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Ein Jahr nach dem Skandal-Artikel: Leitmedien halten ein Scherbengericht über „Correctiv“

Ein Jahr nach dem Skandal-Artikel: Leitmedien halten ein Scherbengericht über „Correctiv“

Ein Jahr nach dem Skandal-Artikel: Leitmedien halten ein Scherbengericht über „Correctiv“

Ein Jahr nach der Veröffentlichung entlarven Zeit und Deutschlandfunk den „Correctiv“-Bericht über das Potsdamer Treffen als unseriös. Mit dieser Optik berichtete die JF bereits vor einem Jahr darüber, daß es sich um eine Räuberpistole handelte.
Ein Jahr nach der Veröffentlichung entlarven Zeit und Deutschlandfunk den „Correctiv“-Bericht über das Potsdamer Treffen als unseriös. Mit dieser Optik berichtete die JF bereits vor einem Jahr darüber, daß es sich um eine Räuberpistole handelte.
Ein Jahr nach der Veröffentlichung entlarven Zeit und Deutschlandfunk den „Correctiv“-Bericht über das Potsdamer Treffen als unseriös. Mit dieser Optik berichtete die JF bereits vor einem Jahr darüber, daß es sich um eine Räuberpistole handelte. Fotos: Picture Alliance/dpa /// Montage: JF
Ein Jahr nach dem Skandal-Artikel
 

Leitmedien halten ein Scherbengericht über „Correctiv“

Plötzlich dreht sich der Wind zum Bericht über das Potsdamer Treffen. Die „Zeit“ kann keinen „Geheimplan“ erkennen und outet die „Correctiv“-Journalisten als unseriös. Der Deutschlandfunk sieht „massiv journalistische Standards verletzt.“
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BERLIN/HAMBURG. Mit kritischen Beiträgen sind der Deutschlandfunk und die Wochenzeitung Die Zeit auf deutliche Distanz zu der Correctiv-Geschichte „Geheimplan gegen Deutschland“ gegangen. Dieser Beitrag hatte vor einem Jahr für Massendemonstrationen gegen Rechts, vor allem gegen die AfD, gesorgt. Angeblich habe es einen Plan gegeben, Millionen Menschen aus Deutschland zu vertreiben. Doch das stimmt nicht.

Die JUNGE FREIHEIT war seinerzeit sofort in die Gegenrecherche gegangen, hatte mit Teilnehmern gesprochen und den Correctiv-Artikel bereits einen Tag nach dessen Veröffentlichung unter der Überschrift „‘Correctiv‘, die AfD und das Haus am See – Wie war es wirklich?“ als Räuberpistole entlarvt.

Zwölf Monate später ziehen andere Medien nach. Die Zeit rekonstruiert das Treffen und wie es zu dem aufsehenderregenden Text kam, nun anhand von Gesprächen mit den Organisatoren, Referenten, Teilnehmern und der Correctiv-Redaktion. Ergebnis der ausführlichen wie bemerkenswerten Recherche: Es bleibt nicht viel übrig.

Es gab keinen „Geheimplan“

Es habe keinen „Plan“ gegeben, erst recht keinen „Geheimplan“. Zitat: „Wenn es um Planung ging, warum hat an dem Tag laut Aussage mehrerer Teilnehmer keiner ein Protokoll geschrieben? Warum wurden, wiederum nach Teilnehmerangaben, keine Folgetreffen vereinbart, warum wurde nichts Verbindliches verabredet?“

Besonders peinlich für Correctiv ist die Darstellung des Besuches der Zeit-Journalisten in der Redaktion. Diese sprachen mit Chefredakteur Justus von Daniels und Reporter Jean Peters, der damals unter falschem Namen vor Ort war, aber an dem Treffen nicht teilnahm.

Peters, der über sich auf seiner Webseite schrieb, „ich erfinde Geschichten“, erzähle zwar „lebendig“ von seiner Recherche. Aber „auf einfache Fragen nach dem, was in Potsdam geschah, reagiert er bisweilen unwillig“. Die Zeit zitiert ihn so: „Wirklich? Ist das die Frage?“ Oder mit: „Was machen wir hier gerade?“

„Correctiv“-Mann als Ertappter

Dem Leser vermittelt sich der Eindruck eines Ertappten, der überrascht ist, daß er kritische Fragen beantworten muß. Peters war in der Medienbranche ein Jahr lang nur gefeiert worden und heimste Preise für seine Arbeit ein. Sogar der Bundespräsident hatte sich bei ihm und der Correctiv-Redaktion bedankt. Und nun die eigentlich selbstverständliche Frage danach, was in Potsdam geschehen sei: für ihn offenbar unverschämt.

