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Unterhaltung: Recyclinghof für Altpromis

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Unterhaltung
 

Recyclinghof für Altpromis

Das RTL-Dschungelcamp geht in die sechste Runde: Brot und Spiele für das Millionenheer vor der Mattscheibe. Das Konzept basiert auf den Konflikten zwischen den unterschiedlichen Charakteren der C-Prominenz.
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Von wegen elf Freunde müßt ihr sein: Das Campkonzept setzt auf den Konflikt Foto: RTL/Stefan Gregorowius

Heute kann jeder zum Medienstar werden. Aber die Inflation der „Celebrities“ führt zu einem hausgemachten Problem: Die Medienwelt leidet an Überbevölkerung. Wohin mit den ganzen C-Promis, Sternchen und Talenten? Die Branche hat deshalb einen medialen Recyclinghof errichtet: das Dschungelcamp. Keiner kann so untalentiert oder ausrangiert sein, daß er nicht noch im RTL-Urwald wiederverwertet werden könnte.

Aktuell startet die sechste Staffel des Brot-und-Spiele-Klassikers „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ Das Publikum hungert schon nach dem Menschenmaterial, das sich vor den Kameras gegenseitig zum Fraß vorgeworfen wird. 2011 starrten am Höhepunkt des Camps 5,36 Millionen Zuschauer im Alter von 14 bis 49 Jahren auf die Mattscheibe. Das entsprach einem Marktanteil von 50,3 Prozent, der nur im Finale 2004 mit 54,1 Prozent höher lag. Sie wollen Schweiß, Schlamm und Tränen sehen.

Ein bißchen Würde für den Überlebenden

Die Idee ist genial: Statt sündhaft teure Galas mit Ballett, Orchester, Gottschalk und aktuellen Topstars zu produzieren, sammelt man verbrauchte und gescheiterte Existenzen vom Straßenrand des Showgeschäftes ein und macht das Publikum zum Imperator der Arena. Ave Zuschauer – die Entwürdigungsgeweihten grüßen dich! Wer überlebt, bekommt ein mediales Schulterklopfen und wenigstens ein bißchen Würde wieder zurück.

Nun hat der Privatsender erneut zehn Kandidaten von der Resterampe nach Dungay Creek ins australische Outback von New South Wales verfrachtet. Zum Beispiel den Ex-Kicker Aílton Gonçalves da Silva. Früher wurde der Brasilianer bei Schalke 04 wegen seiner Sprintstärke „Kugelblitz“ genannt. Heute ist er nur noch Kugelbauch. Seine Millionen hat er nach eigenen Angaben verjubelt und nun Schulden in Millionenhöhe. Doch sein drolliges Deutsch („Ailton Tor – alles gut!“) verspricht Unterhaltungswert.

Oder Ramona Leiß. Die 54jährige mit dem rollenden R moderierte in den tiefsten 1980ern die alberne „Knoff-Hoff-Show“. Nach Rausschmiß beim ZDF und Pleite outete sie sich als lesbisch und zog mit ihrer Freundin zusammen. Der einzig wirkliche Star ist die Ex von Sylvester Stallone („Rambo“) Brigitte Nielsen. Die ewige 48jährige – war die nicht schon vor 20 Jahren so alt? – hat gute Beziehungen zu RTL, seitdem sie sich 2008 für die Schönheits-OP-Doku „Aus alt mach’ neu“ vor laufender Kamera an diversen Stellen runderneuern ließ.

Dreißig- bis Sechzigtausend Euro Schmerzensgeld

Als Kontrahentin für den beabsichtigten Zickenkrieg mit Nielsen schickt die Redaktion das Ausziehmädchen Micaela Schäfer in die Wildnis. Das ehemalige „Germany’s next Topmodel“ und „Supertalent“ ließ sich seine Brüste in drei Operationen auf Körbchengröße 80 D aufpumpen. Beide kennen sich also mit Messern aus.

Und dann sind da noch TicTacToe-Sängerin Jazzy mit der großen Klappe (inzwischen 36 Jahre alt), „Momo“-Kinderstar Radost Bokel (ebenfalls schon 36), Uwe Ochsenknechts unehelicher Sohn Rocco Stark, der abgehalfterte Zauberer Vincent Raven sowie diverse DSDS- und „Star Search“-Gesichter. Sie alle waren mal jung und brauchen jetzt Geld. Doch die „Kohle“ – zwischen 30.000 und 60.000 Euro Schmerzensgeld erhalten die Insassen des Dschungelcamps, nur die Nielsen kriegt angeblich über hunderttausend – will hart verdient werden: Wecken ist wegen der Zeitverschiebung gegen sechs Uhr morgens, denn die Sendung wird live produziert.

Eine Handvoll Kakerlaken kauen für ein Bierchen

Es gibt nur ein einziges primitives Plumpsklo, das von den Kandidaten selbst saubergehalten werden muß. RTL hat clever kalkuliert, daß dies zwischen Hygieneschlampen und Sauberkeitsfanatikern unweigerlich zu Streitereien führen dürfte. Außerdem gibt es statt gekühlten Longdrinks nur Wasser – und das muß aus dem Teich geschöpft und abgekocht werden. Zu Essen bekommen die Campierer nichts als Bohnen und Reis – nur nach erfolgreicher Prüfung besteht Aussicht auf Verbesserung des Speiseplans. Eine Handvoll Kakerlaken kauen für ein Bierchen.

Der Bund gegen den Mißbrauch der Tiere hat übrigens gegen die Sendung protestiert, da Schaben und Würmer unnötigerweise in Streß versetzt würden. Welche Kakerlake möchte schon mit diesen Irren Bekanntschaft machen?

JF 03/12

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