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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Polittheater mit Tradition

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Wir schreiben das Jahr 2029, es ist Mai, und das politische Berlin steht ganz im Zeichen der Bundespräsidentenwahl. Beste Chancen auf die Nachfolge von Guido Westerwelle als Staatsoberhaupt hat der ehemalige Grünen-Politiker Cem Özdemir. Der 63jährige kann auf eine Mehrheit in der Bundesversammlung bauen. Union und Grüne verfügen über einen deutlichen Stimmenvorsprung, um ihren gemeinsamen Kandidaten bereits im ersten Wahlgang durchzubringen. Nur geringe Chancen werden der Kandidatin der sozialliberalen Koalition, Andrea Nahles, eingeräumt. Die 59jährige Bildungsministerin im Kabinett von Kanzler Matthias Platzeck (SPD) geht als klare Außenseiterin ins Rennen. Überschattet wird die Präsidentenwahl von der Nominierung des ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zum Mitglied der Bundesversammlung. Hohmann war vom hessischen Landtag auf Vorschlag der CDU gewählt worden. Jetzt löste die Teilnahme des inzwischen 81jährigen Hohmann an der Wahl des Bundespräsidenten heftige Proteste aus. Politiker von SPD und FDP warfen der Union „Geschmacklosigkeit“ vor. Zugleich forderten sie Hohmann auf, freiwillig auf sein Amt als Wahlmann zu verzichten. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, kritisierte die Nominierung Hohmanns. Den Hintergrund der Aufregung bildet ein Fall, der sich vor einem Vierteljahrhundert, im Herbst 2003, ereignete. Damals wurde Hohmann nach einer beispiellosen Medienkampagne wegen einer zu Unrecht als „antisemitisch“ diffamierten Rede aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgeschlossen. Die Neuauflage der Kontroverse um Hohmann erinnert stark an ein Polittheater, das im Frühjahr 2004 inszeniert wurde. Wenige Tage vor der Wahl Horst Köhlers zum Staatsoberhaupt war die Union für die Nominierung des ehemaligen CDU-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Hans Filbinger, zum Wahlmann der Bundesversammlung in die Kritik geraten. Anlaß dafür bot eine Affäre, die ebenfalls ein Vierteljahrhundert zurücklag. Nach einer – wie später herauskam: von der DDR-Staatssicherheit gesteuerten – Kampagne mußte Filbinger 1978 als Regierungschef zurücktreten, weil er als Marinerichter und Ankläger gegen Ende des Zweiten Weltkrieges an Todesurteilen gegen Wehrmachtsdeserteure mitgewirkt hatte. Zum Verhängnis wurde ihm dabei insbesondere der auch 2004 wieder häufig zitierte Satz: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein“ – den Filbinger freilich nach eigener Beteuerung so nie gesagt hatte. Doch ähnlich wie jetzt im Fall Hohmann kam es seinen Verfolgern auf die Stichhaltigkeit der Vorwürfe gar nicht an. Noch als 90jähriger mußte sich Filbinger an den Pranger stellen lassen. Da sage noch einer, Geschichte wiederhole sich nicht.

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