. Und der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Kiel, Edzard Schmidt-Jortzig, bekräftigte: „Es gibt keine Gleichbehandlung im Unrecht. Das läßt sich mit Rechtsstaatsgrundsätzen nicht vereinbaren.“ Natürlich gebe es viele Fallgruppen Geschädigter. Aber die Fälle politischer Verfolgung in der SBZ-Zeit seien keine Entschädigungsfälle, sondern Wiedergutmachungsfälle mit der Rückgabe dessen, was sich noch in Staatshand befinde. Keine Rückgabe von Vermögen in Staatshand Schmidt-Jortzig, 1996 bis 1998 Bundesjustizminister, teilte auch die übrigen Äußerungen von Lege nicht: „In der Gemeinsamen Erklärung steht nichts von einem Restitutionsverbot, im Gegenteil. Nirgends steht, daß nichts zurückgegeben werden darf.“ Ferner erläuterte er den Begriff „Ausgleichsleistungen“. Der sie betreffende Satz in der Gemeinsamen Erklärung lautet, eine abschließende Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen müsse einem künftigen gesamtdeutschen Parlament vorbehalten bleiben. Schäuble stellt den Begriff in seinem Buch „Der Vertrag“ als eine geringere Leistung im Vergleich zur Entschädigung dar. Das ist nach Ansicht von Schmidt-Jortzig falsch; staatsrechtlich seien Ausgleichsleistungen der Oberbegriff und mehr als Entschädigungen, sie schlössen auch die Rückgabe ein. Ebenso hat ihn auch Krause damals verstanden. Im übrigen habe nicht Schäuble den Begriff ins Spiel gebracht, sondern der damalige beamtete Staatssekretär im Ministerium für innerdeutsche Angelegenheiten Walter Prießnitz. Eine Frage von „Alteigentümer“ Udo Madaus an Kempen und Lege „Hat das Bundesverfassungsgericht die Rückgabe ausgeschlossen?“ beantworteten beide einhellig und knapp mit „Nein.“ Teilnehmer Friedrich Carl Janssen fühlte sich vom staatlichen Unrecht „nicht nur als Alteigentümer betroffen, sondern mehr noch als deutscher Staatsbürger“. Er forderte die anwesenden Rechtsprofessoren auf, das Thema auf ihren Lehrstühlen zu behandeln und es in die Öffentlichkeit zu tragen, „damit es nicht untergeht und damit aufgeklärt wird“. Die sogenannten Alteigentümer sind in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone als Angehörige der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht von kommunistischen Kräften politisch verfolgt worden. Diese Verfolgung war kommunistischer Klassenkampf und bestand auch im totalen Vermögensentzug. Die Rückgabe dieses Vermögens, soweit noch in Staatshand, wird den Opfern auch seit der deutschen Wiedervereinigung gleichwohl verweigert. Ihre Klagen dagegen haben deutsche Gerichte bisher abschlägig beschieden, wenn auch in jüngerer Zeit, beschränkt aber auf ausgesuchte Fälle, etliche gerichtliche Erfolge errungen worden sind. Die zurückgewiesenen Opfer klagen derweilen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Solange sich der deutsche Staat der Wiedergutmachung durch Rückgabe, wo sie noch möglich ist, verweigert oder anderenfalls den Bereicherungserlös nicht herausgibt, wird es Rechtsfrieden nicht geben.

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