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Toleranz ohne Grenzen

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Sie seien friedlich und harmlos. Ferner sorge der Gruppendruck dafür, daß sich jeder an einige Regeln halte. So lautet die stereotype Begleitmelodie, die in Freiburger Medien stets angestimmt wird, wenn es Neues über die Straßenpunks in der Stadt zu berichten gibt. Einmal abgesehen davon, daß sich Zeitung und Rundfunk größtenteils dann auf solche Neuigkeiten stürzen, wenn sie aus Negativem bestehen (mit gemeinwohlorientiertem Engagement oder Ehrenamt fielen die Straßenpunks bislang nicht auf), spiegelt die mediale Beschwörungsformel nicht unbedingt die Alltagserfahrung so mancher Freiburger Bürger wider. „Hasse mal ’nen Euro?“ Bei jenen, die keinen haben, zumindest keinen für die nächste Pulle Bier, wird im Extremfall schon einmal mehr als nur sprichwörtlich nachgetreten. Und für den klassischen Spießerkommentar „Geh doch arbeiten“ werden schnell einige Beleidigungen fällig, ohne weitere Gegenleistung. Klar, „Arbeit ist Scheiße“ – steht ja groß und breit auf dem Leibchen, das sich der Punk übergezogen hat. Allerdings scheint Arbeit nicht so „Scheiße“ sein, als daß man sie in Sachen allmorgendlicher Müllbereinigung zumindest den Freiburger Straßenkehrern nicht doch zumuten könnte. Und vor wenigen Tagen erst wurde eine Kundin im Imbißbereich einer Freiburger Metzgerei von einem alkoholisierten Straßenpunk massiv verbal attackiert und bedroht. Kein Einzelfall, wie die Verkäuferin hinter der Theke einräumen muß. Harmlos? Friedlich? Wie man einer Gruppe, die laut Polizei durch zeitweiligen Zuzug und Abwanderung immer wieder ihre Zusammensetzung ändert, Unbedenklichkeit attestieren kann, ist ohnehin ein Geheimnis der Lokalpresse. Die Wirklichkeit entlarvt das Gewäsch von den friedlichen und harmlosen Punks als eine Droge, die sich die Stadt selbst verabreicht, um sich aus ebenjener Wirklichkeit zu verabschieden. Auch andere „autonome“ Bewegungen tanzen der Stadt regelmäßig auf der Nase herum. Ein Dauerthema sind die „Schattenparker“, die in einer Wagenburg ein „selbstverwaltetes“ Leben führen wollen. Das könnten sie sogar, fänden sie denn einen willigen Vermieter mit Grundstück. Da die Suche bislang nicht wirklich erfolgreich war, besetzten die Schattenparker zeitweilig diverse Plätze, die nach einiger Zeit geräumt wurden, ein richtiges Katz-und-Maus-Spiel. Das Angebot, auf den offiziell kommunalen (!) Wagenplatz zu ziehen, lehnen die rund 30 jungen Leute ab. Die dort vorhandenen Stellplätze seien nicht ausreichend, eine Parzellenverdichtung lehne man ab, außerdem mischten sich am sogenannten „Eselswinkel“ Sozialarbeiter in die Selbstverwaltung ein, und dies könne auf keinen Fall akzeptiert werden. Der Status quo ist bis Monatsende eine weitere Zwischenlösung auf privatem Gelände, wobei die Stadt die Miete für das Grundstück zahlt. Miete zahlt die Stadt auch für die Kultur- und Tagungsstätte (KTS). Freiburgs „autonomes“ Kulturzentrum residiert in einem leerstehenden Teil des Bahnbetriebswerkes. 300.000 Mark zum Einstand 1999 und seither 2.900 Euro pro Monat ließ und läßt sich die Kommune dieses Zentrum kosten, laut Freiburger SPD „ein wichtiger Baustein der Freiburger Jugendkulturszene sowie der Jugendarbeit“. Die Absprache, daß die KTS der Stadt den Mietzins erstattet, wird von seiten der Institution sehr großzügig (und zu eigenen Gunsten) ausgelegt. Als die Bahn 2004 drohte, das Mietverhältnis zu kündigen, da es immer wieder zu Sachbeschädigungen, Schmierereien und Störungen des Betriebsablaufes kam, war der Radau groß: „Wer in einem Bahnhof aus Glas sitzt“, so ließ man aus Kreisen der KTS mit Blick auf den neuen Freiburger Hauptbahnhof unmißverständlich wissen, „sollte nicht mit Steinen schmeißen“. Was tat die Stadt? Gab sich alle Mühe, die Bahn zu besänftigen, zog vor den linksautonomen Gewaltandrohungen den Schwanz ein und zahlte – diesmal für eine Toranlage, die seither Bahnbetriebswerk und KTS trennt. Zur Verdeutlichung: Jene Stadt zahlte, die ihren Bürgern in den letzten Jahren nicht nur in Sachen Kultur und Sport die Unterstützung radikal zusammenkürzte und etwa die Miete für Bürgerhäuser so weit heraufsetzte, daß sich dort kaum ein Verein mehr eine Veranstaltung leisten kann. Jüngster kommunaler „Zugewinn“ linksautonomer Kulturarbeit war am letzten Juli-Wochenende das „Do It Yourself“-Festival, eine Anarchoversammlung, deren Teilnehmer sich optisch den Straßenpunks annäherten, beim städtisch angemieteten Platz der Schattenparker illegal campierten und in der KTS tagten, feierten und zechten. Besser gesagt: tagen, feiern und zechen wollten – denn nachdem bereits am ersten Abend die Polizei eine Sprühdosenaktion mit einer Festnahme beendete und ein Polizist bei einem Tumult schwer am Auge verletzt wurde, setzte die Stadt ihre vielbeschworene und mit der Polizei vereinbarte Deeskalationsstrategie für das Festival teilweise aus. Bei den Protestdemos am Wochenende danach lobten Repräsentanten der Stadt aber schon wieder das Verhalten der Autonomen und übersah die unzähligen an Fassaden geschmierten Parolen, die zufällig über Nacht vom Himmel gefallen sein müssen. „So etwas geht nur in Freiburg“, freuen sich daher Alt-Achtundsechziger über die tolerante Geduld der Stadt in Sachen linksautonomer Lebenskultur. Da ist etwas Wahres dran … Foto: Ein Bewohner der Wagenburg in Freiburg kniet zwischen Polizisten: Katz-und-Maus-Spiel

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