Etwa 150 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen (1945-1950) e.V. sowie der größten Opferverbände der kommunistischen Diktatur in Deutschland, Bund der Stalinistisch Verfolgten (BSV) und Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), gedachten vergangenen Samstag der Opfer des sowjetischen Speziallagers in dem am Rande von Oranienburg gelegenen Stadtteil. Mit Kranzniederlegungen sowie Ansprachen eines evangelischen und eines katholischen Pfarrers am Gedenkstein innerhalb des Lagers sowie an einem sich nördlich befindlichen Gräberfeld wurde an die nach russischen Angaben etwa 12.000, nach deutschen Schätzungen mindestens 20.000 Todesopfer des Lagers erinnert. An den Gedenkveranstaltungen nahm auch der ehemalige sächsische Staatsminister und heutige CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz teil. Vaatz betonte in seiner Rede, in der er die heute populäre Forderung nach „Vergebung“ der damaligen Schuld durch die Opfer aufgriff, daß ein solcher Schritt zunächst die detaillierte Aufarbeitung des Geschehens und eine rückhaltlose Bereitschaft zum Erinnern voraussetze. Solange diese Faktoren nicht gegeben seien, sei ein nachhaltiger Versöhnungsprozeß nicht möglich. Zudem versprach Vaatz, sich mit größtem Engagement für die Durchsetzung der Forderung der Opferverbände für eine Ehrenpension einzusetzen, die gerade die sozial schwächsten Opfer an ihrem Lebensabend der größten materiellen Sorgen entheben würde. Auf der anschließenden Jahresversammlung der Arbeitsgemeinschaft, die in den Räumen des Oranienburger Landratsamtes stattfand, stand eine Aussprache über die zu geringen Mitbestimmungsrechte des Opferverbandes im Rahmen der Gedenkstätte Sachsenhausen im Mittelpunkt. Nach Meinung der Vorsitzenden des Verbandes, Gisela Gneist, werden die Opfer des sowjetischen Speziallagers oft nicht nur in den Stand von Opfern zweiter, sondern sogar vierter Klasse versetzt, wie sich auch aus einem aktuellen Aufsatz des Gedenkstättenleiters Günter Morsch ergebe. Schon daher seien die Möglichkeiten der Arbeitsgemeinschaft, im Sinne der Mitglieder eine erfolgreiche Interessenvertretung zu betreiben, äußerst begrenzt. Ein aktuelles Beispiel für die bestehenden Konflikte sei das Konzept der Gedenkstättenleitung, eine Gedenkmauer zu errichten. Grundsätzliche hätte der Opferverband gegenüber einer solchen Lösung sein Einverständnis bekundet, allerdings unter der Bedingung, dem Verband zu gestatten, dort eine Gedenktafel nach eigener Vorstellung anzubringen. Dies werde jedoch strikt abgelehnt. Ein ähnliches Verhalten zeige die Gedenkstättenleitung hinsichtlich der Gestaltung des vor zwei Jahren eröffneten Speziallagermuseums. Obwohl bereits damals moniert wurde, daß mit der großflächigen Präsentation der Uniform des Lagerkommandanten eine Person, die bei den meisten ehemaligen Häftlingen höchst schmerzliche Erinnerungen auslöse, zu stark in den Vordergrund gerückt werde, habe die Leitung des Museums Sachsenhausen bis heute keine Konsequenzen gezogen. Als eine zentrale Ursache der bestehenden Gegensätze wurde darauf hingewiesen, daß im Gedenkstättenbeirat II (der Interessenvertretung der Opfer), nur Einzelpersonen, jedoch kein einziger von den Verbänden legitimierter Vertreter sitze.