Es ging heiß her am 29. April 2012, so wie selten in der zweiten Kreisklasse Hannover-Land. Spätestens nach der 80. Spielminute, als der TSV Katensen das 1:0 gegen Inter Burgdorf erzielt, bestimmt Aggressivität das Spielgeschehen, vor allem bei den kurdischstämmigen Spielern aus Burgdorf. Nach einem Foul rastet ein 31 Jahre alter Inter-Spieler aus und schlägt einen 24jährigen Katenser bewußtlos.
Es kommt zur Rudelbildung, Fäuste fliegen, der Schiedsrichter bricht das Spiel ab. Die Ersatzbank des Kurden-Clubs stürmt den Rasen, die Schlägerei eskaliert. Als die Polizei endlich eintrifft, findet sie drei Verletzte vor: zwei Katenser und den Schiedsrichter. Sämtliche Spieler aus Burgdorf haben das Weite gesucht. „Ich schäme mich und entschuldige mich für meine Leute“, wird Inter-Boß Hayati Kinno Anfang Mai in der Hannoverschen Neuen Presse zitiert.
Allerdings mahnt Kinno gleichzeitig die mangelnde Willkommenskultur auf fremden Sportplätzen an. So werde seine Mannschaft, in der ausschließlich jesidische Kurden spielen, öfters beschimpft; die Schiedsrichter verpfiffen regelmäßig die Spiele von Inter Burgdorf. „Der Wille zur Integration muß von beiden Seiten kommen“, sucht Kinno den Ausgleich.
Rassismusvorwürfe gegen Katensen
Jetzt wertete die Burgdorfer Amtsrichterin Stephanie Rohe den Übergriff als vorsätzliche Körperverletzung und verurteilte Ende Oktober den Schläger zu 2.400 Euro Strafe. Andere Krawallkicker konnten wegen widersprüchlicher Aussagen nicht belangt werden. Auch wenn Rohe damit ein Urteil des Sportgerichts bestätigt, das den Unhold im Sommer zu einer sechswöchigen Sperre verurteilte, hat die Presseberichterstattung inzwischen dazu geführt, daß nicht der Verursacherclub, sondern der deutsche Fußballverein und mit ihm gleich das ganze Dorf zwischen Hannover und Braunschweig als Beschuldigte dastehen.
So bestätigte der Vorstand des Fußballkreisverbandes, Rolf G. Schmidtmann, nach dem Amtsgerichtsurteil in der Neuen Presse am 1. November die sehr naheliegende Frage des Journalisten Joachim Dege, ob er wie von einigen Angeklagten behauptet, Katensen auch „als rassistisches Dorf“ beschreiben könne: „Dort gibt es seit Jahren Warnungen. Wenn dort Spieler mit Migrationshintergrund auflaufen, kommt es zu Äußerungen, die an die Menschenwürde gehen“ , weiß Schmidtmann zu berichten.
Schon mehrfach Vorfälle bei Inter-Burgdorf-Spielen
Günther Hennigs, Erster Vorsitzender vom TSV Katensen, weist diese Vorwürfe gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erbost von sich. „Es ist von Herrn Schmidtmann und Herrn Dege völlig danebengegriffen, unserem Dorf Rassismus zu unterstellen.“ Auch daß in der Medienberichterstattung ständig der ins Klischee passende Vereinsname „Gut Heil“ Katensen angeführt werde, sei falsch.
Diese Bezeichnung komme aus der Gründungszeit von 1926 und werde seit langem nicht mehr geführt. Tatsächlich, so Hennigs, seien die Probleme doch wohl eher bei Inter Burgdorf zu suchen, schließlich habe es in der vergangenen Spielzeit öfter Zwischenfälle gegeben.
So habe es in Mellendorf nördlich von Hannover bereits einige Monate zuvor einen Spielabbruch wegen aggressiven Verhaltens der kurdischstämmigen Spieler gegeben. Ein anderer Verein aus der Region, der SC Wedemark, habe die Meisterschaftspunkte lieber hergeschenkt, als das Risiko zu wagen, gegen Inter Burgdorf anzutreten.
„Interkulturelle Kompetenz“ stärken
Die Fußballfunktionäre in Niedersachsen haben bereits erste Schlüsse aus den Zwischenfällen gezogen: Unmittelbar nach dem Skandalspiel wurde gegen den beteiligten Schiedsrichter ein Verfahren eröffnet. Bis auf weiteres untersagte ihm der Verband das Pfeifen von Spielen des Inter Burgdorf.
Für die Zukunft kündigt Kreisverbandsfunktionär Rolf Schmidtmann an, man wolle nun in Hannover-Land die „interkulturelle Kompetenz“ stärken. „Wir fördern das in der Trainerausbildung. Manche Vereine sträuben sich noch und nehmen keine mehr Migranten auf. Andere aber leisten schon vorbildliche Arbeit.“ (bä)