Rachedurst, Hybris, Angst vor ökonomischem Machtverlust oder diplomatisches Ungeschick: Der Würzburger Historiker Rainer F. Schmidt hat eine bemerkenswerte Analyse über die verschiedenen Entwicklungen und ihre Triebkräfte in den europäischen Mächten vor dem Ersten Weltkrieg vorgelegt.
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1) Das mit dem Sonderweg ist eine Interesse-geleitete Legende der Deutschland-Abschaffer.
Denn: „Notorische Sonderwegler müssen abgeschafft werden!“
Die „Urkatastrophe“ sei eine Folge deutscher Sonderweglerei.
Der Weg in August 1914 war aber das Gegenteil eines Sonderwegs. Seit Anbeginn der Neuzeit und in immer schnellerem Tempo ab dem 19. Jahrhundert marschierten die Völker Europas einträchtig (aber blind) auf den August 1914 zu.
Warum?
Mit dem Aufkommen der Modernen Medizin ging die Sterblichkeit unmerklich aber stetig zurück während sich an der Fruchtbarkeit nichts änderte. Darum wurden die europäischen Völker zu wachsenden Völkern, während Europa Europa blieb. Die Europäischen Völker wurden mehr und mehr zu Völkern ohne (europäischen ) Raum.
Das blieb so lange verborgen wie es auf der Erde Räume ohne Völker gab. Die Neue Welt, u.a., war so ein Raum, denn die dortige Bevölkerung war militärisch unterlegen. Der Bevölkerungsüberschuß Europas strömte in die Welt hinaus und kolonisierte sie.
Das Fin de Siècle brachte die Erkenntnis: Das geht nicht ewig so weiter. Bald wird die Erde vollständig aufgeteilt sein.
2) In 1912 war es so weit: Der letzte Punkt auf der Erde, der noch nicht in Besitz genommen worden war, der Südpol, wurde in Besitz genommen. Durch das Volk der Norweger. Die Briten konnten die Demütigung nicht fassen und schäumten vor Wut.
Die Europäer wußten „tief in ihren Herzen“, daß ein Großer Krieg würde kommen müssen. Der Sieger dieses End-Kriegs würde als Herr der Welt über alle anderen Völker herrschen, so daß die Raum-Frage für lange Zeit würde vergessen werden können.
Im August 1914 war der Krieg da und die Begeisterung der Menschen groß. Die Ungewißheit würde bald ein Ende haben.
Hatten die Menschen auch Angst? Nicht wirklich. Sie „wußten“ (bis Jahresende 14): „Wir gewinnen“
Wenn die Deutschen NICHT mitgemacht hätten, das wäre ein Sonderweg gewesen.
Doch … ein Sonderweg war da: Alle marschierten in den Sieg. Nur die Mittelmächte nahmen den Sonderweg in die Niederlage. Niederlage ist aber nicht nur Sonder sondern ein schlechter Weg. Denn Besiegte sind immer an allem schuld. Siegerjustiz. Und die Geschichtsbücher werden auch nicht von den Besiegten geschrieben.
Seien Sie doch nicht so pessimistisch, lieber Mephisto, in bezug auf das Schicksal von Herrn Prof. Schmidt! Unsere Geschichtsbilder über die Achsenzeit vom 19. zum 20. Jahrhundert sind seit den Büchern von Christopher Clark um einige Blickwinkel erweitert worden. Dadurch sind wir aus der deutschkritischen Betrachtungweise der 1960er Jahre von Fritz Fischer („Griff nach der Weltmacht“) herausgekommen. Denn Clark hat den großen Anteil Russlands am Zustandekommen des WK I herausgearbeitet. Und Schmidt verschiebt das Schuld-Konto zusätzlich sogar Richtung Westen – was vor ihm noch kein neuerer Historiker gewagt hat. Es ist eine Erweiterung in die zuvor einseitig gegen das Reich der Hohenzollern enggeführte Optik hineingekommen. Ich erwarte aber, und da gebe ich Ihnen recht, Mephisto, einen Gegenschlag von angelsächsischer Seite gegen Schmids Sicht: Es wird wohl erneut auf den angeblich zivilisationsfeindlichen Kurs Wilhelms II. verwiesen. Und/oder es werden seine kritischen Einlassungen gegenüber dem Judentum erneut an den Pranger gestellt (vgl. John Röhls Sicht) – ob zu Recht oder Unrecht, lasse ich dahin gestellt. Es gibt von vielerlei Seiten multiperspektivisch viel aufzuarbeiten.
Rate Herrn Schmidt seine Hausratversicherung zu überprüfen, falls im Besitz eines PKW, diesen nur noch gesichert zu parken , in einem EFH lebend, beste Alarmanlagen installieren und bei Neigung zu Spaziergängen, einen angerichteten Hund anzuschaffen. Der arme Mann wird doch zum Freiwild erklärt.
Hut ab vor der Zivilcourage, denn der Urteilsspruch über ihn steht schon fest: Geschichtsrevisionist und alter weißer Mann.
Über die Wahrheit entscheiden alleine die Kulturbolschewisten in unserem Lande.
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Kaiser Wilhelm II. verleiht während des Ersten Weltkriegs Auszeichnungen an seine Soldaten Foto: picture alliance / Mary Evans Picture Library | –