DRESDEN. Zahlreiche konservative Theologen haben die Kampagne gegen den sächsischen Landesbischofs Carsten Rentzing kritisiert. Rentzing war vergangenen Freitag unter anderem wegen der Kritik an seiner Mitgliedschaft in einer studentischen Verbindung zurückgetreten. „Wenn dies bei uns so aussieht, daß keiner Bischof sein darf, der vor seiner Hinwendung zu Christus und seiner Taufe Positionen vertreten oder Taten begangen hat, die unchristlich waren oder vielleicht sogar antichristlich, dann verleugnen wir unseren Herrn und verkehren die Botschaft von der Versöhnung mit Gott durch Vergebung der Sünden in die ewige Verdammnis infolge derselben“, sagte Pfarrer Falk Klemm von der Sächsischen Bekenntnisinitiative.
Der Vorsitzende des Sächsischen Gemeinschaftsverbandes, Pastor Reinhard Steeger, nannte es erschreckend, daß Rentzing sich in seiner Erklärung für seine theologische konservative Prägung habe rechtfertigen müssen. „Man stellt sich unwillkürlich die Frage, in welchem Maß bibeltreue und auf das Evangelium ausgerichtete Theologie in Zukunft Anerkennung, Respekt und Akzeptanz in der sächsischen Landeskirche haben werden.“
Rentzing distanziert sich
Der Sprecher des Arbeitskreises Bekennender Christen in Bayern, Hans-Joachim Vieweger, kritisierte, einige hätten von Anfang an nicht verkraftet, daß ein konservativer Lutheraner Bischof geworden sei. Es sei „unevangelisch, einen Menschen auf Fehler der Vergangenheit festzunageln“. Auch der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, Helmut Matthies, verteidigte Rentzing. Er warf einigen Kommentaren „eine klammheimliche Freude“ vor, „daß der einzige dezidiert konservative Landesbischof in der EKD endlich aufgegeben hat“.
Er habe sein Amt mit dem Wunsch angetreten, die „verschiedenen Positionen innerhalb der Landeskirche wieder einander näher zu bringen“, schrieb Rentzing in seiner Rücktrittserklärung. Er müsse nun aber mit großem Bedauern feststellen, „daß die aktuelle Diskussion um meine Person diesem Ziel“ schade.
„Positionen, die ich vor 30 Jahren vertreten habe, teile ich heute nicht mehr“, stellte er klar. Anfang der neunziger Jahre wurde Rentzing Mitglied der schlagenden Verbindung „Alte Prager Landsmannschaft Hercynia“ und ist es bis heute geblieben.
Petition fordert Verbleib Rentzings im Amt
Eine Gruppe mit dem Namen „Bekennende Christinnen und Christen in Sachsen“, darunter mehrere Pfarrer, hatten am 27. September eine Online-Petition an Rentzing gerichtet. Darin forderten sie ihn auf, sich öffentlich und deutlich von „allen nationalen, antidemokratischen und menschenfeindlichen Ideologien“ zu distanzieren. Auch solle er darlegen, warum er weiterhin Mitglied in der Landsmannschaft sei.
Darüber hinaus wurde ein Auftritt Rentzings in der Bibliothek des Konservatismus in Berlin problematisiert. Auch seine kurz darauf bekannt gewordene Autorenschaft für die Zeitschrift Fragmente Anfang der neunziger Jahre sorgte für Kritik.
Nun hat eine Petition auf der Plattform Citizengo allerdings den Verbleib Rentzings als Bischof gefordert. In der am Mittwoch gestarteten Petition an das Landeskirchenamt heißt es, der Landesbischof habe sich nichts zuschulden kommen lassen, „das einen Rücktritt rechtfertigen würde“. Deshalb sei es nötig, ihn gegen den ausgeübten Druck und die gegen ihn begonnene „Schmutzkampagne in Schutz zu nehmen und für seinen Verbleib im Amt einzutreten, damit die Intriganten nicht die Oberhand behalten“.
Auch andere Bischöfe waren in schlagenden Verbindungen
Der gesamte Vorgang habe auch eine politische Dimension. Deshalb seien nicht nur die direkt betroffenen evangelischen Christen, sondern „alle aufrechten Demokraten“ gefordert, mit der Petition an die zuständigen Gremien der sächsischen Landeskirche „ein deutliches Zeichen der Solidarität“ mit Landesbischof Rentzing zu senden. Innerhalb weniger Stunden haben bereits mehrere Hundert Unterstützer die Petition unterschrieben.
In der Eingabe werden die Vorwürfe gegen Rentzing zurückgewiesen. Tausende Akademiker seien in Deutschland Mitglieder von Studentenverbindungen. So sei etwa Werner Leich, von 1978 bis 1992 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, ebenfalls Mitglied einer schlagenden Verbindung gewesen. „Bei Bischof Leich hat dies (zu Recht) niemanden interessiert, bei Bischof Rentzing wird dies zum Skandal gemacht. Warum?“. Leich war auch Vorsitzender des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR (1986–1990) und gilt als „Bischof der Friedlichen Revolution“.
Zur Autorentätigkeit von Rentzing bei der Zeitschrift Fragmente heißt es, in seinen Aufsätzen habe er sich unter anderem kritisch mit der Demokratie in der Bundesrepublik beschäftigt, „wie er sie kurz nach der Wende wahrgenommen hat. Demokratiekritik aber ist nichts Verwerfliches.“ Auch Philosophen täten dies seit der Antike bis heute immer wieder. (idea/tb)