Die royale Zeit in Deutschland hallt in der Bundesrepublik nur noch wie eine ferne Märchenzeit nach. Die zahlreichen Burgen und Schlösser und die reichhaltigen Sammlungen in den Museen, die häufig von kunstsinnigen Aristokraten zusammengetragen wurden, verleihen der oftmals allzu nüchternen Republik etwas Glanz. Daß die Epoche der Kaiser und Könige trotz des mehr als hundert Jahre zurückliegenden Sturzes der Monarchie noch nicht ganz vergangenen ist, zeigt die jetzt erzielte Einigung des ehemals regierenden preußischen Königshauses mit Bund und Ländern.
Jahrelang hatte der Chef des Hauses Hohenzollern, Prinz Georg Friedrich von Preußen, im Namen seiner Familie um zahlreiche historisch bedeutende Kunstgegenstände in den Museen und Schlössern gestritten, da die Besitzverhältnisse auch nach dem Ausgleich in der Weimarer Republik häufig weiter umstritten waren.
Die seit 2014 laufenden Verhandlungen, die von Gerichtsprozessen begleitet wurden, standen zuletzt immer stärker im Schatten der geschichtspolitischen Debatte, inwieweit insbesondere der ehemalige Kronprinz Wilhelm dem Aufstieg des Nationalsozialismus Vorschub geleistet habe. Auch unter diesem wachsenden Druck zogen die Hohenzollern 2023 ihre Klagen zurück, was im Herbst vergangenen Jahres neue Verhandlungen ermöglichte, die jetzt erfolgreich zum Abschluß gebracht werden konnten.
Der Große Gewinner soll die Öffentlichkeit sein
Im Kern bleiben alle historisch bedeutsamen Kunstgegenstände der öffentlichen Hand erhalten. Dafür wird von Bund, Ländern und den Hohenzollern eine gemeinsame „Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz“ eingerichtet, in die vor allem die lange umstrittenen Objekte des ehemaligen Hohenzollernmuseums, das in dem im Zweiten Weltkrieg zerstörten Berliner Schloß Monbijou untergebracht war, überführt werden.
Für den neuen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ist die Einigung „ein gewaltiger Erfolg für den Kulturstandort Deutschland und die kunstinteressierte Öffentlichkeit“. Großer Gewinner sei die Öffentlichkeit, die die Bestände weiterhin in Museen sehen könne.
Denn physisch bleiben die bedeutsamen Kunstgegenstände in den Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und im Deutschen Historischen Museum in Berlin. Damit werde zudem „ein dauerhafter Rechtsfrieden zwischen dem Haus Hohenzollern und der öffentlichen Hand gestiftet“, erläuterte Weimer.
Doch auch das preußische Herrscherhaus geht nicht leer aus
Zu den Kunstwerken, die in die neue Stiftung eingebracht werden, gehören das Bildnis Kurfürst Joachim I. von Brandenburg von Lucas Cranach d.Ä., die barocken Elfenbeinmöbel des Großen Kurfürsten und das Tafelservice für das 1750 von Friedrich II. erworbene Breslauer Stadtschloß. Doch auch das preußische Herrscherhaus geht nicht leer aus: Unter anderem bleiben sieben wertvolle Tabakdosen aus dem Besitz Friedrich des Großen im Besitz der Familie.
Vielleicht noch wichtiger: Über die neue Stiftung können die Hohenzollern künftig mit darüber bestimmen, wie mit den rund 6.000 betroffenen Kunstwerken umgegangen wird – ein geschichtspolitisch nicht zu unterschätzendes Detail.