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Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister und SPD-Landesvorsitzender Till Backhaus geriet in den letzten Wochen unter heftige Kritik. Jetzt muß der 44jährige vor dem Finanzamt und Parlament Rechenschaft ablegen wegen verschwiegener Vergünstigungen und fragwürdiger Doktorehren. Die rot-rote Koalition an der Ostsee ist damit um eine weitere Affäre reicher. Als Backhaus, Ziehsohn von Ministerpräsident Harald Ringstorff und insgeheim bereits als dessen Nachfolger gehandelt, 1999 kurz nach der Landtagswahl in Schwierigkeiten geriet, stand ihm einer der reichsten Mäzene des Landes zur Seite. Etwa 30.000 Mark steckte der Saatguthändler und Millionär Friedrich Harms, ein „väterlicher Freund“ des Landwirtschaftsministers, in ein aufwendiges Gutachten, welches die Rechtmäßigkeit seiner Wahl belegen sollte. Grund für den Zweifel war ein Streit um den Wohnsitz des Politikers. Dieser hatte sich zwar als Direktkandidat für den Wahlkreis Ludwigslust I aufstellen lassen und Boizenburg als Domizil angegeben, ein Bürgerverein hatte dies jedoch angefochten, da man den Ex-LPGler an selbigem Ort eigentlich nie antraf. Tatsächlich hatte Backhaus nämlich im benachbarten Neuhaus, also in Niedersachsen, gelebt. Um sein Mandat nicht zu verlieren, gab der Politiker sogleich ein Gutachten bei der Schweriner Anwaltskanzlei Schöwe in Auftrag. Harms, den Backhaus bei einer Veranstaltung der Universität Rostock kennengelernt hatte, war um die Karriere des Mandatträgers besorgt und wollte durch ein zusätzliches Gutachten, das er über eine Münchner Rechtsanwaltskanzlei vom Bonner Professor für Öffentliches Recht Fritz Ossenbühl anfertigen ließ, dem SPD-Nachwuchs zu Hilfe eilen. Diese Expertise kostete besagte 30.000 Mark und hätte laut Geschäftsordnung des Landtages ordnungsgemäß angegeben werden müssen. Backhaus verschwieg diese indirekte Zuwendung damals und beteuert nun seine Unschuld. Er habe auf die Erstellung des zweiten Gutachtens gar keinen Einfluß gehabt, und beim Verfahren sei allein das Schweriner Papier zur Anwendung gelangt. Außerdem habe er damals befürchtet, Harms könnte eine Zurückweisung als Beleidigung verstehen, und ihn daher gewähren lassen. Für den 86jährigen Harms erscheint die Geschichte in einem gänzlich anderen Licht. Von einer generellen Skepsis seines Schützlings hatte der Mäzen nichts bemerkt. „Im Gegenteil, Backhaus setzte große Hoffnungen in das Gutachten, denn er hatte Sorge, sein Mandat zu verlieren“. Diese Sicht der Geschehnisse belegen auch die Akten. So unterzeichnete Backhaus noch 1999 eine Prozeßvollmacht für die Münchner Rechtsanwaltskanzlei. Ein Jurist der Landesregierung sorgte dafür, daß Backhaus im Schriftverkehr nur noch als Anonymus auftauchte. „Backhaus muß die Karten auf den Tisch legen“, fordert inzwischen auch Oppositionsführer Eckhardt Rehberg (CDU), der bezweifelt, daß „Herr Harms ein so teures Gutachten nur für Sonne, Wind und Meer“ erstellen ließ. Da Harms mittlerweile selber große Zweifel an der Person Backhaus hegt, wandte er sich nun an die Öffentlichkeit. Stein des Anstoßes war für ihn der überraschende Doktorgrad, den Backhaus während seiner Tätigkeit als Minister für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei „nebenbei“ an der Humboldt-Universität Berlin erworben haben will. Als der Mäzen aber herausfand, daß der Doktorvater des Diplom-Agraringenieurs Backhaus als Berater des Ministeriums fast 14.000 Euro erhalten hatte, konnte der SPD-nahe Harms sich nicht länger in Zurückhaltung üben: „Ein Politiker muß Vorbild sein (…) Wenn ich überlege, was junge Menschen an Entbehrungen auf sich nehmen, um einen Doktortitel zu erwerben, ist Backhaus als Minister nicht länger tragbar.“ Die Rechtsanwälte Harms‘ argumentieren, daß der Minister entweder der Dissertation zuliebe sein Amt sträflich vernachlässigt haben muß oder die Dissertation nicht selbst schrieb. In beiden Fällen könnte er nicht länger das Ministeramt versehen. Für erstere Annahme spricht zumindest die zweifelhafte Qualität der Doktorarbeit. Die 160seitige Dissertation über „Betrachtungen zur Getreideproduktion in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1900 und 2000“ wurde nämlich inzwischen vom Göttinger Professor Wilhelm Römer begutachtet, nach dessen Meinung sie wissenschaftlichen Ansprüchen nicht standhält. Backhaus nenne oft keine Quellen, und seine Tabellen seien allesamt abgeschrieben. „Die Literaturliste weist so viele Mängel auf, daß wir sie nicht einmal von einem Diplomstudenten akzeptieren würden.“ Vermutlich hatte Backhaus mit weniger Wirbel um seine persönliche Weiterbildungsmaßnahme gerechnet. Selbst Ministerpräsident Ringstorff wurde erst am Tag der Prüfung über den Zeitvertreib seines Ministers in Kenntnis gesetzt. Das Tüpfelchen auf dem „i“ setzt jedoch der emeritierte Agrarwissenschaftler Norbert Makowski, bei dem Backhaus seine Prüfungen mit „Summa cum laude“ ablegte. Dieser erhielt im selben Zeitraum von der Landwirtschaftlichen Beratungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern/Schleswig Holstein (LMS) zwei Beraterverträge für umgerechnet 13.500 Euro zugewiesen. Die genehmigungspflichtigen Anträge wurden von Backhaus‘ Getreuem Gerhard Rudolphi unterschrieben. Dem Minister zufolge sind das alles Zufälle. Er hatte die Humboldt-Universität angeblich gerade deshalb der Rostocker vorgezogen, um möglichen Mauschelei-Vorwürfen zuvorzukommen. Fotos: Till Backhaus blickt nicht durch: Volkstümliche Tragikkomödie mit ungewissem Ausgang

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