Auf wie vielen Hochzeiten kann man gleichzeitig tanzen? Oder Gitarre spielen? Selbst der umtriebigste Tausendsassa und Hansdampf in allen Gassen wird sich irgendwann beschränken müssen. Wer alles gleich gut machen will, schafft nichts herausragendes. Anders ausgedrückt und übersetzt in die Sprache von Unternehmensberatern wie Edgar Geffroy („Ich will nach oben“): Wer sich konzentriert, der wächst. Wer sich verzettelt, der schrumpft. Diese Gefahr muß offenbar auch der junge griechische Gitarrist Gus G. gesehen haben, der sein vielbeschworenes Talent gleich in mehreren Heavy-Metal-Bands und Projekten unter Beweis stellte. Doch erst nachdem er sich von den meisten Verpflichtungen (Nightrage, Mystic Prophet, Dream Evil, Arch Enemy) gelöst hat, um sich voll und ganz auf sein eigenes Projekt zu konzentrieren, scheint ihm nun auch Erfolg beschieden. Die Kritiker jedenfalls hat Gus G., der eigentlich Kostas Karamitroudis heißt, schon mal überzeugt. In den Wertungen der beiden maßgeblichen Musikmagazine Rock Hard und Metal Hammer belegt seine Band Firewind mit dem kürzlich erschienenen Album „Allegiance“ (Century Media/EMI) vordere Plätze. Es ist seit 2002 die vierte Veröffentlichung der Gruppe um den 25jährigen Gitarristen, der von Experten bereits mit dem schwedischen Saitenhexer Yngwie Malmsteen verglichen wird. Doch wie so viele Ausnahmegitarristen hatte auch der Grieche bislang seine liebe Mühe und Not damit, dauerhafte Mitstreiter für seine Band um sich zu scharen. So gehören zu der aktuellen Fünfer-Besetzung neben Gus G., Keyboarder Bob Katsionis und Petros Christo am Bass wieder zwei Neuzugänge: Sänger Apollo Papathanasio (ehemals Majestic und Time Requiem) sowie Schlagzeuger Mark Cross, vormals in Diensten von Helloween und Metalium. Beide bedeuten für Firewind einen deutlich hörbaren Zugewinn. So wirkt „Allegiance“ ungleich kompakter, dynamischer und abwechslungsreicher als die drei Vorgängeralben „Between Heaven And Hell“ (2002), „Burning Earth“ (2003) und „Forget by Fire“ (2005). Von der ersten Sekunde an lassen Firewind dem geneigten Metaller kaum Zeit zum Durchschnaufen. Bereits der Opener und Titeltrack „Allegiance“ hämmert mit einer solchen Wucht aus den Boxen, daß einem das Toupet wegfliegt; gefolgt von dem nicht minder treibenden „Insanity“, der mit einem eingängigen Mitsing-Chorus ausgestatteten Midtempo-Nummer „Falling To Pieces“ und „Ready To Strike“, das vor allem, aber nicht nur dank der Stimme von Papanthanasio als „metallische“ Variante von David Coverdale und Whitesnake zu ihren besten Zeiten daherkommt. Ähnlichkeiten mit Ronnie James Dio sind ebenfalls erkennbar. Einer der Höhepunkte der CD ist das Stück „Breaking The Silence“, auf dem die in Schweden lebende Sängerin Tara einen Gastauftritt hat und einen interessanten Kontrast bildet zu Papanthanasio. In einer der zahlreichen hymnischen Besprechungen des Albums hieß es, mit ihrer „wahnsinnig schönen Stimme“ lasse die hierzulande bislang völlig unbekannte Sängerin „selbst die härtesten Männer von Blumenfeldern voller Schmetterlinge an einem warmen Sommermorgen träumen“. Vielleicht liegt darin ja der Grund, warum der Titel in den griechischen Single-Charts bis auf Platz elf kletterte. Abgesehen von den beiden semi-balladesken Nummern „Deliverance“ und „The Essence“ fällt die zweite Hälfte des Albums zwar etwas ab. Den Gesamteindruck aber kann das kaum trüben. Den ersten Schritt auf dem Weg nach ganz oben hat Gus G. mit diesem Album getan. Im Herbst sind Firewind zusammen mit Dragonforce auf Tour: Köln (23. Oktober), Hamburg (25.), Bochum (30.) und München (8. November).
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