CHICAGO. Der deutsche Ökonomieprofessor Harald Uhlig hat Kritik an seinen „Black Live Matter“-Tweets zurückgewiesen. Eine freie Gesellschaft zeichne sich dadurch aus, kontrovers miteinander reden zu können. Meinungsfreiheit müsse als „hohes Gut“ verteidigt werden, sagte er Welt.
Der Ökonom, der an der US-Universität von Chicago lehrt, hatte sich zuletzt mehrfach kritisch zu den Plünderungen während der Proteste in den USA geäußert. „Wenn Menschen mit Pick-Up-Trucks Geschäfte demolieren, um Waren zu klauen, wenn sie Werkzeug mitbringen, um Fahrzeuge aufzubrechen, dann ist das eine geplante Plünderung und kein Einsatz für ein politisches Thema“, schrieb er Anfang Juni auf Twitter.
When people drive pickup trucks to smashed stores to clean out merchandise, when people bring tools to pry open cash machines, then this is planned theft, and not about some political cause. I wish @donlemon , @chriscuomo and other whitewashing journalists would finally wake up.
— Harald Uhlig (@haralduhlig) June 3, 2020
Professoren-Kollegen fordern Uhligs Absetzung
Er rief dazu auf, Demonstrationen umgehen zu verlassen, bei denen geplündert werde. Statt dessen sprach Uhlig sich für friedlichen Protest gegen Rassismus aus. Er schlug vor, sich mit der Polizei wegen geplanten Kundgebungen abzusprechen, um Konfrontationen zu vermeiden.
Der Nobelpreisträger Paul Krugmann, der Ökonomie an der US-Universität Princeton lehrt, nannte Uhlig auf Twitter einen „weiteren privilegierten weißen Mann, der seinen Drang, die Sorgen von weniger Glücklichen, zu schmälern, nicht kontrollieren kann“.
Editor of the Journal of Political Economy, a powerful gatekeeper in the profession. And yet another privileged white man who evidently can't control his urge to belittle the concerns of those less fortunate. https://t.co/H1gUa89p9o
— Paul Krugman (@paulkrugman) June 9, 2020
Krugmann und weitere Wirtschaftswissenschaftler forderten Uhlig auf, seinen Lehrstuhl aufzugeben. Die Ökonomie-Professoren Maximilian Auffhammer und Justin Wolfers hatten sogar eine Unterschriftenliste initiiert, um Uhlig als Herausgeber der wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitung Journal of Political Economy abzusetzen.
Uhlig nun beurlaubt
Nun wurde Uhlig tatsächlich beurlaubt, jedoch in seiner Funktion als Professor. Grund dafür sei ein Vorfall, der sich 2014 ereignet haben soll. Ein dunkelhäutiger Student wirft dem Ökonom vor, sich auf ironisch-scherzhafte Weise über den Bürgerrechtler Martin Luther King geäußert zu haben. Anschließend habe er den besagten Studenten gefragt, ob er nun beleidigt sei.
@haralduhlig, I sat in your class in Winter 2014:
(1) You talked about scheduling a class on MLK Day
(2) You made fun of Dr. King and people honoring him
(3) You sarcastically asked me in front of everyone whether I was offended
Here is the receipt: @JustinWolfers @and_joy_— Bocar A. Ba (@bocar_a) June 12, 2020
Uhlig gibt in der Welt an, sich nicht mehr an den Vorfall zu erinnern. Er habe aber nicht vorgehabt, den Studenten zu beleidigen und habe Mitgefühl für ihn.
Meinungsfreiheit gehöre zu einer freien Gesellschaft
Er finde jedoch nicht, mit seinen „Black Lives Matter“-kritischen Tweets etwas falsch gemacht zu haben. Er habe viele E-Mails von Menschen bekommen, die seiner Meinung seien, sich aber nicht trauten, dies öffentlich zuzugeben. Möglicherweise falle es den Leuten schwer, sich zu äußern.
Die Rücktrittsforderungen seiner Kollegen seien für ihn erschreckend. „Ich bin sehr dafür, daß sich Leute äußern – egal wie, und auch wenn es für mich schmerzhaft ist. Ich würde nie sagen, sie sollten sich nicht äußern. Das gehört dazu in einer freien Gesellschaft“, betonte er. (zit)