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Nach Gewalttat in Augsburg: Forscher warnt vor Herkunftsnennung bei Verdächtigen

Nach Gewalttat in Augsburg: Forscher warnt vor Herkunftsnennung bei Verdächtigen

Nach Gewalttat in Augsburg: Forscher warnt vor Herkunftsnennung bei Verdächtigen

Festnahme
Festnahme
Festnahme (Archivbild): „So entsteht ein Zerrbild“ Foto: picture alliance/Johannes Neudecker/dpa
Nach Gewalttat in Augsburg
 

Forscher warnt vor Herkunftsnennung bei Verdächtigen

Nach der Gewalttat in Augsburg ist die Debatte um die Herkunftsnennung von Tatverdächtigen neu entflammt. Der Journalismus-Forscher Thomas Hestermann sowie ein Migrantenverein kritisieren die Angabe der Nationalität bei ausländischen Verdächtigen. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen.
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BERLIN. Nach der Gewalttat in Augsburg ist die Debatte um die Herkunftsnennung von Tatverdächtigen neu entflammt. Der Journalismus-Forscher Thomas Hestermann von der Hochschule Macromedia kritisierte auf Twitter: „Immer häufiger nennen TV-Berichte die Herkunft von Tatverdächtigen – aber meist nur dann, wenn sie Ausländer sind. So entsteht ein Zerrbild.“

In seiner am Dienstag präsentierten Studie „Wie häufig nennen Medien die Herkunft von Tatverdächtigen?“ habe er herausgefunden, daß in diesem Jahr fast jeder dritte Fernsehbeitrag und jeder zweite Zeitungsbeitrag über Gewaltkriminalität auf die Herkunft der Tatverdächtigen hingewiesen habe. „Die Berichterstattung kehrt die Erkenntnisse der Polizei komplett um.“ Denn die Mehrzahl der Gewalttäter seien Deutsche.

Hestermann verurteilte auch die Änderung einer entsprechenden Richtlinie im Pressekodex als „krasse Fehlentscheidung“. Der Presserat hatte im Frühjahr 2017 entschieden, daß die Herkunft von Verdächtigen genannt werden kann, wenn ein „begründetes öffentliches Interesse“ daran bestünde. Vorher galt die Regel, sie solle nur erwähnt werden, wenn ein Zusammenhang zur Tat besteht.

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Migrantenverein: „Unsachlich und unjournalistisch“

Der Migrantenverein „Neue deutsche Medienmacher“ rief Journalisten laut dem Bayerischen Rundfunk dazu auf, sich an die alte Richtlinie zu halten. Die automatische Verknüpfung von Herkunft und Tat sei „unsachlich und unjournalistisch“, behauptete Geschäftsführerin Konstantina Vassiliou-Enz. Nur in Ausnahmefällen sei die Herkunftsnennung notwendig und dann sollten Berichterstatter auch erklären, warum dies relevant sei.

Der stellvertretende Chefredakteur der Sächsischen Zeitung, Heinrich Maria Löbbers, verteidigte hingegen die Entscheidung seiner Zeitung von 2016, die Nationalität von Verdächtigen immer zu nennen. Damit wolle man einem falschen Bild entgegenwirken, da auch die Staatsangehörigkeit von Deutschen erwähnt werde.

Der Pressesprecher der Berliner Polizei, Thilo Cablitz, wies pauschale Vorgaben für Mitteilungen seiner Behörde zurück. Die Herkunftsnennung müsse immer individuell abgewogen werden. Nicht nur, wenn es für das Verständnis des Geschehens notwendig sei, sei es sinnvoll, Details wie die Nationalität zu nennen, etwa um einer manipulativen Deutung entgegenzuwirken.

Innenminister Reul: Transparenz schaffen

Bereits Anfang Dezember hatte sich der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) erneut dafür ausgesprochen, die Nationalität von Tatverdächtigen in Pressemitteilungen der Polizei anzugeben. Er begründete dies mit den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16. Seitdem bewege das Thema Kriminalität von Ausländern und Flüchtlingen viele Menschen.

Die Bürger hätten aber das Gefühl, die Behörden würden ihnen etwas verschweigen, wenn keine Angaben zur Nationalität von Tatverdächtigen gemacht würden. Er plädiere deshalb dafür, Transparenz zu schaffen, „um diesen diffusen Vorwurf zu entkräften und den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln zu nehmen“. (ls)

Festnahme (Archivbild): „So entsteht ein Zerrbild“ Foto: picture alliance/Johannes Neudecker/dpa
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