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Krisensicheres Marschgepäck

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Es riecht nach Krise. Überall. Kaum eine politische oder kulturelle Autorität verweist heute nicht mit erhobenem Zeigefinger auf die momentan desolate Verfassung von Volk und Staat. An allen Ecken und Enden bröckelt es, Berufene und solche, die sich berufen fühlen, präsentieren allerlei Lösungswege. Fast immer handelt es sich hierbei um Eintagsfliegen. Mit großem „Trara“ machte da beispielsweise vor einiger Zeit der „Bürgerkonvent“ des Bonner Professors Meinhard Miegel mobil. Trotz seiner pathetischen und millionenteuren Werbespots ist er heute, nur wenige Wochen danach, nicht mehr medial präsent. Auch Arnulf Barings berühmt-berüchtigter „Barrikadensturm“ vom November letzten Jahres interessiert heute keinen Journalisten mehr, geschweige denn Politiker. Beide Ansätze haben gemein, daß bei ihnen der Rückgriff auf die deutsche Geschichte nur rein rhetorisch geschieht. Der „Bürgerkonvent“ instrumentalisiert in seinen Werbefilmen deutsche Trümmerfrauen und Hochwasserhelfer für sein wirtschaftsliberales Programm, der West-Berliner Baring beruft sich in seinem Aufsatz auf die Leipziger Montagsdemos. Klaus Hornung, ehemaliger Politikprofessor an der Universität Stuttgart-Hohenheim und Präsident des CDU-nahen Studienzentrums Weikersheim, zeigt in seinem Buch „Wege aus den Sackgassen“ vor allem eines auf: Ohne die ernsthafte Besinnung auf vergangene Krisen und deren Überwindung ist ein Geraderücken unserer aktuellen geistig-kulturellen Schieflage nicht möglich. Geschichtsverlust und Geschichtsverzicht, so Hornung, enthüllten den wahren Charakter der von der geistig-kulturellen Krise geplagten Gegenwart. Und so widmet sich der Autor im ersten Teil der „Wege aus den Sackgassen“ den „Kräften und Bausteinen der Geschichte“. Angefangen vom preußischen Reformer Gerhard von Scharnhorst – der Autor veröffentlichte bereits eine vielbeachtete politische Biographie -, über den nationalliberalen Gelehrten und Mitglied der Nationalversammlung von 1848, Gustav Droysen, den Franzosen und frühen Kritiker der amerikanischen Demokratie, Alexis de Tocqueville, bis zum Reichskanzler Otto von Bismarck und den Männern des konservativen Widerstandes gegen die NS-Führung. Bei jedem dieser von Hornung skizzierten Fallbeispiele herrschten geistig-kulturelle Krisen; jede dieser Krisen konnte durch starke Charaktere und deren Ideen zum Positiven gewendet werden. Im zweiten Teil des Buches, „Deutsche Gegenwart und Zukunft“, zeigt Klaus Hornung anhand scharfer Analysen das Wesen der momentanen Krise auf. Hierbei nimmt er kein Blatt vor den Mund, er kritisiert die „westdeutsche Schönwettergesellschaft“ der Nachkriegszeit, in der „das Verständnis des Politischen“ immer mehr „auf den gesellschaftlichen Binnenbereich, auf die Wirtschaft und ihr Wachstum, auf ,soziale Umverteilung‘ und mehr individuelle Selbstverwirklichung“ reduziert wurde. Hornungs Texte lesen sich wohltuend optimistisch Hart ist auch Hornungs Kritik an der gegenwärtigen Asylpraxis in der Bundesrepublik. Der Autor greift den gesinnungsethischen Ansatz der Asyllobby an, die ohne Abwägung der Folgen ihres Handelns aus einer nationalmasochistischen Haltung heraus nationale Interessen ignorieren oder ihnen sogar bewußt entgegen handeln. Durch die weitere Ausweitung der Asylgründe in Verbindung mit dem weltweit einmaligen verfassungsmäßig garantierten Grundrecht auf Asyl sieht der Autor zunehmend die staatliche Handlungsfreiheit Deutschlands eingeschränkt. Der „Pseudo-Moralismus“ der „verbal-humanitären Intelligenz“ sei resistent gegenüber nüchternen Argumenten und Fakten. Hierbei warnt der Autor unter Bezug auf den deutschen Soziologen Max Weber, daß das Wesen des Gesinnungsethikers schnell zu dem des hartgesottenen Ideologen umschlagen kann. Ein Ausweg könne der „verantwortungsethische“ Ansatz sein, also das politische Handeln unter Einbeziehung der möglichen Folgen. Hornung benennt aber auch noch weitere Felder der aktuellen Krise. Hierzu zählt er beispielsweise die gegenwärtige deformierte soziale Marktwirtschaft, welche sich mitten in einem „tödlichen Kreislauf“ befände. Dieser könne nur durch eine umfassende Erneuerung des bundesdeutschen Erfolgsmodells „soziale Marktwirtschaft“ durchbrochen werden, so der Autor. Ein weiteres Strahlungsfeld der Krise sei die allgegenwärtige und in alle Lebensbereiche vorgedrungene Doktrin des Antifaschismus. Hornung zeigt die rote Traditionslinie auf, die den heutigen, in allen Variationen geführten „Kampf gegen Rechts“ mit den Propaganda-Büros des Stalinismus verbinden. Hornungs Rezepte und Ansätze mögen für einige Leser anfangs zu gewöhnlich klingen, als daß er sie als „Wege aus den Sackgassen“ akzeptieren möchte. So empfiehlt der 76jährige die Stärkung der Bindungskräfte der Familie, der Religion, der Tradition und auch der Nation in Erziehung, Politik und Medien. Daß all dies ohne das Wissen und Begreifen unserer Historie sowie deren Kraftfelder kaum zu meistern ist, stellt der Autor immer wieder in seinem Werk klar. Alle Texte Hornungs sind zudem vor allem von seinem wohltuenden Optimismus beeinflußt, der dem Leser immer wieder sagt „Wir Deutschen packen das schon…“. Wer auf der Suche nach originellen Lösungen und Konzepten ist, oder gar chaostheoretische Schriften à la „Es muß erst richtig schlimm werden…“ bevorzugt, wird nach den „Wegen aus der Sackgasse“ sicherlich nicht vollständig zufriedengestellt sein. Wer allerdings auch vergleichsweise konventionelle Lösungsstrategien akzeptiert, der wird Hornungs Werk – allein schon wegen der vielen interessanten Querverweise – nicht mehr in seinem geistig-kulturellen Marschgepäck missen wollen. Klaus Hornung: Wege aus den Sackgassen. Erfahrung der Geschichte – Verteidigung der Freiheit. Aton Verlag, Unna 2003, 224 Seiten, 19,80 Euro

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