Selten so gelacht. Zumindest lange nicht mehr am Deutschen Theater. Das hat zwar stets Komödie gespielt – aber gleich Operette? In diesem Falle aber geht’s zurück ganz weit in die Geschichte – bis hin zum Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater, der Vorgängerbühne des Deutschen Theaters, das sich einstmals den großen Operetten eines Offenbach annahm. Auch Max Reinhardt verfolgte später die Strategie, mit den möglichst glorreichen Operetten-Doppelbödigkeiten ein gutbürgerliches Publikum heranzuziehen, dem neben der Tragödie eben auch die musikalisch leichte Muse verordnet werden sollte. Und das funktionierte stets. Seine „Fledermaus“, seine „Schöne Helena“, selbst „Hoffmanns Erzählungen“ waren seinerzeit große Kassenerfolge. Intendant Bernd Wilms, in finanziell knappen Zeiten ohnehin zum Sparen und dementsprechend auch zu Kassenerfolgen gezwungen, denkt an die Tradition. Ein fiktiver deutscher Kleinstaat als tragikomischer Schauplatz von Krieg-, Liebes- und Polit-Intrigen. Äußerst lachhaft sind die verwickelten Handlungsstränge geflochten im kongenialen Libretto des Komödienschreiber-Duos Henri Meilhac und Ludowic Halévy, die zahlreiche Libretti nicht nur für Jacques Offenbach, sondern auch für George Bizets „Carmen“ geliefert haben. Und prompt wird es wiedergegeben als beinahe kongeniale Wiedergabe eines durch die Zeiten sich hinfortsetzenden komischen Stoffes. Die Großherzogin liebt einen schmucken Soldaten, befördert ihn. Einer Bäuerin, seiner Geliebten, bleibt er treu, die Großherzogin sieht’s nicht gerne. Ebenso ärgert sich ein aufgekratzter General, ein Kabale spinnender Baron oder gar der auf die Monarchin lechzende Prinz Paul. Am Ende kommt es, wie es kommen muß. Der Heldensoldat namens Fritz horcht auf seine junge Geliebte, die Großherzogin ist erbost. Fritz wird seiner ihm durch die Großherzogin übertragenen Titel beraubt und bleibt im einfachen Volk. Die Großherzogin und der Hof sind zufrieden. Die gute Ordnung ist wiederhergestellt. Libido und einige zünftige Kriege sind nun mal schöner als allzu hochgesteigerte Emotionen. Und genau so wie es Thomas Schulte-Michels inszeniert, läßt es sichs bequem vom Blatt und gleichwohl mit geistreichen Witzeleien füllen. Gleichzeitig zeichnet Schulte-Michels fürs Bühnenbild verantwortlich. Was ihm nicht schwergefallen zu sein scheint, denn es ist schlichtweg keines vorhanden. Das ist ein Manko. Nicht das einzige, denn daß die Schauspieler des Deutschen Theaters große Stimmen hätten, läßt sich nun auch nicht behaupten – das kleine Orchester unter Uwe Hilbrecht trifft dafür den guten Ton um so besser. Die Großherzogin als aufgekratzter, spitzbübischer Vamp, von der wunderbaren Dagmar Manzel virtuos, mit den Tönen der höheren Aufmüpfigkeit und durchaus stimmstark gegeben – es läßt sich hinreißend betrachten und mit grundsoliden Lachern bewerfen. Ansonsten ein Ensemble, das sich sichtlich darin gefällt, ganz funkensprühend, ohne allzuviel Hintersinn, gleichwohl mit poetischer Ironie die wunderbar geistreichen Sottisen aus einem Meisterwerk zur Geltung zu bringen. Bernd Stempel als in die Großherzogin verliebter Prinz ist ein Kabinettstück für sich. Timo Dierkes als General Bumm gibt eine hinreißende Militär-Charge, Michael Prelle läßt sich als finsterer Ränkespieler Baron Puck als subalterner Widerling hinreißend betrachten. Dazu das adrette Liebespärchen – Ellen Schlootz als Bäuerin Wanda und der ebenso adrette wie jungendlich-virile Maximilian von Pufendorf als Fritz lassen kaum zu wünschen übrig. Ein deutscher Zwergstaat als Zentrum des höheren Blödsinns – das wird in höchster komödiantischer Form vorgeführt im Offenbach-Stück. Und das Deutsche Theater zeigt endlich wieder, daß es Komödie, daß es noch Operette spielen kann, ohne deswegen unter Niveau lachen zu lassen. Darauf ein von der provinziellen Armee geschossener Salut – und ein Extra-Applaus des sichtlich amüsierten Metropolen-Publikums dazu. Timo Fehrensen Foto: Dagmar Manzel als Großherzogin: Spitzbübischer Vamp Die nächsten Aufführungen im Deutschen Theater, Schumannstr. 13A, 10117 Berlin, finden statt am 3., 5. und 26. Januar jeweils um 19.30 Uhr sowie am 31. Januar um 20 Uhr. Die Karten kosten zwischen 4 und 42 Euro. Info: 030 / 28 44 12 25