Kanak Attak“ gehört zu den kulturellen Netzwerken, deren politischer Hintergrund erst bei genauerer Betrachtung offenbar wird. Ihre Veranstaltungen finden an etablierten Orten wie der Volksbühne Berlin oder dem Schauspiel Frankfurt statt. Lesungen können an Universitäten oder in bekannten Künstlerhäusern abgehalten werden. Ihre Aussagen werden von Stadt- und Musikmagazinen oft gedankenlos naiv übergangen, von „antifaschistischen“ Publizisten wie Burkhard Schröder aber bewußt positiv kommentiert, was aufhorchen lassen sollte. „Kanak Attak“ geht es seit der Gründung 1998 um die politische Organisierung junger Migranten in Deutschland, darum, das Projekt „multikulturelle Gesellschaft“ mit der nötigen Portion Aggression voranzutreiben. Auf der Internet-Seite “ www.kanak-attak.de “ wurde beispielsweise unlängst ein Liedtext der „Kanak Attak-CD“ aufgeführt, die über das Label „3finger“ vertrieben wurde. Darin hieß es: „punkt eins ich bin kein multikulti irgendwas / sondern das was ich bin / und ich trage ne menge haß in mir spazieren / weil andere wichser ihn in mir plazieren / ich fühl es immer stärker, etwas schlimmes wird passieren / heut morgen ging’s mir nicht so toll / wußte nicht / ob ich zuerst meinen nachbarn oder wolfgang schäuble erschießen soll (…) wenn man sieht, wie unterschriften gesammelt werden / von geistigen brandstiftern, die mit integration werben / zu viele wichser, die wir schon zu lange verschonen / edmund stoiber ist deutschlands größter hurensohn (…)“. Hier braut sich also unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit eine explosive Mischung zusammen, die von linksradikalen Kulturstrategen in die Popkultur, vor allem den Bereich Hiphop, getragen wird. Nun ist ein Buch aus diesem Spektrum im Hannibal-Verlag, bekannt für seine Musikpublikationen, erschienen: Hannes Loh und Murat Güngörs „Fear of a Kanak Planet“. Oberflächlich betrachtet geht es auch hier um Rap-Musik, eigentlich steckt aber knallharte Polit-Propaganda dahinter. Das deutsche Mittelstandskind Loh, ein Autor der linken Hamburger Monatszeitschrift Konkret, und wie ein großer Junge wirkend, wenn er mit „Revolucion“-T-Shirt hinter den Turntables agiert, war 1992 Mitbegründer der mittlerweile aufgelösten Polit-Rapgruppe „Anarchist Academy“. Diese Gruppe verpflichtete sich 1994 für ein Festival der trotzkistischen „Jugend gegen Rassismus in Europa“ und setzte sich später als „fünfte Terroristengeneration“ mit Gewaltanspielungen wie „jedes Wort ein Geschoß, jeder Satz Molotow, jeder Rap eine Granate“ oder „Wir sprengen nicht nur Abschiebeknäste“ in Szene. Güngör wiederum ist Aktivist und Mitbegründer des bundesweit operierenden Netzwerks „Kanak Attak“. Zudem arbeitet er bei EFA Medien und ist dort zuständig für das HipHop-Label „3Finger“. Es geht bei „Kanak Attak“ und auch in diesem Buch (das seinen Titel von der „Black Panther“-Losung „Fear of a black planet“ übernommen hat) um die Aufwiegelung ausländischer Jugendlicher, die sich aus ihrer „Opferrolle“ befreien sollen, um gegenüber der sie unterdrückenden deutschen Mehrheitsgesellschaft, den „Wichsern“, einen Machtanspruch anzumelden. Es soll sich dabei nicht in unsere Gesellschaft integriert, sondern statt dessen die eigene Position aggressiv behauptet werden. Man propagiert positiv eine politische Identität als „Kanaken“, das heißt als wurzellose, entnationalisierte „underdogs“ westlicher Großstädte, die dazu berufen seien, eine Art Klassenkampf für eine nationslose Gesellschaft zu führen (z.B. durch Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts hin zu völliger Beliebigkeit bei der Vergabe). „Kanak Attak“ steht für einen neuen Vulgär-Marxismus Das ist also eine neue Art von Vulgär-Marxismus, der aber durch die gesamtgesellschaftlich bemerkbare kulturelle Verwahrlosung, Entwurzelung und Vermischung in Zukunft immer stärker präsent werden dürfte. Dabei fehlt jegliche selbstkritische Analyse darüber, durch welches eigene Fehlverhalten bedingt bestimmte Gruppen junger Ausländer ein geringes Ansehen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft besitzen. Ausländer werden von den „Kanak Attak“-Aktivisten generell als bislang von den Deutschen ausgegrenzte Opfer dargestellt. Diese Sichtweise hat Tradition auch bei deutschen Propagandisten einer „multikulturellen“ Gesellschaft. Ein historischer Mythos wird dabei geschaffen: Die Gastarbeiter wären unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Land gelockt worden, um Deutschland nach dem Krieg wieder aufzubauen, hätten sich heldisch bewährt und hart gearbeitet, wären trotzdem aber nur gedemütigt, ausgebeutet und diskriminiert worden. Und nun würden ihre sozial chancenlosen Kinder und Enkel immer noch von den Deutschen mit rassistischen Sprüchen mißachtet und bewußt am Rande der Gesellschaft, also fern von Mercedes und Eigentumswohnung, gehalten. Zudem sei das Essen in Deutschland schlecht und die Deutschen hätten es in ihrer Arroganz noch immer nicht für nötig befunden, Türkisch als Zweitsprache zu lernen. Doch nun sei die Zeit zum Rückschlag gekommen. Kultureller Ausdruck derartiger Mythenbildungen ist für „Kanak Attak“-Ideologen die Rap-Musik, die aus den Fängen angeblicher Vereinnahmung durch deutsche Mittelstands-Kids („Reihenhausbesitzer“), wie den „Fantastischen 4“, befreit werden müsse, um wieder zum Ausdruck der ausländischen Unterschichten zu werden. Doch daran würden die Unterschichtsrapper durch mächtige Mittelständler und ausgrenzende deutsche Medien, die nicht ausreichend über sie berichteten, immer noch gehindert. Das in ihrem Buch immer wieder auftauchende Feindbild sind „die Deutschen“ und, im speziellen, konservativ denkende Deutsche. Hier ein Ausschnitt aus dem unkommentiert in dem Buch abgedruckten Lied „Cash“ von Aljoscha: „(…) und wir wissen, wer wir sind / lassen uns nicht anpassen / fassen so einige dinge anders auf, nehmen in kauf / daß dumpfe teutonen mit den säbeln rasseln / während wir die geschichte repuzzeln. (…) ich bin kanake, ich bin überall zuhaus (…) werd mir von dunkelbraunen massen / nie den vormittag versauen lassen / statt dessen pflanz ich meine statements, / visionen und träume als neue räume / in den dunkeldeutschen wichtelwald der feindbilder / dessen, was kanaken hierzulande / anscheinend alles ausfressen / und währenddessen – zapedizappzarap / schieben nach belieben von entscheidern / unsere grünen bundesgrenzfaschisten ab. / Doch scheißegal, wie eng diese wichser / ihren maschendraht verweben / weiß ich: almanlya zahlt cash! / alten und neuen rassismen begegnen wir im leben / jeden völkischen nationsbegriff verputzen wir (…) wir integrier’n uns nie! warum soll’n wir denn ducken? / kanaken kratzen, treten, beißen, spucken und verweisen / auf die scheiße, die faschos uns zu lange schon erzählen / wir wissen, warum deutsche gerne weiße, starke führer wählen! (…) egal, wie viele neoliberale vor den linsen grinsen, / weiß ich: almanlya zahlt cash / alten und neuen faschisten vertreiben wir das grinsen / ich weiß: almanlya zahlt plus zinsen! / dein boot ist voll? / ich sag: dein boot ist voll beschissen! (…) dein kahn leckt und wird bald sinken (…)“ In anderen Äußerungen werden Staat und Polizei massiv angegriffen. In einem Lied heißt es: „Ich habe gesehen, wie unsere lieben bullen am bahnhof brüder filzen / sie als lügner schimpfen und dabei wie psychos grinsen“. Obwohl immer wieder der Anspruch angemeldet wird, hier im „eigenen Land“ leben zu wollen, wird nationalen deutschen Interessen wenig Verständnis entgegengebracht, was zeigt, daß es hier bewußt um Gegenhaltung zum deutschen Volk geht. Der Rapper „Linguist“ erklärt in einem Interview über die deutsche Wiedervereinigung: „Ich war schockiert, als ich das erst Mal in den Nachrichten plötzlich diese deutsche Wetterkarte gesehen habe, die auf einmal um ein Drittel gewachsen war. Scheiße, dachte ich, das gibt es doch gar nicht, das sieht nicht gut aus. Zu präsent waren in meinem Kopf die Bilder des alten Großdeutschland. Es hat mich in eine unglaubliche Unsicherheit versetzt, daß dieses Stück Deutschland, das an sich schon problematisch genug ist, noch größer wird und nun ganz Mitteleuropa ausfüllt. Das Arrangement mit den zwei deutschen Staaten, die sich gegenseitig in die Quere kamen, war mir auf jeden Fall sicherer. (…) Dann zogen die Amis aus Heidelberg ab, und ich dachte: Scheiße, und jetzt allein. Das war das Gefühl. Und dann kam Rostock-Lichtenhagen.