Der Saal ist brechend voll, als Birgit Kelle im Berliner „Löwenbräu“ das Mikrofon ergreift, um über ihr neues Buch „GenderGaga“ zu sprechen. Offenbar wächst der Unmut über eine Gleichstellungspolitik, die mitunter bizarre Blüten treibt. Bei einer Veranstaltung der „Christdemokraten für das Leben“ (CDL), die mit Kelle über Gender Mainstreaming und Gleichstellungspolitik diskutierten, kamen die Zuhörer aus dem Staunen kaum heraus.
Kritik muß die Union vom Berliner CDL-Chef Stefan Friedrich einstecken. Die Ideologie des „Gender Mainstreaming“, die davon ausgeht, daß männliche und weibliche Verhaltensweisen lediglich soziale Konstrukte seien, wertet Friedrich als Ideologie mit „totalitärem Charakter“. In einigen CDU-geführten Bundesländern werde Gender Mainstreaming genau in dem Sinne umgesetzt, „wie es die Linksideologen wollten“, beklagt Friedrich. Bei der CSU sehe es glücklicherweise etwas besser aus.
„Sprache ist nur der Anfang“
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Das dürfte die CSU-Bundestagsabgeordnete Katrin Albsteiger, die eine „kritische Würdigung“ des Kelle-Buchs vornehmen sollte, gerne gehört haben. Als die Politikerin sich als Gegnerin der Frauenquote bekennt, erntet sie denn auch heftigen Applaus. Doch Albsteiger äußert auch Kritik an der eigenen Partei, erwähnte einen Unionspolitiker, der in einer Plenardebatte die Formulierung „mannhaft und frauhaft“ verwendet habe.
Sogar CSU-Männer würden ihre Parteifreunde mit „liebe Delegiertinnen und Delegierten“ ansprechen. Dann nimmt Albsteiger sich das Gleichstellungsbüro Düsseldorf vor, das die Verwendung von „Ansprechpersonen“ statt „Ansprechpartnern“ empfohlen hat. Ein Raunen und Stöhnen geht durch den Saal. „Wem hilft das eigentlich?“, fragt Albsteiger. Und: „Sprache ist nur der Anfang. Es geht um Umerziehung.“
Und weil diese Umerziehung wohl kaum auf das Wohlwollen der Mehrheit trifft, wird sie durch die Hintertür durchgesetzt. „Es gibt keine politische Legitimation dafür!“, kritisiert Kelle. Sie könne sich nicht erinnern, „daß es dazu jemals eine gesellschaftliche Debatte gegeben hat“. Woher also, fragt Kelle, nehmen einige Universitäten sich das Recht, verpflichtende Gender-Sprache für schriftliche Arbeiten einzuführen?
Forderung nach einer offenen Debatte
Doch was ist nun zu tun, um den Wahn wieder in geordnete Wege zu lenken? Kelle fordert eine kritische Auswertung des „Outputs“ von Gender-Forschung. Wenn es diesen Output nicht gebe, dann müsse die entsprechende Forschung eben eingedampft werden, findet Kelle.
Zudem dürfe man die Existenz von Frauenbeauftragten nicht an die Einwohnerzahl koppeln, sondern an die Existenz von geschlechtsspezifischen Problemen. Vor allem aber brauche es eine offene, gesellschaftliche Debatte über Nutzen und Grenzen der Gleichstellung. Dann, sagt Kelle, würden radikale Gender-Ideologen in ihre Schranken gewiesen, „weil ich glaube, es ist noch genug gesunder Menschenverstand in diesem Land“.