Das geteilte Deutschland im Oktober 1961. Zwei Monate nach dem Mauerbau sichert das DDR-Regime landesweit die Grenze gegen Westen zum „Klassenfeind“ ab, die SED-Führung ordnet sogar den Gebrauch von Schußwaffen gegen „Republikflüchtlinge“ an. Im grenznahen thüringischen Böseckendorf wollen sich die Einwohner mit dieser Entwicklung jedoch nicht abfinden. Immer öfter werden Flüchtlinge von einem bislang unbekannten Schleuser aus Böseckendorf über die Grenze gebracht, was dem Regime natürlich nicht lange verborgen bleibt. Ohnehin sind viele Böseckendorfer der Partei ein Dorn im Auge, weil sie sich standhaft weigern, der LPG beizutreten, oder weil sie bei von oben angeordneten Feierlichkeiten gerne durch Abwesenheit glänzen.
Als der Bürgermeister Manni (Thure Riefenstahl), ein eher kritischer Parteigenosse, mehr durch Zufall von einem Plan der SED-Bezirksleitung und der Staatssicherheit in Erfurt erfährt, daß sämtliche regimekritischen Bewohner von Böseckendorf zwangsumgesiedelt werden sollen, beschließt man spontan eine Massenflucht. Mit seiner Gattin Tonia (Anna Loos), die sich als die mutige Schleuserin entpuppt, entwickelt Manni einen waghalsigen Plan. Doch zunächst müssen sie noch einen Spitzel in den eigenen Reihen entlarven und die stramm linientreue SED-Funktionärin Marx (Rebecca Immanuel) auf eine falsche Fährte locken. Aber kann ein ganzes Dorf tatsächlich unbemerkt über Nacht der DDR-Staatsgewalt entfliehen?
Regisseur Oliver Dommengets nach einer wahren Begebenheit inszenierter Film „Böseckendorf – Die Nacht, in der ein Dorf verschwand“ (2009) über die größte innerdeutsche Flucht, bei der am 2. Oktober 1961 in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ 14 Familien, insgesamt 53 Personen, den Ort Böseckendorf im Sperrgebiet in Richtung Bundesrepublik verlassen, weist eine Spannung und Dramatik auf, die jedem Thriller gerecht wird. Nie zuvor und nie danach gelang es einer so großen Gruppe von Flüchtlingen, die innerdeutsche Grenze zu überwinden. Daß dabei trotz des Schießbefehls keiner der Beteiligten zu Tode kam oder auch nur verletzt wurde, bezeichnen die Flüchtlinge, aber auch manche der früheren Grenzsoldaten noch heute als „glückliche Fügung“.
Gewidmet hat Oliver Dommenget seinen mit Mitteln des Landes Niedersachsen geförderten Film den über 1.000 Opfern, die an der innerdeutschen Grenze bei ihrer Flucht in die Freiheit ums Leben kamen.
DVD: Böseckendorf – Die Nacht, in der ein Dorf verschwand, Lighthouse Home Entertainment, Nortorf 2009, Laufzeit etwa 97 Minuten abschütteln.Wettbewerbs aus 9,80 Euro.