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Verstaatlichung der Künste: Das Denken verändern

Verstaatlichung der Künste: Das Denken verändern

Verstaatlichung der Künste: Das Denken verändern

Kommunistische Kunst Foto: Pixabay
Verstaatlichung der Künste
 

Das Denken verändern

Zum Überleben benötigt nicht nur die Filmbranche Steuergelder. Die Kunst- und Kulturszene wird mit Subventionen gefügig gemacht. Die Künstler stellen sich willig in den Dienst einer politischen Agenda, die heute Diversität will. Die Parallelen zum Sozialismus sind augenfällig.
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Die Pressemeldung der Ufa, der Universal Film AG, vom 26. November 2020 ist ein denkwürdiges  Dokument. Sie verkündet eine Selbstverpflichtung, die Aussicht hat, für das Kulturleben der Bundesrepublik verbindlich zu werden: „Als erstes deutsches Unterhaltungsunternehmen verpflichtet sich die Ufa, Teil der Fremantle-Gruppe, zu mehr Diversität vor und hinter der Kamera. Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres 2024 im Gesamtportfolio der Ufa-Programme eines Jahres die Diversität der Gesellschaft abzubilden. Als Orientierung dient dabei der Zensus der Bundesregierung. (…) Ende 2021 soll die erste umfassende Auswertung der Ergebnisse stattfinden und veröffentlicht werden.“ Künftig sollen vor allem Frauen, (LGBTIQ*), People of Color sowie Menschen mit Beeinträchtigungen gemäß ihrer demographischen Verteilung im Programm vorkommen.

Die Mitteilung kann leicht dazu verführen, sich über die Beflissenheit eines Klassenprimus und autoritären Charakters lustig zu machen, der als erster die richtige Haltung zeigt und dafür eine Gratifikation erwartet. Doch Amüsement ist fehl am Platz. Die brutale Wahrheit lautet, daß ein Schwergewicht der deutschen Filmindustrie einen „Zensus der Bundesregierung“ übernimmt und sich offen in den Dienst ihrer politischen Agenda stellt.

Der Fernsehproduzent und Geschäftsführer der Ufa, Joachim Kosack (55), rechtfertigt den Gebrauch des künstlerischen Mediums als Propagandainstrument: „Wir haben als Medienschaffende eine besondere Verantwortung und müssen die uns zur Verfügung stehenden kreativen Mittel nutzen, um verantwortlich zu handeln und als Vorbild zu dienen. Wir müssen diskriminierenden Tendenzen entschieden entgegentreten, entsprechende Themen setzen und diese in unseren Programmen sichtbar machen.“

Diversität fördert Bürokratisierung der Kunst

Es geht also keineswegs darum, die realen Probleme entlang der ethnischen, kulturellen und religiösen Bruchlinien in der Gesellschaft zu benennen, sondern um die Unterstützung einer Politik, die viele der Konflikte überhaupt erst ins Land getragen hat. Zu diesem Zweck wird die politisch-korrekte Quote höher veranschlagt als Qualifikation, Plausibilität und Eignung. Das Ideal künstlerischer Freiheit – wozu die Auswahl der Themen, Sujets, der Erzählweisen und Personen gehört – soll dauerhaft in ein bürokratisches Korsett gezwängt, also abgeschafft werden. Denn die Aufgabe, „die Diversität der Gesellschaft abzubilden“, wird „bei der Ufa als ständiger Prozeß verstanden“.

Eine gewisse Schwierigkeit bereiten „insbesondere historische und dokumentarische Programme“, denn die deutsche und europäische Kultur, Geschichte, Wissenschaft und Technik waren nun mal – im Guten wie im Schlechten – Werke des Ufa-Mannes und der weißen Frau. Die Ufa will „hier neuen Erzählperspektiven, die noch nicht beleuchtet wurden, Raum geben“. Das könnte sich sogar als kreativ und innovativ erweisen, doch weil es einem politisch-ideologischen Programm folgt, kann das Ergebnis nicht anders sein als monoton, vorhersehbar und belehrend.

