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Lieber Ketzer als Kerker

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Karfunkel, die zweimonatlich erscheinende „Zeitschrift für erlebbare Geschichte“ befaßt sich unter anderem mit Themen wie „Die Jagd im Mittelalter“, „Musik im Wandel der Zeiten“, „Die Zeit der Staufer“, „Spanien im Mittelalter“ oder der Geschichte der Wikinger und Kelten und dem Mythos der Megalith-Kulturen. Die aktuelle Ausgabe macht den Leser neben Hexenverfolgung und Inquisition mit der Kräuterheilkunde der Benediktineräbtissin Hildegard von Bingen bekannt, deren Wahrnehmungsfähigkeit infolge ihrer visionären Begabung besonders stark ausgeprägt war. Hildegard, die in der Ausübung ihres ärztlichen Berufes in einer langen, bis in die Antike zurückreichenden Tradition stand, schrieb ihr medizinisches Wissen in zwei mehrteiligen Büchern nieder: der Naturkunde („Physica“) und der Heilkunde („Causae er curae“), deren Aktualität auch heute im Zeitalter hochtechnisierter Medizin noch gegeben ist. Von Hildegard zu den Klostergärten des Mittelalters ist der Weg nicht weit. Geprägt durch antike und keltisch-germanische Einflüsse lieferten sie Nahrung, Heilkräuter andere Nutzpflanzen und Blumen für rituelle Zwecke. Vorgeschrieben war neben dem Kreuzgang, der selbst ein Garten war, ein Gemüse- und ein Kräuter- bzw. Arzneigarten sowie ein Baumgarten. Als Ort der Meditation, des Friedens, der Schönheit und der Symbolik stellte er gleichsam eine Oase der Stille dar. Ein Thema voller Widersprüche ist hingegen die Alchemie. Bekannt als „esoterische Wissenschaft“ – worunter man in der Antike und im Mittelalter jedoch etwas völlig anderes verstand als heute -, galt sie als Wissenschaft für einen kleinen Kreis Eingeweihter und Gebildeter, die ihr Denken und Forschen nicht mit jedem Außenstehenden zu teilen gedachten. Genau wie bei den Zünften, die ihr Wissen nur innerhalb der eigenen Gruppe weitergaben – so blieb unter anderem die Bauweise der gewaltigen gotischen Kathdralen geheim -, lag der Grund dieser Geheimhaltung in einer Verantwortungsethik, die davon überzeugt war, daß der, der Wissen erlangt, auch für die Folgen dessen einstehen muß, was aus seinem Wissen entsteht. Heute ist leider das Gegenteil der Fall. So sieht sich ein moderner Genforscher als „reiner Wissenschaftler“, der für die mißbräuchliche Verwendung seiner Forschungsergebnisse nicht haftbar gemacht werden kann. Weitere Beiträge behandeln durchaus differenziert die Themen „Inquisition“ und „Hexenverfolgung“. Es wird klargestellt, daß die Inquisition auch juristische Reformen mit sich brachte und die Haft in einem ihrer Gefängnisse in der Regel leichter zu ertragen war als die im gewöhnlichen Kerker, weshalb sich manch einer nur deshalb als „Ketzer“ bezeichnet habe, um in die „Annehmlichkeit“ inquisitorischer Haftbedingungen zu kommen. So sprach der Inquisitor von Toulouse, Bernard de Caux, 207 Urteile, darunter kein einziges Todesurteil und nur 23 Haftstrafen. Der Rest der Angeklagten wurde zum Tragen des Kreuzes „verurteilt“. Und viele Hexenprozesse scheiterten am Widerstand der Ortsbischöfe, die sämtliche Frauen wieder freiließen. Karfunkel-Verlag. Hauptstr. 85, 69483 Wald-Michelbach. Der Einzelpreis beträgt 6,90 Euro, das Jahresabo kostet 35 Euro. Internet: www.karfunkel.de

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