“ Das strategische Vehikel zur Propagierung einer linksradikalen Ideologisierung der Hiphop-Szene in den Jugendhäusern ist bei Loh und Güngör die Drohung vor der möglichen Gefahr einer „Unterwanderung“ durch „Rechte“. Die Beschwörung der „rechten Gefahr“ als Mittel zur Linksverschiebung der politischen Kultur ist ein altes Strategieelement des „Antifa“-Diskurses. So auch hier: „Rechte“ stünden nämlich drohend vor den Toren, um die Rap-Musik zu entdecken und dann für ihre Ziele zu gebrauchen. Die eigenen Pfründe könnten folglich gestohlen werden, die so schöne Szene könnte sich verändern. Nun, es bleibt abzuwarten, ob rechtsgerichtete Musiker Kreativität beweisen und sich demnächst an eine Dekontextualisierung von Rap heranmachen. Anstatt diese möglichenfalls erfrischende Entwicklung mit Spannung zu erwarten, schlagen Loh und Güngör mit Angstschweiß auf der Stirn Alarm. Ausführlich zu Wort kommen in ihrem Buch deshalb bekannte „Antifa“-Ideologen, im Zitat oder im Interview. Der Kölner Spex-Autor und Journalist Mark Terkessidis, der sich offenkundig bei „Kanak Attak“ engagiert, billigt einem Zitat nach körperliche Gewalt: „Es kam einmal ein Typ jugoslawischer Herkunft zu dem einen von Mundstuhl, der sich Dragan nennt, und sagte: ‚Ich bin Dragan!‘ Und dann hat er ihm eine reingehauen. Das war das Vernünftigste, was ich je zu diesem Thema gehört habe. Das ist wirklich das ultimative Statement zu diesem Dreck!“ „Und dann habe ich ihm eine reingehauen“ Der „antifaschistische“ Kulturstratege „Christian Dornbusch“, ein häufiger Autor zum Thema Popkultur in der „Antifa“-Zeitschrift Der Rechte Rand, Rapkultur zwischen „dumpfen Teutonen“ und hassenden „Kanaken“, kann in einem ausgiebigen Interview über seine in elf Jahren „Antifa“-Arbeit gesammelten Erkenntnisse plaudern. „Dornbusch“ ist nach Informationen der JUNGEN FREIHEIT ein Pseudonym für Martin Langebach, Diplom-Sozialpädagoge und wissenschaftlicher Mitarbeiter von Adelheid Schmitz von der „Arbeitsstelle Neonazismus“ an der FH Düsseldorf. In dem Interview sieht „Dornbusch“ hinter der Diskussion um deutschen Nationalstolz eine chauvinistische Idee des „Wir sind wieder wer“. Er mokiert sich über Bitburg, über Ernst Nolte und Martin Walser, die gegen den „antifaschistischen“ Denkkanon verstoßen hätten. „Es ist wichtig, Grenzen zu ziehen, Grenzen des Tolerierbaren. Toleranz leitet sich von dem Wort tolerare ab, und das heißt ertragen und nicht grenzenlos alles und jeden hinnehmen.“ Er wird sicher hierbei aktionistische Mitstreiter finden bei „Kanak-Attak“, welches propagiert: „Denn Kanak Attak geht es immer auch um Kooperation und den Aufbau von Netzwerken. Ziel ist es, den antirassistischen Widerstand global zu vernetzen.“ Ganz in diesem Sinne übermittelt Hannes Loh in seinen Danksagungen am Ende des Buches beispielsweise ergebene Grüße an die „Antifa Köln“. Die cross-kulturelle Hip-Hop-Comunity als Ausgangsbasis für die „neue Gesellschaft“ und Arbeitsfläche für marxistische Nachwuchskräfte? „Fear of a kanak planet“ jedenfalls ist mitnichten primär ein Buch über Musik. Es ist vor allem ein Buch über die politische Instrumentalisierung von Musik durch Ideologen der radikalen Linken. Dabei sollen die Probleme junger Ausländer in Deutschland nicht verschwiegen werden. Möglichenfalls gehen immer noch zu viele Deutsche abweisend, ängstlich und unsouverän mit ihnen um. Doch das verständliche Bestreben junger Musiker, auch fremdstämmiger Rapper, nach Anerkennung und Respekt für ihre Arbeit wird bei Gruppierungen wie „Kanak Attak“ nur umgeleitet und benutzt. Derartig fragwürdigen Tendenzen sollte man künftig höhere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Fotos: Konzert der „Fantastischen Vier“ in der Berliner „Arena“: Bleiche Mittelständler und Reihenhausbesitzer / „Kanak Attak“-Plakat / Hannes Loh, Murat Güngör: Fear of a kanak planet. Hiphop zwischen Weltkultur und Nazi-Rap, Höfen 2002, Hannibal-Verlag