Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement (SPD), gerät immer mehr unter Druck. Von Sitzung zu Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufdeckung von Filz und Korruption in Nordrhein-Westfalen wird der Verdacht immer größer, daß Clement während seiner Amtszeit als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident nach Gutsherrenart vorgegangen ist und persönliche Freunde oftmals lukrative Aufträge erhielten.
Der Untersuchungsausschuß soll dabei unter anderem eine mögliche Vetternwirtschaft beim Umzug der Staatskanzlei in das Düsseldorfer Stadttor prüfen. CDU und FDP werfen Clement vor, den Hamburger Werbefachmann Christian Langer nach seiner angeblich unentgeltlichen Hilfe beim Umzug später bei lukrativen Auftragsvergaben bevorzugt zu haben. Besonders brisant ist, daß die beiden seit ihrer Zusammenarbeit bei der Hamburger Morgenpost "Spezis" sind. Während Clement danach in die Politik ging und eine Superkarriere hinlegte, gründete Langer die Werbeagentur Nowenta, die über Jahre hinweg Aufträge von staatlichen NRW-Landesgesellschaften erhalten hat.
So etwa 1997. Nachdem Clement als Landeswirtschaftsminister gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GfW) geworden war, erhielt Langer sofort seinen ersten Auftrag. Nach dem ZDF-Magazin Frontal21 vorliegenden Rechnungen soll Nowenta zwischen 1997 und 2002 insgesamt 8,5 Millionen Euro von der GfW erhalten haben. Und selbst der Landesrechnungshof kritisierte, daß die Auftragsvergabe in einem gewichtigen Fall seitens der GfW ohne die vorgeschriebene Ausschreibung erfolgte. Dies "verstößt gegen Vergabevorschriften und ist daher unzulässig", wie die Prüfer feststellten.
Doch Nowenta hat auch Aufträge in zweistelliger Millionenhöhe von einer anderen Landesgesellschaft, der Projekt Ruhr GmbH, bekommen. Und auch diese Aufträge sind, so Frontal21 weiter, "offenbar systematisch unter Umgehung des Vergaberechts an die Agentur Nowenta" vergeben worden. Sowohl Clement als auch Langer weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe kategorisch zurück.
Andererseits mußte der SPD-Politiker aber zugeben, Langer beim Umzug der Staatskanzlei ins Düsseldorfer Stadttor gebeten zu haben, als Strohmann aufzutreten, um so die Gefahr überteuerter Mieten zu umgehen. Und dieser will Clement diesen "Freundschaftsdienst auch ganz ohne jegliche Bezahlung" erwiesen haben. Seltsam ist nur, daß Langer wenig später einen üppig bezahlten Auftrag bekam und ein kräftiges Honorar der Stadttorarchitekten erhielt. Doch nach Angaben Langers sei dieses für ein ganz anderes Geschäft erfolgt.
Zu einem Eklat und einer Unterbrechung der Arbeit des Untersuchungsausschusses kam es jüngst, als der Vermieter des Düsseldorfer Stadttores, Peter Michael Engel, auf ein Schreiben verwies, in dem Clements damaliger Büroleiter Michael Krüger-Charlé bestätigte, daß Langer das "Mandat und Vertrauen" der Staatskanzlei für die Mietverhandlungen genieße. Obwohl die Staatskanzlei vorher eine "Vollständigkeitserklärung" für die dem Ausschuß überlassenen Akten übergab, fehlte ausgerechnet dieses Schreiben.
Krüger-Charlé übernahm in seiner Aussage hierfür die volle Verantwortung. Dieser Brief sei nur eine "Momentaufnahme" gewesen, die er dann "vermutlich" in seine Handakte getan habe. Diese sei nach dem Umzug im Frühjahr 1999 vernichtet worden. Konkret könne er sich daran aber nicht mehr erinnern. Genausowenig, ob er den Brief Clement vorgelegt habe, was aber "unwahrscheinlich" sei. Auch ansonsten antwortete der während seiner Amtszeit als äußerst gewieft und kompetent geltende Krüger-Charlé stereotyp auf jede Frage, er könne sich nicht mehr erinnern.
CDU und FDP bezeichneten Clements früheren Büroleiter dann auch als "Bauernopfer". Nach Ansicht von FDP-Obmann Karl Peter Brendel habe Krüger-Charlé "entweder bewußt vertuscht, oder er ist massiv unter Druck gesetzt worden".
Die Sozialdemokraten warfen den Oppositionsparteien dagegen vor, aus einem einzigen fehlenden Schreiben einen Skandal zu konstruieren. Vielmehr gebe der Brief nur einen Zwischenstand wieder. "14 Tage später hatte er überhaupt keine Bedeutung mehr", wie SPD-Obmann Gerd Bollermann betonte.
Von Langer selber ist keine Hilfe bei der Aufklärung des Falles zu erwarten. Gegenüber Frontal21 wies der Hamburger Werbefachmann zwar alle Vorwürfe zurück. Vor dem Ausschuß, vom dem er bislang noch nicht befragt wurde, wolle Langer aber von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, um sich nicht der Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen auszusetzen, ließ sein Anwalt verlauten.
Besonders interessant dürfte der 26. Januar 2004 werden, denn dann muß Clement vor dem Ausschuß aussagen. Schon am 5. Dezember muß sich der frühere Leiter von Wolfgang Clements Staatskanzlei und jetzige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Georg Wilhelm Adamowitsch, der Befragung stellen.
Man darf gespannt sein, ob dieser Untersuchungsausschuß zu einer weiteren der inzwischen vielen Niederlagen Clements führen wird.