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Gedenkpolitik: Wenn Täter zu Opfern werden

Gedenkpolitik: Wenn Täter zu Opfern werden

Gedenkpolitik: Wenn Täter zu Opfern werden

Halifax-mk3
Halifax-mk3
Britischer Bomber vom Typ Halifax Mk 3 wie er beim Angriff auf Peenemünde 1943 zum Einsatz kam Foto: Wkimedia/United Kingdom Government/gemeinfrei
Gedenkpolitik
 

Wenn Täter zu Opfern werden

Im Augst 1943 bombardierte die Royal Air Force Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom. Hunderte Menschen starben. Soldaten, Zivilisten und Zwangsarbeiter. Allerdings wurden auch 41 britische Maschinen abgeschossen, und die Bundesrepublik wäre nicht die Bundesrepublik, fänden sich nicht eine Initiative, die genau an diese erinnern will.
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Mit dem richtigen Gedenken in Deutschland ist es so eine Sache. Während sich Politik und Gesellschaft zunehmend schwertun, an die eigenen gefallenen Soldaten sowie die deutschen Opfer des Krieges zu erinnern, feiert man die alliierten Streitkräfte immer unreflektierter als Befreier von Diktatur und Nationalsozialismus. Auch auf deren Seite waren Gefallene zu beklagen, und die Bundesrepublik wäre nicht die Bundesrepublik, fänden sich nicht Initiativen, die genau an diese erinnern wollen.

Im August 1943 bombardierte die Royal Air Force Peenemünde auf Usedom. Die Angriffe galten vor allem den Produktionsstätten der V1- und V2-Raketen. Hunderte Menschen starben bei den Angriffen, darunter Soldaten, Zivilisten und Zwangsarbeiter. Allerdings wurden auch 41 britische Maschinen abgeschossen und 246 britische Soldaten dabei getötet.

Und genau an diese will nun der Förderverein Peenemünde mit einer Gedenktafel erinnern. „Im Zuge der Versöhnung und 70 Jahre nach Kriegsende sollte man auch an die ums Leben gekommenen Angreifer erinnern“, findet der Vereinsvorsitzende Volkmar Schmidt laut Ostseezeitung.

„Nazis waren allerdings für mich keine Opfer“

Als Standort für die Gedenktafel zur Erinnerung an die getöteten Soldaten der Royal Air Force schwebte Schmidt und seinem Verein die Mahn- und Gedenkstätte Karlshagen vor, auf der sich auch der Kriegsopferfriedhof befindet. Auf diesem sind unter anderem an die 2.000 Menschen beerdigt, die durch die britischen Bomben bei den Angriffen im August 1943 und im Juli 1944 den Tod fanden. Unterstützung für das Ansinnen kam vom SPD-Lokalpolitiker und Vorsitzenden des Deutsch-polnischen Kulturforums, Günther Jikeli, der von einem „mutigen Schritt“ sprach.

„Ich sehe keinen Grund, nicht an die Opfer unter den britischen Piloten zu denken. Die Angreifer waren damals die Feinde von Deutschland, aber aus heutiger Sicht unsere Befreier. Wir sollten auf der Insel gemeinsam der NS-Opfer gedenken“, forderte Jikeli und ergänzte: „Nazis waren allerdings für mich keine Opfer.“

„Frage von Tätern und Opfern“

Weniger begeistert von dem Vorhaben zeigte man sich dagegen in Karlshagen selbst. Eine Gedenktafel in der Nähe des Kriegsopferfriedhofs lehnte die Gemeinde ab. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT begründete Bürgermeister Christian Höhn die Entscheidung mit „ethischen Gründen“. Die Gemeinde habe nichts gegen das Gedenken an sich, „jedoch nicht dort, wo bis heute Deutsche ihrer getöteten Angehörigen gedenken“. Hierbei spiele auch immer die „Frage von Tätern und Opfern“ eine Rolle, sagte Höhn.

In der vergangenen Woche traf er sich nun mit den Befürwortern einer Gedenktafel. Dabei wurde ein Kompromiß gefunden, den der Bürgermeister als „salomonisch“ bezeichnete. „Eine Gedenktafel wird es nicht geben“, bekräftigte Höhn. Man habe sich aber auf zwei Informationstafeln verständigt, die demnächst in Peenemünde aufgestellt werden sollen – allerdings nicht in der Nähe der Kriegsgräberstätte. Auf diesen werde dann auch über die abgeschossenen Royal-Air-Force-Maschinen und deren Besatzungen berichtet. (krk)

Britischer Bomber vom Typ Halifax Mk 3 wie er beim Angriff auf Peenemünde 1943 zum Einsatz kam Foto: Wkimedia/United Kingdom Government/gemeinfrei
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