Wie kommt Correctiv nun aber dazu, daß die Teilnehmer einen „Geheimplan gegen Deutschland“ geschmiedet hätten? Dabei bezieht er sich lediglich und ausschließlich auf die Einladung, in der ein „Masterplan“ von Martin Sellner angekündigt wurde und in der von einer „Gesamtstrategie“ die Rede gewesen sei. Peters behauptet, für dessen Umsetzung sei Geld gesammelt worden. Richtig ist jedoch, daß mit Spenden TV-Teams aus dem AfD-Umfeld unterstützt werden sollten.

Sellner war einer von sechs Rednern an diesem Tag. Er war der einzige, der über „Remigration“ referierte. Daraus bastelte Correctiv die Horrormeldung, in Potsdam sei „die Vertreibung von Millionen Menschen“ auch deutscher Staatsbürgerschaft geplant worden. Doch nicht einmal die „spontane Idee“ des Organisators Gernot Mörig, ein Expertengremium zu bilden, das über die Abschiebung illegaler Ausländer beraten sollte, sei weiterverfolgt worden, schreibt die Zeit.

Das Wort „Vertreibung“ ist niemals gefallen

Sie fragte Peters, ob das Wort „Vertreibung“ bei dem Treffen „jemals gefallen“ sei. Nach kurzem Zögern sagte der Correctiv-Mann: Nein. Dann schiebt er hinterher: „Aber natürlich war es gemeint.“ Die Zeit faßt zusammen: „Was aus Correctivs Sicht in Potsdam gemeint gewesen sei, nimmt in dem Text viel Raum ein. Was tatsächlich gesagt wurde, wird dafür an den entscheidenden Stellen nur sehr knapp wiedergeben.“

Die anderen fünf Referenten nach Sellner, vorwiegend CDU-Mitglieder, widmeten sich weiteren Themen, wie zum Beispiel der verfassungsrechtlich problematischen Briefwahl, über die der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau sprach. Nach Sellners Vortrag ging die Veranstaltung einfach weiter.

Deutschlandfunk: „Correctiv“ liefert „dramatische Fiktion“

Auch der Deutschlandfunk spricht im Zusammenhang mit dem Correctiv-Bericht nun „von journalistischem Versagen auf mehreren Ebenen“. Der Journalist Peter Welchering kritisierte am Mittwoch in einem knapp sechsminütigen politischen Feuilleton des Senders, daß Redaktionen zwar über die angebliche „Vertreibung von Millionen Menschen“ berichteten, die zahlreichen gerichtlichen Verbote gegen die Folgeberichterstattung in anderen Medien aber mißachteten.

Es sei ein „fataler Fehler“ gewesen, so konnten die Deutschlandfunk-Hörer nach einem Jahr vernehmen, daß „verschiedene Redaktionen nachrichtlich über das dort Geschriebene berichteten“. Das von Correctiv als Drama in mehreren Akten verfaßte Stück sei dort „fehlerhaft als Reportage oder Bericht eingeordnet“ worden.

Correctiv habe vielmehr eine „dramatische Fiktion, also die Vermischung von Fakt, Fiktion bzw. Assoziation“ geliefert. Dies werde jedoch „als Tatsache berichtet“. Erschwerend komme hinzu, „daß die journalistisch gebotenen Gegenrecherchen bezüglich der Correctiv-Behauptung durch andere Medien in der Regel unterblieben“.

Zum Schluß fragt der Deutschlandfunk-Kommentator: „Wer also kann Correctiv korrigieren?“ Seine Antwort: „Das können nur Journalisten, die ihren Job machen. Den aber haben einige Redaktionen nicht gemacht. Sie haben stattdessen massiv journalistische Standards verletzt“.

Ein Jahr nach der Veröffentlichung entlarven Zeit und Deutschlandfunk den „Correctiv“-Bericht über das Potsdamer Treffen als unseriös. Mit dieser Optik berichtete die JF bereits vor einem Jahr darüber, daß es sich um eine Räuberpistole handelte. Fotos: Picture Alliance/dpa /// Montage: JF
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