WIESBADEN. Ein Urteil des Landgerichts Wiesbaden, das den kulturellen Hintergrund eines aus Afghanistan stammenden Mörders strafmildernd berücksichtigt hatte, ist auf scharfe Kritik gestoßen. „Der Mann ist hier aufgewachsen und hier zur Schule gegangen – er hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Er mußte wissen, welche Regeln hier gelten“, sagte die Vorsitzende des Vereins Peri, Brigitta Biehl, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wenn der Täter Christ oder Atheist gewesen wäre, würde seine Schuld schwerer wiegen?“ Peri setzt sich für von Zwangsheiraten bedrohte Frauen in Deutschland ein.
Der Täter, Isa S., hatte im Februar vergangenen Jahres seine schwangere Freundin brutal und hinterrücks erstochen. Das Gericht verurteilte ihn dafür wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, die jedoch nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Eine „besondere Schwere der Schuld“ sah die Kammer nicht. Begründung: Der Angeklagte habe sich „aufgrund seiner kulturellen und religiösen Herkunft in einer Zwangslage befunden“.
Nachdem seine Freundin ihm von ihrer Schwangerschaft berichtet hatte, hatte Isa S. sie immer wieder bedroht und aufgefordert, das Kind abzutreiben. Ansonsten würde sie „den Afghanen in ihm“ kennenlernen. Über Facebook schrieb er unter anderem: „Wenn Du das Kind bekommst, bin ich im Arsch. Such dir einen anderen Samenspender. Verarsch mich nicht, geh abtreiben.“ Während der Vernehmung hatte Isa S. seine Beteiligung an dem Mord bestritten. (ho)