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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Doku über Angela Merkel: Die Angehimmelte

Doku über Angela Merkel: Die Angehimmelte

Doku über Angela Merkel: Die Angehimmelte

Nicht nur Politiker himmeln Ex-Kanzlerin Angela Merkel an Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
Nicht nur Politiker himmeln Ex-Kanzlerin Angela Merkel an Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
Nicht nur Politiker himmeln Ex-Kanzlerin Angela Merkel an Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
Doku über Angela Merkel
 

Die Angehimmelte

Eine ARD-Doku porträtiert Angela Merkel. Herausgekommen ist eine 90minütige Hagiographie. Journalisten und Politiker schwärmen, Kritiker kommen nicht vor, und die Kanzlerin zeigt sich selbstzufrieden.
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Die Verehrung für Angela Merkel hat schon während ihrer Amtszeit bisweilen groteske Blüten getrieben: Sogar als Mutter Theresa war sie zeitweilig angehimmelt worden. Ein trockenes Wort der Kanzlerin hier, eine bürokratendeutsche Satzkonstruktion dort: „Wir werden sie noch vermissen“, hallte es einem da schnell entgegen. Verstehe mal einer die Deutschen!

Der Journalist, Autor und Dokumentarfilmer Torsten Körner legt nun ein 90minütiges filmisches Porträt vor, das sich weitgehend in die Serie von Lobpreisungen einreiht. „Angela Merkel – Im Lauf der Zeit“, zu sehen bei ARTE und in der ARD, soll die Protagonistin in den Zeitläuften vor allem der vergangenen 30 Jahre zeigen, strukturiert Aspekten ihres politischen Lebens: von „In der Männerrepublik“ (Merkel als feministische Vorkämpferin gegen die Kochs, Wulffs und Merze) über „Kindheitsmuster“ (die Pfarrerstochter) bis hin zu „Die Pest“ (die kluge Corona-Bekämpferin).

„Boah, ihr habt eine so tolle Kanzlerin“

Der Film verzichtet auf eine Einordnung mittels „Off-Kommentar“. „Mir war wichtig, daß der Zuschauer die Möglichkeit hat, sich ein eigenes Bild zu machen“, begründet der Macher dies und weiß es doch höchstwahrscheinlich selbst besser. Denn für die gewünschte, eben nicht offene Interpretation sorgt in der Doku eine einseitige Auswahl an Journalisten, Politikern (darunter kein geringerer als Barack Obama), Wissenschaftlern und Weggefährten Merkels, von denen viele nah – zu nah für ein ausgewogenes Bild – an der Kanzlerin dran waren.

Ganz vorne mit dabei: Kristina Dunz, heute im Hauptstadtbüro des Redaktionsnetzwerk Deutschland. Im Film gerät sie – Journalistin oder doch Pressesprecherin? – regelrecht ins Schwärmen: „Ihre erste Selbstpflicht war, Humanität zu zeigen“, kommentiert Dunz Merkels Grenzöffnung von 2015. Oder auch mit Blick auf die Belehrungen der Kanzlerin gegenüber Donald Trump: „Das hat sie ganz eisenhart gemacht. Das war in den Augen mancher Menschen Arroganz. Und es war genau das richtige für das, was kam.“

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Kaum anders Virologin Melanie Brinkmann, die zu berichten weiß, im Ausland hätten uns viele „einfach nur beneidet. Die haben gesagt: Boah, ihr habt eine so tolle Kanzlerin, die sitzt da, und erklärt, was exponentielles Wachstum ist.“ Einzig noch ein bißchen mehr autokratisches Durchregieren hätte sich Brinkmann in der Corona-Zeit gewünscht. Oder auch EZB-Chefin Christine Lagarde: „Angela, the force“, sagt sie in die Kamera: Merkel habe für „Werte und Prinzipien“ gestanden. Und so weiter und so fort.

Merkel-Kritiker kommen nicht zu Wort

Wo Kritik angebracht wird, da nur leise und zart, oder allenfalls auf Umwegen: Horst Seehofers legendäre Parteitagsrede zum Flüchtlingskurs 2015, als der CSU-Chef Merkel Minuten lang neben sich stehen ließ, wird kurz eingeblendet, dazu Parteitagsäußerungen kritischer CDU-Mitglieder – und anschließend von Dunz per Kommentierung abgeräumt. Auch Sahra Wagenknechts Philippika gegen die Eurorettungspolitik wird reingeschnitten. Doch selbst zu Wort kommen die Kritiker nicht: nicht Merz, nicht Schäuble, nicht Seehofer; die AfD schon dreimal nicht.

Wobei: ganz richtig ist das nicht. Luisa Neubauer darf Kritik an Merkels Klimapolitik anbringen; und Aminata Touré beklagen, Merkel habe nach 2015 eine zu harte Abschiebepolitik verfolgt. Ursprünglich hatte Touré wegen Merkels Politik der offenen Grenzen noch gedacht: „die Frau ist schon kraß“. Die Grüne ist eine Landespolitikerin aus Schleswig-Holstein, die bekannt wurde, weil sie die erste schwarze Landtagsvizepräsidentin ist. Warum sie in der Doku Merkel kommentieren darf, bleibt ein Rätsel.

Noch einmal blitzt Merkels Denken durch

Nicht unerwähnt bleiben soll, daß auch die Kanzlerin selbst zu Wort kommt. Sie erklärte sich bereit, zwei Exklusivinterviews, das letzte am 6. Dezember 2021, zum Film beizusteuern – weil Körner in eigenen Worten sein „ganz engagiertes Interesse“ deutlich gemacht habe, „ein versuchsweise differenziertes Porträt zu zeichnen“. Einer kritischeren Beleuchtung hätte Merkel natürlich gar nicht erst ihre Beteiligung geschenkt.

Noch einmal läßt sie das demokratiepolitisch gefährliche Leitbild ihrer Amtszeit durchschimmern: „alternativlos“. Die Flüchtlingspolitik, weil der Artikel 1 des Grundgesetzes keine „Gefühlsduselei“ sei; die Eurorettung, die sich im Nachhinein als richtig herausgestellt habe; die erbarmungslose Corona-Politik mit ihren Maßnahmen, die man, so klingen ihre Worte, nur als richtig betrachten kann: „Ich war verzweifelt, daß das alles so einfach zu sehen ist, aber viele wollten es nicht so wahr haben“ – Merkel, die Frau mit den autokratischen Tendenzen.

Zugespitzt wird man diesem Film Züge einer Hagiographie aus der Blase Berlin attestieren können, wie es dieser Tage sogar in der FAZ zu lesen war. Er liefert auch nicht viele neue Erkenntnisse, aber zumindest einige schöne Bilder und Videoschnipsel vergangener Zeiten. Zu empfehlen ist er also doch irgendwo – zumindest für Menschen, die Angela Merkel gerne einmal mit gewagtem Bademantel auf einer Pressekonferenz sehen wollen. Ich kannte diese Szene jedenfalls noch nicht.

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„Angela Merkel – im Lauf der Zeit“ ist am Sonntag, dem 27. Februar, um 21.45 Uhr im Ersten zu sehen. Bereits jetzt kann der Film in den Mediatheken von ARD und ARTE abgerufen werden. 

Nicht nur Politiker himmeln Ex-Kanzlerin Angela Merkel an Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
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