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Fühlst Du Dich manchmal auch wie ein Zwerg in seinem Berg?“ Mit dieser über eine simple Notebookweise aufgeworfenen Frage gibt Jean Polly zu erkennen, aus welcher Warte seine auf der Debüt-CD „England“ (Tapete Records) dem Hörer offerierte Weltschau erfolgt. Sein naives Staunen über all das Wundersame und Furchteinflößende in nah und fern, gekleidet in Worte aus dem Fundus kindlichen Herantastens an das sogenannte Leben, kann sicher nicht den Anspruch der Originalität erheben, handelt es sich doch um eine Masche, die so alt ist wie die Unterhaltungsmusik selbst.

Auch dem Mut, der bewußten Banalität der Worte eine musikalische Entsprechung zu verschaffen, mag nur schwer Bewunderung gezollt werden. Auf die Idee, mit Ohrwürmchen an die Öffentlichkeit zu gehen, die auch dem Chinaspielzeug aus dem 99-Cent-Discounter entlockt werden können, sind schon so manche, und nicht wenige von ihnen mit Erfolg, verfallen. Und schließlich löst auch die Marotte, die beharrliche Wahrung der Anonymität als ein Markenzeichen einzusetzen, allenfalls noch Gähnen aus, nachdem Peter Licht (JF 40/08) sich dieses Instruments zur Genüge bedient hat.

Hängen somit die Sterne, nach denen der neue Anonymus greift, nicht allzu hoch, so erwischt er die, die in Reichweite liegen, mit Bravour. Dabei kommt ihm aber nicht nur sein eigenes künstlerisches Geschick zugute, sondern eben auch eine Welt, die es ihm leichtmacht, sich so und nicht anders mit ihr auseinanderzusetzen: „Es sind die Straßen/ es sind die Häuser/ so viele Menschen, die kämpfen/ so wenig Zeit, die bleibt./ Es sind die Lügen/ es sind die Kriege/ so viele Bilder/ verbreiten Angst und Ohnmacht überall.“

Ganz in Lebensart geht hingegegen Dex Romweber auf, mit seiner früheren Band Flat Duo Jets einst darauf spezialisiert, den in nostalgischer Wahrnehmung verdrängten Zorn des Rockabilly durch rauhe Spielweise wieder herauszuschütteln. Mit seiner Schwester Sara am Schlagzeug firmiert er unterdessen als Dex Romweber Duo, das auf der CD „Ruins of Berlin“ (Bloodshot Records), unterstützt von Gastinterpreten, eine bunte Mischung von Kostproben unterschiedlichster Stilrichtungen aneinanderreiht, in denen man sich offenbar so zu Hause fühlt, daß der Hörer den Eindruck mitnehmen könnte, hier käme endlich mal wieder jemand so richtig authentisch daher. Chaotischer Blues voller Inbrunst und schnörkelloser Pipifax-Rock wechseln hier mit schmalzigem Liedermacherliedgut und öden Gassenhauern (wie dem Titelsong, einer Cover-Version einer Marlene-Dietrich-Filmmusik von Friedrich Hollaender) ab, Eigenes steht neben neu interpretiertem Fremden, einiges Hörenwertes neben so manchem Belanglosen. Dex Romweber wird ein Geheimtip bleiben.

Etwas weiter hat sich mit ihren gerade einmal 18 Jahren bereits die angeblich auf einem Bauernhof in der Steiermark aufgewachsene Anja Plaschg ins Rampenlicht vorangearbeitet, die sich als Interpretin beklemmender Hymnen aus dem Schattenreich bereits einen Namen gemacht hat und nun unter dem Projektnamen Soap & Skin mit ihrem Debüt-Album „Lovetune for Vacuum“ (PIAS) reüssiert ist.

Das Genre, das sie repräsentiert, ist nicht taufrisch, aber nur spärlich besetzt. Die Absicht, mit der Chanteuse Nico aus Olims Zeiten in Verbindung gebracht zu werden, ist erkennbar, sie hat schließlich deren düsteres „Janitor of Lunacy“ bereits gecovert. In den 1980er und 1990er Jahren gab es auf dem 4AD-Label sowie im Umfeld der US-Gruppe Black Tape for a Blue Girl vergleichbare Kompositionen, allerdings mit mehr süßlicher Penetranz und mehr Freude am Experiment. Soap & Skin hingegen verbindet exaltiertes Gebaren mit dann doch eher konventioneller Musik.

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