Längst schon hat der Klimawandel die Züge einer ideologischen Auseinandersetzung angenommen. Während die einen vom „Klimaschwindel“ sprechen und andere immer neue apokalyptische Szenarien entwerfen, sind seriöse Informationen, die nicht von Interessen geleitet sind, eher selten zu finden. Vor diesem Hintergrund läßt es aufhorchen, daß zeitgleich im deutschen Sprachraum zwei Bücher erschienen sind, deren Titel sich ähneln: „Der Klimakrieg“ hat der Bochumer Unternehmer Jürgen Hüholdt ein Werk genannt, das fundiert über eine Entwicklung berichtet, die mit Appellen zum Energieeinsparen allein ganz sicher nicht aufgehalten werden kann. Und der Soziologe Harald Welzer nennt sein Buch „Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird“. Beide Autoren haben sich bislang nie persönlich getroffen, beide haben unabhängig voneinander recherchiert. Der Unternehmer und der Soziologe kommen sicherlich aus unterschiedlichen politischen Lagern — doch beide kommen zum gleichen Ergebnis: Der Klimawandel ist eine Tatsache. Und er betrifft nicht nur vom Aussterben bedrohte Eisbären, sondern wird überall auf der Welt Auswirkungen auf die menschlichen Lebensgemeinschaften haben. Das Klima, so Welzer, wird immer öfter zum Kriegsgrund werden. Der Klimakrieg, so Hüholdt, hat längst schon begonnen. Seine Fronten verlaufen auf unterschiedlichen Kampfplätzen, und die jeweiligen Strategen agieren immer öfter mit nicht unumstrittenen Taktiken. Hüholdt stellt den Klimakrieg als vielschichtiges und mehrdimensionales Geschehen dar. Er berichtet über die Wettermanipulationen der Militärs, über neue Waffensysteme, neue Energien und Kernkraft, Wasser als Menschenrechtsfrage und den globalen Ökoterrorismus. Harald Welzer berichtet über afrikanische Bootsflüchtlinge, die immer öfter vor den Folgen des Klimawandels aus ihrer Heimat nach Europa fliehen. An diese Bilder haben wir uns im Fernsehen längst gewöhnt — aber zugleich werden Klimaschutzwälle errichtet. Indien zum Beispiel mauert sich ein, weil es die Klimaflüchtlinge aus dem benachbarten Bangladesh nicht länger aufnehmen will. Beide Autoren wenden sich gegen Alarmismus und Panikmache. Ganz pragmatisch mahnen sie aus unterschiedlichen Perspektiven ein Umdenken an: Es muß etwas passieren, sonst werden die Konflikte um Ressourcen immer neue Gewalt hervorrufen. Politik und Medien haben Klimawandel bislang nur als „Erderwärmung“ betrachtet und nicht wenige Bürger stellen sich daher die Frage, ob es denn wirklich so schlimm sein werde, wenn der Sommer in Deutschland heißer und die Biergartensaison verlängert wird. Hüholdt und Welzer kommt das Verdienst zu, diese Sichtweise erheblich zu erweitern. Beide Autoren berichten vor allem auch über Rohstoffe, die in Zeiten des Klimakrieges knapper werden und zur Neige gehen. Und übereinstimmend skizzieren sie Menschen mit sinkenden Realeinkommen, die nicht mehr für das systemnotwendige Wirtschaftswachstum sorgen können. Wenn die Energie- und Klimafragen nicht mit neuen Konzepten beantwortet werden, dann sieht die Zukunft aus der Perspektive der Autoren düster aus. Auch wer den Klimawandel für einen „Klimaschwindel“ hält, wird diese Bücher mit großem Gewinn lesen. Jürgen Hüholdt: Der Klimakrieg. Weltthemen-Verlag (WTV), Bochum 2008, broschiert, 330 Seiten, 18 Euro Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird. S. Fischer Verlag, Frankfurt/ Main 2008, gebunden, 300 Seiten, 19,90 Euro