Es ist ein kleines, unscheinbares Büro in Hamburg, in dem Joachim Siegerist arbeitet. Nur mit einer Handvoll Mitarbeiter überrollt er Deutschland mehrmals im Jahr mit Anzeigen- und Briefkampagnen in großem Stil. Siegerist, 57, langjähriger hauptamtlicher Chefjournalist bei Axel Springers Hörzu, überführte die Ende der siebziger Jahre aus der Aktion „Demokraten für Strauß“ entstandene „Konservative Aktion“ in den heutigen Verein „Die Deutschen Konservativen“ – im Grunde eine schlagkräftige politische PR-Agentur. Organisatorisch verfolgt der Verein, der sich auch gern als Bürgerinitiative umschreibt, ein in Deutschland neuartiges Konzept. Wie auch bei Greenpeace ist der Kreis der Mitglieder auf das gesetzliche Minimum beschränkt, um als „eingetragener Verein“ tätig werden zu können. Der Kreis der Sympathisanten und Spender ist dafür um so größer und wächst beständig. Ziel ist es, Förderer zu gewinnen, die politische Kampagnen mit Spenden unterstützen. Eine solche Strategie hat sich in den USA im vorpolitischen Raum fest etabliert, wo es keine Mitgliederparteien europäischen Zuschnitts gibt. Formelle Aus- und Eintritte sind dort ebenso unbekannt wie Kreis- und Bezirksverbände oder gar Parteibücher mit Beitragsmarken. Republikaner oder Demokrat ist, wer in der Wahlkampagne auf der jeweiligen Spenderliste steht. Ganze Stäbe beschäftigen sich monatelang mit Spendenakquisition. Ein solches „Fundraising“ gilt in Deutschland immer noch als unfein und ist in der Politik fast unbekannt. In den USA wäre es aus dem Wahlkampf nicht wegzudenken. Siegerist sieht sich durch seine bisherige Arbeit bestätigt. Nun hat sich in den letzten Jahren auch im Zuge des „Kampfes gegen Rechts“ die Situation verschärft. Für seine bundesweiten Kampagnen war Siegerists Verein auf Anzeigen in großen überregionalen Zeitungen angewiesen. Zeitungen des Springer-Konzerns sind schon seit längerem dazu übergegangen, die Großanzeigen gänzlich abzulehnen, die FAZ schaltet sie nur noch im Anzeigenteil. Diesem Boykott will man nun durch eine eigene auflagenstarke Publikation begegnen: Für Spender und Interessenten entstand vor über einem Jahr die Konservative Deutsche Zeitung (KDZ), die jetzt monatlich nach eigenen Angaben in einer Auflage von 100.000 Exemplaren erscheint – im Wechsel mit einem „Vertraulichen Nachrichtendienst der KDZ“ als Mitteilungsblatt für Förderer. Das Konzept der KDZ entstand, nachdem die Fortführung des inzwischen eingestellten Deutschland Magazins unter Siegerists Ägide fehlgeschlagen war. Dessen Logo schmückt statt dessen die erste Seite der KDZ, die nun auch an die bisherigen Bezieher des Magazins versandt wird. Neben Siegerist und dem Berliner Ex-Innensenator Heinrich Lummer gehören Bernd-Thomas Ramb, Bernd Rabehl und Ursula Besser zu den regelmäßigen Autoren. Mitherausgeber ist der Journalist Ivan Denes, der selbst einen auf Osteuropa orientierten Informationsdienst herausbringt. Früher als andere sagte die KDZ den neuerlichen Wahlsieg George W. Bushs voraus. Man erfährt nebenbei, daß der Sohn von Schah Reza Pahlevi von den USA für eine künftige Führungsrolle im Iran vorbereitet wird. Als die Jahreseinnahmen von Politikern und DGB-Größen veröffentlicht wurden, gab es keine einzige Gegendarstellung, und die Bild-Zeitung griff das Thema kurz darauf auf, ohne die KDZ zu erwähnen. Vor der „rechten Volksfront“ aus NPD, DVU und „autonomen Rechten“ warnen Zeitung und Verein. Die letzte Ausgabe des Nachrichtendienstes gibt bekannt, daß sich die Deutschen Konservativen an einem „rechtsdemokratischen Gegengewicht“ beteiligen wollen. Siegerist: „Wer NPD wählt, geht wirklichen Linksradikalen auf den Leim.“ In einem anderen Beitrag erklärt er ferner: „Gäbe es jetzt eine demokratische konservative Partei rechts von der Union, NPD und DVU wären nichts als die kleinen Zahlen hinter der Null.“ Wahlkampfhilfe für das für 2006 geplante Bündnis unter Führung der Republikaner mit DP und DSU? Das wäre neu, aber folgerichtig und würde die Wahlaussichten eines solchen Bündnisses verbessern. Die Vorsitzenden von DP und Republikanern, Heiner Kappel und Rolf Schlierer, werden Ende Februar 2005 auf einem Jahreskongreß des Vereins zusammen mit dem FPÖ-Europaabgeordneten Andreas Mölzer über Chancen einer Einigung diskutieren. Das Blatt gibt sich unionsnah, greift aber einige ihrer führenden Repräsentanten scharf an. Angela Merkel dürfte über Titulierungen wie „FDJ-Merkel“ oder „homo sowjeticus“ in der vorletzten KDZ wenig amüsiert sein. Das lassich 2002 bei Edmund Stoiber und vor der Hohmann-Affäre noch anders. Die KDZ betritt mit ihrem Stil à la Bild das Terrain des Boulevards. Damit ist sie nicht jedermanns Sache, aber durchaus geeignet, breitere Kreise anzusprechen. Durch den Postversand von 100.000 Exemplaren der KDZ erhofft sich Siegerist nun innerhalb eines Jahres 25.000 Abonnenten als permanente Gegenöffentlichkeit. Beim künftigen Dauerthema Türkei-Beitritt zur EU hat man sich klar positioniert: Er wird kategorisch abgelehnt. Die Christenverfolgung in der Türkei soll ebenfalls ein Thema des Jahreskongresses sein. Über Anzeigen, Tagungen und Kongresse und nicht zuletzt die Zeitung will man „politisch unkorrekte“ Themen öffentlichkeitswirksam aufgreifen. So kann außerparlamentarisch Druck erzeugt werden, der nachhaltiger ist als große Demonstrationen. Auch hier drängt sich eine Parallele zu den USA auf, denn dort können außerparlamentarische pressure groups, erheblichen politischen Einfluß nehmen, sie gaben dem konservativen Amerika eine Stimme auf der Straße und im Senat und bahnten 1980 der konservativen Wende durch Ronald Reagan den Weg. Ein ambitioniertes Vorbild. Informationen: Konservative Deutsche Zeitung, Postfach 76 03 09, 22053 Hamburg, Fax: 040 / 2 99 44 60, www.konservative.de