Der Ton, der hier angeschlagen wird, ist nur zu bekannt aus den Erklärungen der „Kulturschaffenden“, der Künstlerverbände und Kulturinstitutionen in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Auch sie erklärten sich – die einen erzwungen, die anderen freiwillig – bereit, am Aufbau des verordneten Gesellschaftsmodells aktiv mitzuwirken. Das Diversitätskonzept weist deutliche Parallelen zum „sozialistischen Realismus“ aus der Zeit des verflossenen Sowjet-Imperiums auf.

Auch Sowjets forderten Anpassung an Geist des Sozialismus

Dieser verlangte die „wahrheitsgetreue, historisch konkrete Darstellung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung“ und nahm den Künstler in die Pflicht, seine Werke „mit den Aufgaben der ideologischen Umformung und Erziehung der Werktätigen im Geiste des Sozialismus“ abzustimmen. So lautete die Direktive, die der Sowjetische Schriftstellerkongreß 1934 verabschiedete. Die Ufa äußert sich 2020 fast gleichlautend: „Diese Selbstverpflichtung hat zum Ziel, Verhalten und Denken zu verändern und zu inklusivem Handeln zu inspirieren, so daß zukünftig keine Standards, Zieldefinitionen und Messung der Zielerreichung mehr nötig sind.“

Der Künstler soll in beiden Fällen dazu beitragen, ein vorgeblich falsches, reaktionäres Bewußtsein auf das vorgeblich richtige, fortschrittliche Gleis zu setzen. Nur wurde der „sozialistische Realismus“ seit den 1960er Jahren von keinem Künstler, der auf sich hielt, mehr ernst genommen. Was die Ufa veranstaltet, ist eine reaktionäre Rolle rückwärts in den Neostalinismus.

Es handelt sich um einen Angriff auf die künstlerische Freiheit, auf die Kreativität und Phantasie, auf die Würde der Film-Kunst schlechthin. Aus Berufsstolz müßten sich Regisseure, Schauspieler, Drehbuchautoren zu wütendem Protest erheben.

Es herrscht Friedhofsruhe unter den Künstlern

Doch es herrscht dröhnende Friedhofsruhe. Einzig Regisseur Dominik Graf sprach von der „Zensur der Stoffe“, der Ignoranz gegenüber „künstlerischen Grundvoraussetzungen“ und äußerte die Befürchtung, der „überwiegende filmische Schwachsinn“ solle „mit einem gesellschaftsrelevanten Verhaltenscode wettgemacht werden“. So wird es wohl kommen. Die Minderbegabten, aber politisch Konformen werden ihre Chance ergreifen.

Die Ufa zitiert die Schauspielerin Maria Furtwängler, die das Vorhaben „inspirierend“ nannte. Hätte sie sich gegenteilig geäußert, würde die „Cancel Culture“ ihre Karriere als „Tatort“-Kommissarin Charlotte Lindholm umgehend beenden. Als Ehefrau des Großverlegers Hubert Burda hätte sie zumindest keine finanziellen Probleme – im Unterschied zum Gros ihrer Kollegen aus der Schauspiel- und Kulturbranche. Die sind schon in normalen Zeiten nicht auf Rosen gebettet. Das Corona-Regime verurteilt sie zu purer Existenznot.

Die darstellenden Künste trifft es besonders hart. Zwar leiden auch Schriftsteller und Maler unter dem Wegfall von Lesungen und Vernissagen, aber wenigstens können sie im stillen Kämmerlein an ihren Werken arbeiten und mit ein wenig Glück verkaufen. Die Filmproduktion ist hingegen eingestellt, die Kinos sind geschlossen. Zum Überleben benötigt die Filmbranche Steuergeld, das der Staat verteilt. Daraus ergibt sich ein klares Abhängigkeitsverhältnis und das opportunistische Pochen von Künstlern auf ihre „Systemrelevanz“, das heißt auf den politischen Gebrauchswert ihrer Arbeit.

