Die Ausstellung „Abenteuer Weltraum 3D“ wurde im März 2003 eröffnet. Sie soll in den nächsten drei Jahren mit der Schau über die Mythen des Alls im gesamten Bundesgebiet rund 15 Millionen Menschen in 30 Städten gezeigt werden, so hoffen die Organisatoren, der Berliner Manager Aleksey Schön und der Ausstellungsmacher Tassilo Römisch. Deutschland-Premiere war im März im Stern-Center Potsdam, einer Einkaufsmeile. Zu sehen sind sieben Themenmodule mit 3D-Animationen, Videofilmen, Exponaten und sogenannten Hörduschen oder Schauschirmen. „Die Menschen wollen oft wissen, wie es in der Schwerelosigkeit funktioniert mit Schlafen, Essen, Toilette und auch mit dem Sex“, weiß Römisch. Auf die Frage, warum sich Sigmund Jähn zur Eröffnung eingefunden habe, nicht jedoch ein „westlicher“ Astronaut oder ein Amerikaner, winkte Römisch gegenüber der JF ab: „Das hatten wir schon einmal probiert, aber 5.000 Dollar für ein paar Tage sind zuviel.“ Die JF sprach mit ihm: Herr Dr. Jähn, im August 1978 starteten Sie an Bord des sowjetischen Raumschiffes Sojus 31 als erster Deutscher ins All. In Mitteldeutschland wurden Sie nach Ihrer Rückkehr zum „Helden der DDR“ ernannt, im Westen dagegen wurde Ihr Vorstoß ins All für Deutschland geflissentlich ignoriert. Jähn: Das war eben der damaligen Politik geschuldet. Die konnten in Westdeutschland mit dem Jähn damals nichts anfangen. Der erste „richtige“ Deutsche kommt später, war dort die Haltung. Dafür hat die DDR-Berichterstattung 1983 den Flug des ersten „richtigen“ Deutschen – sprich Westdeutschen -, Ulf Merbold, ebenfalls nicht wirklich gewürdigt. Ich bin froh, daß solche Querelen inzwischen der Vergangenheit angehören. Hat Sie die nationale Ignoranz im Westen damals geärgert? Jähn: Nein, das war eben so. Und mit Ulf Merbold habe ich später guten Kontakt geknüpft. Übrigens wurde Merbold ja 1941 im thüringischen Greiz geboren. Aber wenigstens in Mitteldeutschland waren Sie dann der Held der Nation. Jähn: Davon war ich überrascht. Es war auch gar nicht einfach, einen Mittelweg zwischen dem Kosmonauten Jähn und dem Privatmann Jähn, der ich gerne bleiben wollte, zu finden. Als Held habe ich mich nie gefühlt. Ich glaube, wenn man sich wirklich als Held fühlt, dann hat man schon viel verloren. Immerhin haben Sie wenigstens die Deutschen in der DDR geeint. Jähn: Nun, ich habe Freude darüber empfunden, daß die Menschen in der DDR meinen Flug als etwas sehr Positives empfunden haben. Ich habe danach sehr viele Einladungen bekommen und das hält bis heute an. Für wen sind Sie nach eigenem Empfinden damals ins All geflogen, für alle Deutschen oder für den Staat DDR? Jähn: Nun, die DDR war das Land, in dem wir damals gelebt haben. Die Geschichte war eben so. Heute muß man zufrieden sein, daß in diesem Deutschland einigermaßen Ruhe herrscht. Jetzt sind wir eben alle Deutsche. Haben Sie im Orbit 1978 beim Blick auf Mitteleuropa auch an die Deutschen im Westen gedacht? Jähn: Während des Fluges habe ich nicht in solchen Kategorien gedacht. Vordergründig haben wir keinen politischen, sondern einen wissenschaftlichen Flug gemacht. Ich hatte ein Aufgabe zu erfüllen, und die war mir nun mal von der DDR gestellt worden. Völlig unpolitisch? – Damals herrschte der Kampf der Systeme! Jähn: Das ist richtig. Und als ich 1979 auf einem Kongreß in München war, ist mir auch vieles klar geworden. So richtig hat das Auseinanderdividieren eben doch nicht geklappt. Schwierig war es für Leute ohne Kontakte nach Westen, ich habe schließlich solche knüpfen können. Da konnte man dann schon ahnen, wie es eines Tages vielleicht einmal doch kommen würde. Konnten Sie sich damals vorstellen, daß Ihnen auch Deutsche im Westen – für die Sie nicht „der Kommunist“, sondern ein Deutscher waren – die Daumen gehalten haben? Jähn: Es wurde immer gesagt, die Grenze verliefe mitten durch Deutschland – und das stimmte auch! Denn nach meiner Rückkehr aus dem All habe ich auch aus dem Westen Tausende von Briefen bekommen, die ich übrigens auch alle versucht habe zu beantworten. Ich hatte also schon damals eine kleine Fangemeinde im Westen. Nicht für alle gab es nur Schwarz oder Weiß. Helfen Sie heute als Identifikationsfigur für alle Deutschen ein wenig, die Nation zusammenzuführen? Jähn: Ach wissen Sie, der Auftritt zum Beispiel hier in Potsdam ist ein Heimspiel, weil mich hier noch viele Zeitzeugen kennen. Die jungen Leute in Ost wie West kennen mich dagegen im allgemeinen nicht mehr. Das kann ich aber auch nicht erwarten. In der Komödie „Good bye, Lenin!“, die derzeit Millionen von jungen Deutschen ins Kino lockt, spielt Siegmund Jähn – dargestellt durch einen Schauspieler – eine entscheidende Rolle. Jähn, nicht Helmut Kohl, wird dort zum Vater der Deutschen Einheit. Jähn: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Das war die Idee der Autoren, doch das ist nur ein Film. Wirklich wichtig ist mein Raumflug für die Generation, die mit mir in der DDR aufgewachsen ist. Denn diese Menschen haben auch hart gearbeitet, nicht nur die Westdeutschen. Daß sie heute wieder selbstbewußt etwas den Blick heben können, dazu hat der Film vielleicht auch beigetragen. Das macht für mich seinen Wert aus, und ist wohl auch das Geheimnis seines Erfolges. Sigmund Jähn wurde am 13. Februar 1937 in Morgenröthe-Rautenkranz im Vogtland geboren. Am 26. August 1978 flog er mit Walerij Bykowskij im Rahmen des Interkosmos 3-Fluges mit Sojus 31 zur sowjetischen Raumstation Saljut 6, auf der Jähn sieben Tage lang Experimente durchführte. Seit 1990 ist er im russischen Kosmonautenausbildungszentrum als Berater für das Astronautenzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und seit 1993 auch für die ESA tätig. Jähn ist verheiratet und hat zwei Kinder. weitere Interview-Partner der JF