Seit langem gibt es einen kleinen Kreis ausländischer Hauptstädte, in denen deutsche Politiker ihre Aufwartung machen, wenn sie Kanzler werden oder bleiben wollen. Gehört dazu jetzt auch Ankara? Angela Merkel jedenfalls schaffte im Februar das Kunststück, sich am Bosporus eine Abfuhr zu holen, ohne daß sie den EU-Beitritt der Türkei eindeutig ausgeschlossen hätte. Sie hat die sogenannten internationalen Verpflichtungen Deutschlands offenbar zutiefst verinnerlicht. Sie meidet das große Tabuthema der deutschen Politik. Sie verdrängt die Tatsache, daß jedes Mehr an Internationalismus auf Kosten des Sozialstaates geht. Das gilt bereits für die EU-Osterweiterung, gegen die als solche nichts einzuwenden ist. Sowohl CDU als auch SPD haben sich auf die neue EU-Verfassung und die darin postulierte Sozialunion festgelegt. Danach hätten alle EU-Bürger künftig denselben Anspruch auf Sozialleistungen wie die Einheimischen. Da aber die deutsche Sozialhilfe das Drei- bis Sechsfache der Nettolöhne osteuropäischer Industriearbeiter ausmacht, kann man sich leicht ausrechnen, was auf uns zukommt: Neue Zuwanderer werden vom Magnet des deutschen Sozialstaates angezogen, die öffentlichen Kassen werden zunehmend belastet, die Löhne sinken, und am Ende fällt der soziale Ausgleich in Deutschland der europäischen Umverteilung zum Opfer. Frau Merkel möge doch bitte öffentlich von der Regierung Auskunft darüber verlangen, wie die Einwanderung von zusätzlichen fünf Millionen Türken nach Deutschland und jährliche EU-Subventionen an die Türkei in Höhe von geschätzten 20 Milliarden Euro finanziert werden sollen. In dem vorzüglichen Buch von Hans-Werner Sinn („Ist Deutschland noch zu retten?“) kann man nachlesen, daß sich die Deutschen schon jetzt eine fünfköpfige Zuwandererfamilie per saldo knapp 120.000 Euro im Verlauf von zehn Jahren kosten lassen. Und das sind Peanuts im Vergleich zu einer künftigen, türkisch dominierten multikulturellen Gesellschaft. Wenn Schröder und die SPD die Türkei ins Boot holen, beerdigen sie den deutschen Sozialstaat. Sie verraten ihre Wähler, die Arbeiter, den kleinen Mann. Sie opfern den sozialen Frieden einem internationalistischen Konzept. Darüber jetzt und nicht etwa nachher offen zu diskutieren und alles schonungslos durchzurechnen, hält Schröder für „alarmierend“ und Merkel für „populistisch“. Schade, daß in Deutschland keine Partei im Angebot ist, die sich als Alternative, nicht als Echo versteht. Bleibt nur die Hoffnung auf Rettung aus den bayerischen Bergen. Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.