Just am selben Tage …

Bemerkenswert ist eine zeitliche Koinzidenz: Just als am 25. November 2020 die Ufa ihre Selbstverpflichtung verkündete, wurde im Kanzleramt ein „Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ verabschiedet. In Wahrheit handelt es sich um ein Programm zum multikulturellen Umbau der Gesellschaft, in das auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) eingebunden ist.

So wird unter Punkt 68 der „Auf- und Ausbau konkreter Präventionsprojekte (…) in BKM-geförderten Einrichtungen und bei Projektpartnern insbesondere der Sparten Museen, Theater, Musik, Film, Bibliotheken, Archive, Sprache, Literatur und Medien (…)“ gefordert. Unter Punkt 70 ist die Rede vom „Ausbau der Umsetzung der Diversitätsstrategie (…), um die demographische und kulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft in bundesgeförderten Kultureinrichtungen abzubilden und im Publikum, Programm, Personal und bei Partnern zu verankern“.

Einige Bundesländer praktizieren das bereits in der staatlichen Filmförderung. Von Bedeutung dürfte auch sein, daß die Ufa zum Bertelsmann-Konzern gehört. Die Bertelsmann-Stiftung leistet mit ihren Umfragen, Expertisen und Gutachten Vor- und Zuarbeiten für Politik und Medien. Da ist es nur natürlich, wenn dieser Global Player die ihm angeschlossene Filmsparte mit gutem Beispiel vorangehen läßt.

Untertänige Worte der Angst einer ganzen Branche

Und längst sind die „Kulturschaffenden“ weichgekocht. Der Theater- und Filmregisseur Leander Haußmann veröffentlichte bereits Ende Oktober auf Facebook eine Ergebenheitsadresse an Merkel, Söder & Co. Ihrer Generallinie stimmte er vollinhaltlich zu: „Der Lockdown ist richtig.“ Er hatte allerdings ein paar Verbesserungsvorschläge finanzieller Art. So sollte man den Künstlern die Steuer von 2019 erlassen, „denn 2020 kam ja nichts rein, wovon sollst du leben“.

Zur Bekräftigung des – berechtigten – sozialen Anliegens inszenierte er sich als geistkämpfender Antifaschist: Wenn „(die) Kinos, die Theater, die Opern, Museen, Galerien, all die Orte der freien Künstler, da wo sich normalerweise Menschen versammeln, um sich zu wärmen und um diese Botschaft von Brüder- und Schwesterlichkeit zu empfangen“, wenn die ausfallen, dann wird Alexander Gauland, „dieser 78jährige Volksverführer in seiner Verkleidung als Bildungsbürger seine Pferde vor die Kutsche der sich sorgenden und durch das Raster aller sozialen Förderungen gefallenen Menschen (spannen) und sie Richtung Faschismus (peitschen).“

Die Kunst wird sich alternative Strukturen suchen

Ist der Mann noch bei Trost? Nun, aus seinen Worten spricht die Existenzangst einer ganzen Branche, und Angst macht bekanntlich gefügig. Ein Facebook-Kommentator schrieb treffend, da wollten sich welche „als stramme ‘Kämpfer gegen Rechts’ die Wertschätzung einer unfähigen Regierung (…) erwerben“.

Der Staat wird den Künstlern gewiß entgegenkommen. Der zu zahlende Preis ist die Verstaatlichung der Künste und ihre totale politische Funktionalisierung. Die Ufa als Unterorganisation von Bertelsmann gibt die Richtung vor. Die Kunst als Raum geistiger Freiheit und gesteigerter Imagination wird sich in alternativen Strukturen bewähren müssen.

JF 53/20 – 1/21

Kommunistische Kunst Foto: Pixabay
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